Die Anzahl Schweizer FinTech-Unternehmen ist im Jahr 2021 zum ersten Mal seit dem Jahr 2015 geschrumpft. Eine genauere Analyse des Sektors zeigt jedoch: Die bestehenden Firmen sind gewachsen. Die diesjährige FinTech-Studie der Hochschule Luzern gibt Einblicke in den dynamischen Finanztechnologie-Markt.
Analytics, künstliche Intelligenz und Big Data sind mehr als Modewörter
Im Laufe der Jahre haben immer mehr Schweizer FinTech-Unternehmen auf technologische Neuerungen wie Analytics, künstliche Intelligenz oder Big Data gesetzt. Dies steht im Gegensatz zu anderen Technologien, bei denen die Zahl der FinTech-Unternehmen im letzten Jahr rückläufig war. Die Bedeutung von Analytics-Aktivitäten dürfte in Zukunft weiter zunehmen, auch weil das Potenzial der Nutzung von Daten im Finanzsektor zunehmend erkannt, aber noch nicht voll abgeschöpft wird. «Den traditionellen Instituten mangelt es teilweise an entsprechenden Ressourcen und Kompetenzen», sagt Thomas Ankenbrand, Dozent an der Hochschule Luzern und Projektleiter der FinTech-Studie. FinTech-Unternehmen dürften daher auch zukünftig als Zulieferer von entsprechenden Dienstleistungen agieren.
Eine internationale Strategie zahlt sich aus
Die Tendenz der FinTech-Unternehmen, sich auf B2B-Geschäftsmodelle zu konzentrieren, hat im letzten Jahr weiter zugenommen. Neben dem verstärkten Fokus auf Geschäftskunden, wie beispielsweise Banken oder andere Finanzdienstleister, sind Schweizer FinTech-Unternehmen vorwiegend international ausgerichtet. «Der wachstumsschwache Schweizer Heimmarkt ist für wachstumshungrige FinTech-Unternehmen oftmals zu klein», gibt der HSLU-Experte zu bedenken. Der Erfolg einer internationalen Ausrichtung zeigt sich auch in der Kursentwicklung der börsennotierten FinTech-Unternehmen weltweit. Seit 2015 ist deren Performance im Vergleich zu national ausgerichteten FinTech-Unternehmen besser. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die sich auf Geschäftskunden konzentrieren, im Vergleich zu Unternehmen, die (auch) Privatkunden bedienen (siehe Abbildung 3).
Nachhaltigkeit wird das neue Normal
Die Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien bei finanziellen Entscheidungen ist dabei, zur neuen Normalität zu werden. Im Schweizer FinTech-Sektor haben aktuell relativ wenige Unternehmen einen strategischen Nachhaltigkeitsfokus. Die meisten dieser Unternehmen konzentrieren sich auf den Bereich der Vermögensverwaltung und zielen auf alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ESG: Environmental, Social, Governance) ab.
Ohne breites Adoptieren von Standards kein Open Finance im Wealth Management
Auf dem Schweizer Finanzplatz zeichnet sich ein Trend in Richtung offener Finanzökosysteme (Stichwort «Open Finance») ab. «Insbesondere im Bereich des Wealth Management bietet Open Finance gute Erfolgschancen», sagt Ankenbrand. Die Gründe dafür sind laut den Studienautoren die globale Marktgrösse und der Schweizer Marktanteil. Zudem haben gemäss der in der Studie durchgeführten Umfrage die Schweizer Banken das Potenzial von Finanzökosystemen als zukünftiges Geschäftsmodell bestätigt. «Um dieses Potenzial zu realisieren, ist jedoch ein breites Adoptieren gemeinsamer Standards notwendig, mit der sich die Banken und FinTech-Unternehmen derzeit schwertun, auch wenn entsprechende Initiativen und skalierbare Plattformen in der Schweiz bereits vorhanden und in Betrieb sind», so Ankenbrand
Verhilft das Metaverse der Blockchain-Technologie zum Durchbruch?
Das Metaverse, welches, einfach ausgedrückt, als Weiterentwicklung des Internets zu einer dreidimensionalen virtuellen Welt beschrieben werden kann, wird von der Spieleindustrie sowie von BigTech- und Blockchain-Unternehmen vorangetrieben. Auch wenn die Motive und Ziele unterschiedlich sind, zeichnet sich eine Stärkung der Eigentums- und Verfügungsrechte an Daten durch dezentrale Strukturen ab. Thomas Ankenbrand: «Die Blockchain-Technologie kann hierbei eine zentrale Rolle spielen. Einen ersten Vorgeschmack darauf konnte der im letzten Jahr beobachtete Hype um Non-Fungible-Token (NFTs) geben.»
Was ist FinTech?
FinTech ist die Abkürzung für Finanztechnologie und umschreibt technologiebasierte Lösungen für innovative digitale Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in der Finanzbranche. FinTech-Lösungen verbessern, ergänzen oder ersetzen bestehende Finanzdienstleistungen. Beispiele für FinTech-Lösungen sind mobile Bezahl-Apps, Crowdfunding-Plattformen, Robo-Advisors oder auch Börsen für Crypto Assets.
IFZ FinTech Study 2022
Die Hochschule Luzern publiziert jedes Jahr die «IFZ FinTech Study». Die Studie bietet bereits zum siebten Mal eine umfassende Übersicht zum Schweizer FinTech-Sektor. Die Forschung wurde durch die Unterstützung von Finnova, Inventx, SIX, Swiss Bankers Prepaid Services, Swisscom und Synpulse ermöglicht.
Die Studie können Sie per Mail an ifz@hslu.ch bestellen.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]