Apulien – Zwischen zwei Meeren und mit Zipfelmützen-Häusern besuchte Herbert Huber

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Monument aus der Antike in Galipoli

In rund 2 Stunden Flugzeit ist man im Paradies. Apulien (Puglia) wird zu Recht als „ Regina dell’Estate“ bezeichnet. Zur Königin des italienischen Sommers. Auf der Landkarte ist es der Stiefelabsatz mit seiner 800 km langen Küste. Und ganz unten im Salento geben sich die Adria und das Ionische Meer ein Stelldichein. Wir haben uns mit Freunden während 14 Tagen in Land und Leute und das unendlich klare Meer verliebt.

Anfahrt zur weissen Stadt

Dass wir vor der Abreise ein gewichtiges Formular ausfüllen mussten, war eigentlich klar. Wir landeten pünktlich um 14 Uhr in Brindisi. Kontrolle und Passbüro allerdings waren geschlossen. He nu so de – Italien halt. Wir freuten uns auf entspannte Menschen auf den Piazza, auf gute Weine und typisches apulisches Essen. Und auf Sehenswürdigkeiten.

 

Wichtig ist motorisiert zu sein

Hotelanlage

Für Apulien-Entdecker ist ein Gefährt unbedingt empfehlenswert. Uns wurde mit  überschwenglicher „Nachsaison“ Freundlichkeit ein nigelnagelneuer Volvo überreicht. Das Navi System eingerichtet und erklärt. Mit Ziel: Grand Hotel „Costa Brada“ **** unweit von Gallipoli, direkt am Strand. Schneeweiss ragt das Hotel mit seinen rund 60 Zimmern und einer immergrünen Parkanlage in die Landschaft. Alle Zimmer sind gegen das Meer gerichtet. Vor einigen Jahren wurde das Hotel komplett saniert. Alles ist hell und weiss. Blitzblank und mit hellen Marmorböden.

Eingang zu den Trullis in Alberobello

Der Empfang war sehr freundlich. Unsere, durch das sehr kompetente Reisebüro Rilex in Stans (man hielt uns ständig auf dem Laufenden wenn sich Corona bedingt etwas änderte) angebrachten Wünsche wurden allesamt erfüllt. Die Zimmer sind eher klein, dafür hoch und mit Balkon. Hätten wir was zu beanstanden, na ja, der Architekt für das (Bagno) Douche – WC war wahrscheinlich eher ein Zwerg als ein Riese. Ziemlich eng das Ganze…

Dafür war, welche eine Wonne – für jedes Zimmer am Strand ein fester Platz mit Liegen und Sonnenschirm reserviert.

 

 

 

Bald eingelebt und auf Entdeckungstour

Beim Aperitivo.

Nach einem erfrischenden morgendlichen Bade mit immer noch 25° Wassertemperatur und karibischer Klarheit des Wassers, besprachen wir mit Otti und Ruth während des reichlichen Frühstücks die Planung für den kommenden Tag. So brachte uns die wohl längste Tagestour mit jeweils 2 Stunden Hin- und Rückfahrt ins Land der Truillis.

Über Lecce fuhren wir italienisch zügig Richtung Alberobello. Sicherheitslinien werden von den meisten Einheimischen bei vorgeschriebenem Tempo gnadenlos überfahren. Tempo – iwo?

 

 

Vor einem Wolkenbruch

Schon bald ragten in Grüppchen die Spitzdächer zwischen Oliven, Mandel -und Feigenbäumen hervor. Wer hat sie nur erfunden, diese an eine Zipfelmütze erinnernden Häuschen aus Stein? Tatsache ist, dass Alberobello wie eine verwunschene Stadt der Schlümpfe aussieht. Seit 1996 ist sie Unesco Welterbe. Und liegt leicht erhöht auf 403 m über Meer.

 

 

 

 

Frutte di Mare

Das Städtchen mit rund 10’000 Einwohnern: ein Auf und Ab mit von Trullis gesäumten Gässchen. Diese Trulli-Architektur stammt aus dem 17.  Jahrhundert. Eine Legende besagt, dass ein Feudalherr diese Häuschen aus Steinen errichten liess. Denn mörtel -und fensterlose Häuser waren steuerfrei. Sie konnten so, bevor die Steuereintreiber anrückten, schnell abgebaut werden. Heute sind viele Trullis bewohnbar. Für Touristen, die das Spezielle lieben. Wir hingegen wurden von einem Platzregen begrüsst – der Einzige übrigens während der 14 Tage von Mitte bis Ende September.

Die apulische Kulinarik – wer sucht der findet.

Dorade

Die apulische Küche ist geprägt von den Früchten des Meeres. Aus dem Meer fischt man rosarote Krebsschwänze, schwarze Seeigel mit orangefarbigem Fleisch. Diese werden wie die Austern roh gegessen. Wir entscheiden uns eher für Gekochtes und Gebratenes. Doraden, Meerwolf und Schwertfisch – Letzterer butterzart und grilliert. Alle besuchten Lokale aufzuführen, wäre zuviel des Guten. Doch Einige dürfen es sein.

 

 

 

 

Antico monastero drinnen

In Gallipoli das L’Angelo Blu inmitten der Altstadt mit dem besten am Tisch filetierten Dorade und Meerwolf. Im Profumo die Mare südlich unseres Hotels in „Torre de Vado“, direkt am Meer haben wir das beste rotfleischige Tunfisch-Tatar und den zarten grillierten Schwertfisch mit einer innen noch leicht glasigen Krevetten gegessen. Einfach so, ohne zu fragen, überraschte man uns noch mit Muscheln in einem raffiniert gewürzten Tomaten Coulis.

 

 

 

 

Wahrhaftig eloquent für 18 Euro

Mit Freuden erinnern wir uns an das Antico Monastero. Auf dem geschäftigen Dorplatz in Felline mit viertelstündlichem Glockenspiel, welches selbst den Haushund in Rage brachte, stillten wir die Fleischeslust mit einem Teller, beladen mit Grilladen und Würsten. Und auch das musste einmal sein: Pizze –  Riesendinger. saftig und mit knusprigem Teig. Und notabene, mehr als die Hälfte günstiger als bei uns. Logisch, denn Cameriere verdienen so um die 1000 Euro pro Monat.

Bei der Rückkehr klemmte man uns die einzige Busse unter dem Scheibenwischer. Wir parkten den Wagen auf einem Behinderten-Parkplatz, der sehr schlecht beleuchtet war. Immerhin 60 Euro – warten wir ab, was da noch kommen mag.

 

Der Autor mit Gattin

Im Casa Tu Martinu in Taviano einem „Ristorante etico“ sind flotte Damen am Werk. Im Garten wird Küche auf hohem Niveau geboten. Ein im Meerwasser pochierter Seeteufel so schnörkellos und auf den Punkt gegart. Oder herrlich zarte „Gnocchis di patate“ und Pittule, kleine Teigbällchen, die aussen knusprig und innen weich sind. Klassisch, süss oder parfumiert mit geschmacksintensiven Zutaten wie Oliven oder Sardellen.

 

 

 

 

Auf der Piazza im Monastero

Apropos Oliven: Es ist das flüssige Gold Apuliens, welches jedoch von einem Bakterium bedroht ist. Denn immerhin mit rund 200 Mio Litern gewonnenem Öl ist dieses eine wichtige Einnahmequelle für die Bauern.

 

 

 

 

 

Essig vom Feinsten

Noch etwas zum Essig: In Touristen-Restaurants wird mehrheitlich Industrie- Balsamico  serviert. In Beutelchen oder Spraydosen (oh Schreck). Ich bin kein Fan von „Sauce italienne“, welche mit  diesem angereichert wird. Schon der Farbe wegen, welcher schneeweissen Mozarella braun färbt und süsslich schmeckt.  Es ist ein Balsamico, welcher mit einer grosszügigen Menge Zuckercouleur (Karamellzucker) künstlich gesäuert und in Stahlfässern zum Essig wird. In den meisten Restaurants, wo Einheimische verkehren, gab’s herrliche Aceti di Vino bianco oder di vino rosso – und natürlich lokales Olivenöl.

 

 

Reservieren unerlässlich – auch im September

Autor Don Eriberto

Im Le Macare, einer Trattoria direkt an der Strasse,  man glaubt es kaum, war abends 2x besetzt. Hier genossen wir hausgemachte Pasta (Orechiette und Tagliatelle). Oft werden für unsere Gaumen die „Paste“ zu „al dente“ gekocht.

 

 

 

 

 

Eingang in Lecce

 

In Lecce kehrten wir in einem typischen Stadtrestaurant mit dem sinnigen Namen „Semiserio“ mit weiss gedeckten Tischen ein und wurden mit allerbestem „Risotto ai porchini“ überrascht, mit korrekter Wartezeit von 20 Minunten.

 

 

 

 

Bei den Weinen verliebten wir uns zweifelsohne in den Negroamaro oder in den apulischen Chardonnay. Die Preise sind für unsere Begriffe äusserst günstig, mit 18 bis 20 Euro die Flasche. Und wie wir erfuhren, erhalten die Beizer von den Lieferanten eine saisonale Rückvergütung, was dazu animiert, den Verkauf anzukurbeln. Und noch etwas: gedruckte Speisekarten gab es nur einmal. Sonst alles per QR Code oder Tablet. Und das Coperto (Gedeck) ist immer separat auf der Rechnung. Zwischen 2 bis 4 Euro pro Person.

Sonnenwunder

Einen speziellen Genuss mit Sonnenuntergang erlebten wir auf der Terrasse im „Il Bastione“ in Gallipoli, der Altstadt, welche trotz Nachsaison vor Lebhaftigkeit nur so strotzt. Reservieren ist vorteilhaft,  da die meisten Ristoranti frühestens ab 19.30 öffnen.

Lecce mus man gesehen haben

Für Lecce sollte man sich mindestens einen Tag Zeit nehmen. Um diesen kleingeschnörkelten „ekletisch“ verschlungenen Barock zu bewundern. Die 95’000 Seelenstadt messapischen Ursprungs (Die messapische Sprache ist eine ausgestorbene Sprache, die ehemals von den Messapiern in der heutigen Region Apulien im südöstlichen Italien gesprochen wurde) strotzt nur so von barocker Baukunst, welche die katholische Kirche in Lecce und im Salento allgemein, als Reaktion auf die Reformation geradezu explodieren liess. Lebhaft geht’s zu in Lecce. Die Flaniermeilen und die saisonbedingt mässig belebten Plätze vermeiden ein Gedränge. Welches, wie man uns sagte, im Juli und August (fast) zur Plage für die Einheimischen werde. Manch ein Leccianer wünsche sich dann den Touristenrummel im Sommer ins Pfefferland.

So genossen wir die Nachsaison und nahmen Abschied von Apulien. Dort wo sich das  „adriatico“ und das „ionische“ Meer ein beeindruckendes Stelldichein geben:

Im Ristorante Profumo di Mare

in Santa Maria di Leuca. Im gepflegten Strandrestaurant Albachiara briet man uns zum letzten Mal Frischfisch und kochte Spaghetti mit Zackenbarsch. Und die 93 Jahre alte Mama war hocherfreut ob der sympathischen Svizzeri. Der Sonnenuntergang liess uns leise Wehmut aufkommen. In der Hoffnung aber, dieses Apulien wieder einmal zu besuchen. Denn noch Vieles gäbe es zu entdecken, z.B.  die Gegend rund um Bari, oder ein Weingut, oder Ostuni, die weisse Stadt, wo wir nur kurze Zeit waren, oder gar einen Besuch in der „Kochschule“ im Castello von Ugento, mit Michelin Sterne Küche….Arrivederci Puglia!

Kleine Fotodiashow zur Kolumne:

fotodiashows.wordpress.com/2021/10/07/apulien-zwischen-zwei-meeren-und-mit-zipfelmutzen-hausern-besuchte-herbert-huber/

Text und Fotos:  www.herberthuber.ch

 

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