Die Tigermücken rücken vor. Die lästigen Blutsauger aus Asien breiten sich in der Schweiz langsam aber stetig aus. Bisher blieb Uri vor grossen Populationen verschont – aktuell suchen Insektenforscher entlang der A2 mit Fallen nach den lästigen Tieren.
Heinz Suter fällt auf, wenn er über den A2-Rastplatz Amsteg läuft. Die Reisenden aus dem italienischen Car oder der Deutsche LKW-Fahrer wundern sich über seine orange leuchtende Warnweste. Auf dem Rücken prangt eine grosse Mücke. Heinz Suter ist Insektenforscher. Entlang der A2 sucht er im Auftrag des Amts für Umweltschutz nach Tiger- und Buschmücken. Diese Insekten sind sogenannte Neozoen – gebietsfremde, eingewanderte Arten, die sich in unseren Breitengraden rasch und invasiv verbreiten können.
Uri verschont – bisher…
Die Tigermücke sorgt in der ganzen Schweiz für Schlagzeilen. Das Insekt breitet sich aus – in Zürich oder Zug wurden sie schon gesichtet und im Tessin müssen sie gar aktiv bekämpft werden. Anders als gewöhnliche Mücken stechen die tagaktiven Tigermücken nicht bloss in der Nacht, sondern rund um die Uhr und mehrere Male. Die Mücke ist ein potenzieller Überträger mehrerer tropischer Krankheiten, eine lokale Krankheitsübertragung wurde in der Schweiz aber bisher noch nicht beobachtet. «Es ist nicht die Frage, ob wir hier Tigermücken haben, sondern wie stark sie sich ausbreiten können», erklärt Heinz Suter. Bisher wurden in Uri nur einzelne Tigermücken gesichtet, aber zum Glück noch keine Populationen.
Tigermücke reist im Taxi
Der Insektenforscher sucht nicht auf gut Glück, sondern mit System. Suter hat den Mücken Fallen gestellt, insgesamt 23, alle entlang der A2. Das hat einen guten Grund: Die Tigermücken können selber keine grossen Distanzen überwinden, darum reisen sie per Taxi. Mit der stetig wachsenden Mobilität kommen die Tiere leicht umher – sie reisen einfach im Auto oder im LKW mit. Macht der Fahrer eine Pause, fliegen die Mücken raus und suchen nach einem Ort, um Eier zu legen. Die Tierchen lieben stehendes Wasser wie Pfützen, Tümpel oder Pflanzentöpfe mit Wasser im Untersetzter.
Die erste Falle, die Suter inspiziert, steht in einem Erlenbusch, gleich neben der Autobahn. Es ist ein einfaches Gefäss mit Wasser und einem kleinen Holzstab drin. Der Spezialist sieht sofort – hier haben Mücken ihre Eier abgelegt. Sorgfältig verpackt und beschriftet Heinz Suter die Probe. «Sie wird in einem Labor unter dem Elektronenmikroskop untersucht», erklärt Suter. Denn von blossem Auge lässt sich nicht sagen, welche Mückenart die Eier abgelegt hat.
In der Schweiz sind heute zwei invasive Mückenarten im Blickfeld: Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus). Die Buschmücke, sie ähnelt äusserlich der Tigermücke stark, ist eher harmlos und kommt heute schon im Urner Talboden und in den Seitentälern bis auf Höhe von rund 700 Metern vor. Laut Heinz Suter wandern immer mehr gebietsfremde Pflanzen und Tiere ein: «Jedes Jahr kommt etwas dazu, das vorher nicht da war.» Wichtig ist, dass die Bevölkerung mithilft, die Ausbreitung einzudämmen (siehe Kasten). Denn auch ohne asiatische Kollegen nerven die heimischen Mücken auch so schon genug. Auch wenn es derzeit wenig Stiche gibt: «Im Herbst werden sie zuschlagen», weiss Heinz Suter.
Tigermücken brauchen stehendes Wasser
Tigermücken sind nämlich schon im Tessin, Zug oder Zürich heimisch. Und ihre Population wächst – in absehbarer Zeit könnte sie zur häufigsten Mückenart der Schweiz werden. Sie sind leicht zu erkennen. Wie die Buschmücke haben sie schwarz-weiss gestreifte Beine. Bei der Tigermücke ist das letzte Glied des hinteren Beinpaars weiss. Auf dem Kopf und Rücken trägt sie zudem einen weissen Strich. Gegen die Ausbreitung hilft nur, wenn in den privaten Gärten und auf den Balkonen keine mit Wasser gefüllten Gefässe stehen, also keine Vasen, Eimer oder Spritzkannen mit Wasser drin länger als eine Woche herumstehen lassen. Auch Regenwassertonnen dicht verschliessen und nur bei Regen öffnen. Denn die Mücken legen ihre Eier oberhalb der Wasserlinie ab. Der Kanton Uri führt das Monitoring bereits zum dritten Mal durch (2017, 2019, 2021) und konzentriert sich in diesem Jahr auf die Nationalstrasse.
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