Opéra comique in vier Akten von Georges Bizet
Text von Henri Meilhac und Ludovic Halévy, nach Prosper Mérimée
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
BESETZUNG
William Berger, Jutta Maria Böhnert, Todd Boyce, Flurin Caduff, Carlo Jung-Heyk Cho, Carolyn Dobbin, Marie-Luise Dressen, Utku Kuzuluk, Dana Marbach, Robert Maszl
Chor und Extrachor des Luzerner Theaters, Luzerner Kantorei, Luzerner Sinfonieorchester
PRODUKTIONSTEAM Howard Arman (Musikalische Leitung), Tobias Kratzer (Inszenierung), Rainer Sellmaier (Bühne und Kostüme), Gérard Cleven (Licht), Mark Daver (Choreinstudierung), Eberhard Rex Einstudierung (Luzerner Kantorei), Dr. Christian Kipper (Dramaturgie)
Eine Frau, die als Zigeunerin ausserhalb der bürgerlichen Gesellschaft steht, die ohne Rücksicht auf soziale Normen ihren Sehnsüchten folgt, die auch für den Preis des eigenen Lebens nicht auf Selbstbestimmung verzichtet und der dennoch die Würde eines Tragödientods auf der Opernbühne zukommt – «Carmen», das letzte Werk von Georges Bizet, 1875 an der Opéra-Comique uraufgeführt, startete als ungeheure Provokation. Doch schon ein Jahr später setzte der bis heute andauernde Erfolg ein, der die Heldin als Inbegriff einer Femme fatale zum Mythos machte.
Unter der Musikalischen Leitung von Howard Arman inszeniert Tobias Kratzer nach «Anna Bolena» bereits zum zweiten Mal am Luzerner Theater.
Auf den Sergeanten Don José wartet ein Leben bürgerlicher Wohlanständigkeit an der Seite des Bauernmädchens Micaela. Doch dann begegnet er Carmen, die ihm ihre Liebe in Aussicht stellt für eine kleine illegale Gefälligkeit. Der Soldat vergisst seine Pflicht, verstrickt sich in weitere Verbrechen und verliert jeden Handlungsspielraum. Die Liebe aber bleibt frei …
Der französische Komponist Georges Bizet schuf auf der Grundlage einer Novelle von Prosper Mérimée ein Werk, das mit den gesprochenen Dialogen, dem fast naturalistisch gezeichneten einfachen Milieu und den vielen als Bühnenmusik konzipierten Gesangsnummern typische Merkmale der Opéra comique aufgreift. Gleichzeitig weist es mit seiner engen Verzahnung von Drama und Musik, aber auch mit der subtilen, psychologisch glaubwürdigen Zeichnung der Charaktere weit über die Konventionen jener Gattung hinaus.
Die Inszenierung nimmt die episodenhafte Dramaturgie der Opéra comique auf, um die Geschichte neu aus einer prägnanten Situation heraus zu erzählen: Ausgangspunkt des ganzen Dramas ist die letzte Begegnung zwischen Don José, dem verlassenen Liebhaber, und Carmen, die sich längst aus der Beziehung verabschiedet hat. Es kommt zur ultimativen Aussprache, in der vergangene Glücksmomente beschworen und aktuelle Zukunftsoptionen befragt werden. Die Erinnerung verzerrt Erlebtes zu klischeehaften Wunschbildern, die Gegenwart ist geprägt von früherer Demütigung, Eifersucht und Enttäuschung. «Carmen» als ein psychologisches Kammerspiel ohne Folklore und ohne Tableau. «Carmen» als ein packender Geschlechterkampf auf der Rasierklinge.
Weitere Aufführungen: 29.3. | 4.4. | 11.4. | 13.4. | 21.4. | 1.5. | 4.5. | 11.5. | 15.5. | 24.5. | 14.6.2014
Rezension von Irène Hubschmid
Die Musik von Bizets CARMEN ist pulsierend schön, so dass es einem das Herz höher schlagen lässt. Leider sinkt dieses schnell in die Tiefe der Langeweile anlässlich der Inszenierung. Man fühlt sich ins Milieu von Zürich versetzt, nur nicht in die Oper. Wären da nicht die wundervollen Singstimmen der Solisten und der hervorragende Chor, der links und rechts sichtbar der Bühne sitzt. Überhaupt ist den Sängern im Chor ein Kränzchen zu winden, sie mimen mehr spanische Spielleidenschaft als die übrige Handlung die auf der Bühne gezeigt wird. Der asiatische Tenor Don José (Carlo Jung-Heyk Cho) hat zwar eine schöne Stimme, nur leider erinnert er mit seiner Grimassenschneiderei an Kindermärchen, bei Weitem nicht an einen feurigen, spanischen Liebhaber. Wen wunderts, dass die emanzipierte Carmen (Carolyn Dobbin, Mezzosopran) genug von ihm hat und sich in das Liebesverhältnis mit dem, nicht nur stimmlich gewichtigen, Torero Escamillo (William Berger, Bariton) einlässt. Der Regisseur meint wahrscheinlich, Sinnlichkeit äussert sich nur mit Betatschen der Frauen. Darin war dieser Torero stark, aber auch mit seiner Stimme. Die Sopranistin Jutta Maria Böhnert als Micaela passte am besten in das abstruse Casting, sie wirkte am überzeugendsten.
Alles in allem, man fühlte sich nicht in einer anderen Welt, sondern wie in einer aktuellen Situation. Das freundliche Premierenpublikum dankte der Leistung der Darsteller trotzdem mit regem Applaudieren.
Kleine Fotodiashow der Aufführung von Ingo Höhn: http://fotogalerien.wordpress.com/2014/02/21/luzerner-theater-carmen-23-februar-2014-diashow-von-ingo-hohn/
Text: Irène Hubschmid, Homepage durch Klick auf Foto erreichbar

irène hubschmid
Fotos: Ingo Höhn www.luzernertheater.ch