Luzern (ots) – 28. Mai 1960: Regierungsrat Werner Bühlmann gibt bekannt, dass dem Kanton Luzern ein überaus grosszügiges Geschenk in Aussicht gestellt wurde. Über 2 Millionen Franken waren versprochen. Kein Wunder verbreiteten die Medien daraufhin Sätze wie: «…ist es ein freudiges Glück, über eine so hochherzige Handlungsweise berichten zu dürfen» oder «Unerwartetes Millionengeschenk».
Der Grund für diese ausgelassene Freude: Trudy Fischbacher-Labhardt, 77-jährige Witwe des knapp zwei Jahre zuvor verstorbenen Paul Fischbacher-Labhardt, hatte einen Erbvertrag unterschrieben. Die in Meggen in der St. Charles Hall wohnende Dame hatte praktisch das gesamte Vermögen dem Staat geschenkt. Nach ihrem Tod sollten verschiedene Stiftungen davon profitieren. Unter anderem konnte damit der Bau des Kinderspitals Luzern in Angriff genommen werden. Durch eine zweite Stiftung würde ihr Wohnsitz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: «mit dem Zwecke, unser Gut St. Charles Hall mit allem, was darin ist, dem Kanton Luzern für offizielle Empfänge, künstlerische Veranstaltungen, Ausstellungen und andere Anlässe, für welche St. Charles Hall sich seiner Art nach eignet, zur Verfügung zu stellen.»
Ein schwieriges Jahr für alle Beteiligten
Was anfangs so überschwänglich gefeiert wurde, entpuppte sich in den darauf folgenden Monaten als äusserst belastende Zeit. Der Regierungsrat des Kantons Luzern, verschiedene Anwälte aus Bern und St. Gallen sowie die Vermögensverwalter von Gertrud Fischbacher-Labhardt hatten alle Hände voll zu tun. Die anfängliche Begeisterung wich Misstrauen, Missgunst und undurchsichtigen Verhandlungen. Doch dann, wenige Wochen vor dem Tod von Trudy Fischbacher im Dezember 1962, gab es doch noch eine gültige Einigung. Die Spitalstiftung Paul und Gertrud Fischbacher Labhardt – Zweck: Errichtung und Betrieb eines Säuglings- und Kinderspitals in der Gegend von Luzern – und die St. Charles Hall Stiftung Paul und Gertrud Fischbacher-Labhardt waren vertraglich gesichert.
Jubiläumsfeier 50 Jahre St. Charles Hall Stiftung
Am 50. Todestag von Trudy Fischbacher-Labhardt, dem 4. Dezember 2012, gedenkt der heutige Stiftungsrat dem Stifter-Ehepaar. An der kleinen Feier nehmen neben den bisherigen und heutigen Stiftungsräten auch einige Persönlichkeiten teil, die mit der Stiftung oder dem Stifterehepaar im weitesten Sinne in Verbindung stehen. So der damalige Pfarrer und heutige Verleger Peter Schulz, der 1962 die Abdankungsrede hielt. Oder die Tochter des Architekten Albert Froelich, welcher 1922 die Pläne für den Bau der heutigen Villa zeichnete. Auch wird eine Gedenktafel für das Stifter-Ehepaar enthüllt und ein Jubiläumsbuch vorgestellt. Auf 168 Seiten werden Geschichte und Geschichten rund um die St. Charles Hall mit vielen Bildern präsentiert.
Konzerte, Firmenanlässe, Staatsbesuche und vieles mehr
So ist nachzulesen, dass in der St. Charles Hall Persönlichkeiten mit grossen Namen zu Gast waren: Der 14. Dalai Lama hielt 1973 hier eine Ansprache. 1976 gab Ann-Sophie Mutter hier ihr Debut und wurde daraufhin von Herbert von Karajan entdeckt. Ein finnischer Staatspräsident, ein deutscher Bundespräsident, der Grossherzog von Luxemburg, verschiedene Schweizer Bundespräsidenten und Bundesräte sowie des öfteren Vertreter kantonaler Regierungen wurden in der St. Charles Hall im Laufe der Jahre empfangen. Aber auch grosse Künstler hatten in der St. Charles Hall ihre Auftritte: Die Schauspieler Richard Burton und Vanessa Redgrave drehten hier. Vladimir Ashkenazy, Sir James Galway, Andras Schiff, Maria João Pirez, Wolfgang Berger, Peter Bichsel, Thomas Hürlimann wurden in den Neobarock-Räumen der St. Charles Hall beklatscht. Daneben gab und gibt es grosse Firmen-Anlässe mit Präsentationen, Verwaltungsratssitzungen, Jubiläen oder Ehrungen. Ebenso private Feiern wie Trauungen, Gebur tstage oder persönliche Konzerte.
Vorbereitet für weitere erfolgreiche Jahre
Der gegenwärtige Stiftungsrat hat – auch unter dem langjährigen Präsidenten und heutigen Ehrenpräsidenten Hans Breu – in den letzten Jahren gewaltige Anstrengungen unternommen, um dem Stiftungszweck auch in Zukunft gerecht werden zu können. So beauftragte man verschiedene Spezialisten für die Restauration der wertvollen Gemälde, Tapisserien, Möbel und anderer Kunstgegenstände. Dann kam 2010/11 die wohl aufwändigste Etappe: die Sanierung des Daches, die Zuführung von Gas- und Erneuerung anderer Leitungen sowie die Modernisierung der Küche. Das ermöglichte in der Folge eine erweiterte Nutzung. Das KKL wurde als Kooperationspartner für Events gewonnen. Mit der Hochschule Luzern-Musik und mit dem Luzerner Sinfonie-Orchester besteht eine enge, gute Zusammenarbeit und weitere Kontakte zu Sponsoren und Partnern sind in Vorbereitung.
Die St. Charles Hall Stiftung Paul und Gertrud Fischbacher-Labhardt
Die Stiftung wurde durch Gertrud Fischbacher-Labhardt initiiert. Sie und ihr einige Jahre zuvor verstorbener Gatte Paul Fischbacher-Labhardt waren die letzten Besitzer des Anwesens St. Charles in Meggen. Beide blieben kinderlos und beabsichtigten, ihren Nachlass der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 1961 verfasste die Stifterin einen Erbvertrag, der als Grundlage für die späteren Stiftungen galt.
Mit dem Tod von Gertrud Fischbacher-Labhardt am 4. Dezember 1962 trat formell auch die Stiftung in Kraft. Als Stiftungsratspräsident fungierte – bis 1997 – Werner Bühlmann. Im ersten Stiftungsrat bei der Gründung waren ausserdem vertreten: Hans Ronca, Baudirektor der Stadt Luzern; Hans Engel, Direktor der Schweizerischen Bankgesellschaft, St. Gallen, und Vermögensverwalter des Ehepaars Fischbacher-Labhardt; Dr. Richard Suter, Rechtsanwalt aus St. Gallen sowie Josef Graber-Salquin, Direktoriumsmitglied der Von Moos’schen Eisenwerke AG.
In dieser privaten Stiftung hat der Regierungsrat des Kantons Luzern eine ständige Vertretung. Sie wird heute wahrgenommen durch Bildungs- und Kulturdirektor Reto Wyss. Der Stiftungsrat zum Zeitpunkt des Jubiläums ist wie folgt konstituiert: Viktor Baumeler, Präsident; Andreas Heer, Vizepräsident; Thomas Arnold, Manfried Janson sowie Regierungsrat Reto Wyss. Der langjährige Präsident Hans Breu ist heute Ehrenpräsident.
Mit Beginn des neuen Jahres wird Viktor Baumeler aus dem Stiftungsrat ausscheiden. Andreas Heer übernimmt das Amt des Präsidenten und ein neuer Vertreter der Gemeinde Meggen wird Einsitz nehmen.
Der formelle Stiftungszweck ist wie folgt umschrieben: «Das Gut St. Charles Hall, in Meggen, mit allem, was darin ist, dem Kanton Luzern für offizielle Empfänge, künstlerische Veranstaltungen, Ausstellungen und andere Anlässe, für welche sich St. Charles Hall eignet, zur Verfügung zu stellen».