Ausführende und Programm:
Abdel Rahman El Bacha Klavier
Andreas Brantelid Violoncello
Ingemar Brantelid Violoncello
Mette Hanskov Kontrabass
Misa Hasegawa Klavier
Luz Leskowitz Violine
Solenne Païdassi Violine
Aylen Pritchin Violine
Aroa Sorin Viola
LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770 – 1827)
Sonate für Klavier Nr.8 in c-moll op.13
„Grande Sonate Pathétique“
FRANZ LISZT (1811 – 1886)
Gebet an die Schutzengel
MAURICE RAVEL (1875 – 1937)
„Tzigane“ für Violine und Klavier
PAUSE
WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756 – 1791)
Sonate für Klavier zu vier Händen in C-Dur, KV 521
WOLFGANG AMADEUS MOZART
Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello
in Es Dur, KV 493
Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier Nr.8 in c-Moll op.13 (1798)“Grande Sonate Pathétique”
Abdel Rahman El Bacha
Die Pathétique besteht – ganz traditionell – aus drei Sätzen. Der erste Satz beginnt mit einem für Beethoven nicht völlig untypischen, vorangestellten langsamen und schwermütigen Grave-Teil, der bedingt als Einleitung verstanden werden kann. Der anschließende Teil des ersten Satzes folgt weitgehend der Sonatenhauptsatzform und ist ein Allegro di molto e con brio. Auffällig, vom typischen Muster der Sonatenhauptsatzform abweichend und in dieser Form neu ist die Wiederkehr einiger Grave-Takte vor der Durchführung und vor der Reprise.
Der zweite Satz ist ein Adagio cantabile in rondoühnlicher Liedform, bestimmt durch eine einprägsame und auch heute noch sehr bekannte Melodie.
Der Dritte Satz, Rondo Allegro, in dem das Grave-Thema aus dem ersten Satz in Anklangen wieder aufgegriffen wird, kehrt zu Ausgangstonart und Haupttempo des ersten Satzes zurück.
El Bachas Darbietung ist meisterhaft, mühelos zwischen rasanten, technisch komplexesten Momenten und zartesten lyrischen Passagen changierend. Wo andere froh sein können, unfallfrei zu bestehen, ist der gebürtige Libanese ein phänomenaler Erzähler, präzise bei jedem Lauf, berührend bei jedem Anschlag, brillant in seiner Virtuosität.
Franz Liszt Gebet an die Schutzengel
Für Streicher – Die Salzburger Solisten
“In Memoriam Vladimir Mendelssohn”
Das Stück, Teil des Zyklus «Années de pèlerinage», war für Harmonium oder Klavier geschrieben oder (laut Manuskript) für ein Instrument, das beides verbindet. Den Beweis, dass sich das eher sperrige Werk aber auch sehr gut «streichen» lässt, erbrachten die «Salzburger Solisten» auf überzeugende Art und Weise interpretiert im Gedenken an ihren, letztes Jahr verstorbenen langjährigen Mitmusiker Vladimir Mendelssohn.
Maurice Ravel “Tzigane” für Violine und Klavier
Aylen Pritchin und Misa Hasegawa
Maurice Ravels Konzertrhapsodie „Tzigane“ liegt bekanntlich in drei Fassungen vor: in der originalen für Violine und Klavier (April/Mai 1924), in der wenig später entstandenen für Violine und Orchester (Juli 1924) sowie in einer Version für Violine und Luthéal (Oktober 1924), eine damals soeben erst entwickelte und rasch wieder aufgegebene Vorrichtung für Saiteninstrumente, die beim Einbau in Klavier oder Flügel die Erzeugung neuer Klangregister ermöglichte, wobei es Ravel hier vor allem auf die klangliche Imitation des ungarischen Cymbals ankam.
Sie gehört zu den späten Werken von Maurice Ravel: die Konzert-Rhapsodie „Tzigane“ aus dem Jahr 1924. Inspiriert wurde der Komponist zu diesem virtuosen Stück durch die ungarische Geigerin Jella d’Arányi. Die Großnichte des Geigers Joseph Joachim hatte Ravels G-Dur-Sonate 1922 bei einer privaten Musikveranstaltung in London gespielt. Der dabei anwesende Ravel war so fasziniert, dass er die Geigerin im Anschluss an das Konzert bat, für ihn einige Zigeunerweisen zu spielen und zu improvisieren. Anders als die virtuosen Stücke Pablo Sarasates – seine „Zigeunerweisen“ oder seine „Carmen Fantasie“ – ist Maurice Ravels „Tzigane“ eigentlich kein Stück, das den Interpreten mit eingängigen Melodien lockt. Eher ist es ein Stück über das Virtuosentum, das es wie aus der Distanz zu reflektieren scheint. Eine Hintergründigkeit, die gerade den einen oder anderen Interpreten neugierig macht. „Das Stück hat viele dunkle Seiten, weil es so zigeunerisch geschrieben ist. Zwar ist alles ausgeschrieben, aber trotzdem kann man es doch sehr improvisiert spielen. Und das hat man ja nicht so oft im klassischen Repertoire. Die gebürtige Japanerin am Piano harmonierte mit dem jungen, aus Saint Petersburg stammenden Geigenvirtuosen vortrefflich. Sie spielten sich die Sequenzen zu, vereinigten sich im Gleichklang. Motivierten sich mit wenigen Blickkontakten und verzauberten das Auditorium mit den tziganen Klängen.
Wolfgang Amadeus Mozart Sonate für Klavier zu vier Händen in
C-Dur, KV 521
Abdel Rahman El Bacha und Misa Hasegawa
88 Tasten, mehr hat das Klavier auch nicht, wenn es gleich von zwei ausgezeichneten Pianist*innen bespielt wird. Dass man aber auch so grossartig spielen kann, wurde uns eindrücklich vor Augen, respektive Ohren geführt.
Der orchestrale Klang, der im vierhändigen Spiel aus der Vollgriffigkeit und den vielen Oktaven gewissermaßen von selbst entsteht, verbindet sich hier mit Solopassagen aller vier Hände zu einem Klavierkonzert im kammermusikalischen Rahmen.
Gleich der erste Satz, ein kraftvoll drängendes Allegro, beginnt mit einem „orchestralen“ Unisono, dessen doppelt punktierter Rhythmus vorgeschrieben ist. Darauf folgen imaginäre Einwürfe der „Bläser“ über einem erwartungsvoll pulsierenden Bass. Das Seitenthema, eine empfindsame Variante des Hauptthemas, beruht auf der Kopplung von Ober- und Unteroktav, woran sich konzerttypische „Passagen“ anschließen. Da schon Haupt- und Seitenthema aus dem Anfang abgeleitet sind, eröffnete Mozart den Mittelteil des Satzes mit einem neuen, galant singenden Thema, das in weich gebrochene Akkorde getaucht wird. In den Molleintrübungen dieses Abschnitts kommt der resignative Ton des späten Mozart zum Vorschein, während ansonsten eine geradezu blendend helle Brillanz den Satz beherrscht.
Erinnerungen an die «Kleine Nachtmusik
Das Andante erinnert in den weichen Terzen und Sexten seines Themas an die Romanze aus der Kleinen Nachtmusik, die Mozart wenige Wochen später komponieren sollte. Freilich bricht die idyllische Stimmung im Mollmittelteil dramatisch auf: Aufgewühlte Akkordbrechungen und kräftig absteigende Bassgänge geleiten eine klagende Melodie durch die Tonarten. Nach der leicht veränderten Wiederkehr des Anfangs rundet die ausdrücklich so bezeichnete „Coda“ den Satz zu einem Schluss von himmlischer Schönheit.
Das Rondo Finale gibt sich nur Anfangs den Anstrich eines unschuldigen Tanzes im gemütlichen Tempo Allegretto. Im weiteren Verlauf wird der Gavotte-Rhythmus zunehmend von virtuosen Zweiunddreißigstel-Läufen überlagert. Im a-Moll-Mittelteil kommt es zu einem Dialog der Duopartner in hoher und tiefer Lage. Den Schluss des Satzes hat Mozart auch hier ausdrücklich „Coda“ genannt, da er dem Thema eine völlig neue, Kadenz artig virtuose Steigerung verleiht, bevor sich die beiden Spieler mit chromatischen Triolen davonstehlen. Da sie sich nur akustisch «davon gestohlen hatten», konnten sie den langanhaltenden physischen Applaus natürlich geniessen und sich sichtlich daran erfreuen.
Wolfgang Amadeus Mozart Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello
in Es-Dur, KV 493
Misa Hasegawa, Aylen Pritchin, Aroa Sorin,
Andreas Brantelid
Mozarts Klavierquartette sind Zeugnisse einer Zeit des Umbruchs. Und zwar in dem Sinne, dass Mozart sie – als Kammermusikwerke – durchaus in öffentlichen Konzerten aufführte, was zu dieser Zeit ein Novum war. Da es zur Gattung Klavierquartett in der Besetzung mit Klavier, Violine, Viola und Violoncello keinerlei Vorbilder gab, konfrontierte Mozart sein Wiener Publikum auch durch die Form des Klavierquartetts mit einer absoluten Neuheit. In jeder Hinsicht.
Notiz eines Kritikers der damaligen Zeit: „In diesen Kompositionen, durchaus nur für erwählte kleinere Zirkel, geht der Geist des Künstlers in seltener, fremdartiger Weise, groß und erhaben einher wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.“ Immerhin aber stelle sich ganz genaue Ansprüche auch an die Interpreten dieses ganz besonderen Werkes, die „außer der erforderlichen beträchtlichen Geschicklichkeit ein Herz und einen für Musik sehr reif gebildeten Verstand haben“ sollten.Ueber ebensolchen verfügten die Interpreten in der Rellinger Kirche zur Genüge und interpretierten das Werk auf eindrückliche Art und Weise.
Ein fulminanter, überzeugender Abschluss des Konzertes, gleichbedeutend mit dem Ende des 35. Rellinger Maifestivals.
Das Publikum geizte denn auch nicht mit einem kräftigen, langanhaltenden Schlussapplaus, für den sich alle Ausführenden dieses Abends nochmals auf der Bühne versammelten.
Get together Abschiedsfeier am Sonntagabend
Und nochmals erwiesen sich Ulrike und Thomas Pötzsch, Besitzer der https://www.ctp.biz/ctpbiz/ als aussergewöhnlich grosszügige Gastgeber, luden sie doch Musiker und Konzertbesucher zu einer kleinen Abschlussfeier in https://www.fabers-rellingen.de/fabers-hof/ , wo ausreichend Gelegenheit war, sich über das eben genossene Konzert, das Rellinger Maifestival an sich oder über Gott und die Welt zu unterhalten, wissend, hoffend oder zumindest ahnend, dass das im Raum platzierte Elektropiano nicht unbespielt bleiben würde.Nachdem sich alle mit Speis und Trank bedient hatten beglückte uns Abdel Rahman El Bacha noch mit einem fulminanten Chopin Oeuvre auf dem, von Kantor Oliver Schmidt organisierten Keyboard, an das sich später auch noch, die aus Osaka stammende Misa Hasegawa setzte, zu der sich eigentlich Aylen Pritchin mit seiner Violine gesellen sollte, was dann aber, aufgrund technischer Probleme am Instrument, leider nicht zustande kam. Dafür setzte sich der junge St. Petersburger nachher selbst auch an das Tasteninstrument und supportierte Luz Leskowiz bei seinem, wie er es nannte «Wiener Betthupferl», zum definitiven musikalischen Ausklang des 35. Rellinger Maifestivals, das, aufgrund der Pandemie, heuer, statt wie vorgesehen im Mai 2020, stattfand.
Es folgte noch eine kurze Ansprache mit Dank an alle sicht – und unsichtbaren Helfer des Festivals und besonders an den Präsidenten des Vereins zur Förderung der Musik an der Rellinger Kirche, Michael Schopf, verbunden mit der Gratulation zu dessen Geburtstag.
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Léonard Wüst und https://www.mrk-rellingen.de/maifestival.html
http://www.luz-leskowitz.at/index.html
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