Ausführende und Programm:
Andreas Brantelid Violoncello
Ingemar Brantelid Violoncello
Mette Hanskov Kontrabass
Misa Hasegawa Klavier
Irina Kulikova Gitarre
Luz Leskowitz Violine
Solenne Païdassi Violine
Aylen Pritchin Violine
Aroa Sorin Viola
CESAR FRANCK (1822 – 1890)
Prélude, Fugue et Variation für Klavier
NICCOLO PAGANINI (1782 – 1840)
Cantabile für Violine und Gitarre
GIOVANNI BOTTESINI (1821 – 1889)
Elegie für Kontrabass und Streicher
KONSTANTIN VASSILIEV (1970)
Quintett für Gitarre und Streichquartett
Irina Kulikova gewidmet – WELTURAUFFÜHRUNG
PAUSE
RICHARD WAGNER (1813 – 1883)
„Träume” bearb. von Vladimir Mendelssohn anlässlich
des 25-jährigen Bestehens der „Salzburger Solisten“
CESAR FRANCK (1822 – 1890)
Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und
Violoncello in f-moll
Cesar Franck Preludium, Choral et Fuge für Klavier
Misa Hasegawa
Sein Zuhause war natürlich die Orgel. Doch der aus Lüttich stammende Wahl-Franzose César Franck komponierte nebenher zum Glück auch noch so manche Werke fürs Klavier. Wie beispielsweise das berühmte Triptychon „Prélude, choral et fugue“, mit dem Franck Johann Sebastian Bach seine Reverenz erweisen wollte. Doch sollte gerade der Choral dabei die Seelenverwandtschaft zu einem anderen romantischen Bach-Jünger offenbaren, der für den eingefleischten Wagnerianer Franck eigentlich Tabu hätte sein müssen. Es war Johannes Brahms, dessen Faible für herbstlich-melancholische Klangstimmungen Nikolai Lugansky jetzt sanft und würdevoll zugleich bei Franck nachschwingen lässt. Zudem macht er in diesem Choral aber auch eine gewisse Herzensschwere hörbar, die einen an die späten Klavierstücke von Franz Liszt erinnert. Franck komponierte fast alle bedeutenden Werke in seinen späten Jahren. der etwa zwanzigminütige Zyklus aus dem Jahre 1884 ist sein bekanntestes Klavierwerk und wird bis heute immer wieder auf den Konzertpodien gespielt. Franck war selbst ein sehr guter Pianist.
Franck der Vorreiter einer jungen Generation von Komponisten
Als Vorreiter einer jungen Generation von Komponisten, die in seiner chromatisch changierenden Harmonik und eigenartigen Formenwelt den Beginn einer neuen Epoche französischer Musik erkannten, war Franck durchaus umstritten. Für Debussy waren seine Werke „die wahre Musik“, für Saint-Saëns dagegen eine Geschmacklosigkeit, sobald es sich um Kammermusik oder Sinfonik handelte.
Wie auch immer, Misa Hasegawa intonierte das Werk sehr gefühlvoll, setzte Akzente wo nötig ,interpretierte mit der perfekten Zurückhaltung wo geboten. Es war Johannes Brahms, dessen Faible für herbstlich-melancholische Klangstimmungen die japanische Pianistin sanft und würdevoll zugleich bei Franck nachschwingen lässt. Zudem machte sie in diesem Choral aber auch eine gewisse Herzensschwere hörbar, die einen an die späten Klavierstücke von Franz Liszt erinnert.
Niccolò Paganini Cantabile für Violine und Gitarre Luz Leskowitz und Irina Kulikova
Paganini war nicht nur ein begnadeter Geiger, sondern auch ein begabter Gitarrist, der viele Werke für dieses Instrument hinterlassen hat. Meist erklingt das reizende „Cantabile“ op. 17 als Zwiegespräch zwischen Violine und Gitarre. Niccolò Paganini ist Legende. Ein Dämon, Zauberer, Gespenst wurde er genannt, zahlreiche Anekdoten ranken sich um seine Auftritte und sein Leben. Hört man seine Kompositionen, dann ist von diesem Mythos noch etwas zu spüren, zumindest, wenn sie so gespielt werden wie an diesem Abend. Luz Leskowitz und Gitarristin Irina Kulikova stellen sich der Herausforderung, Paganini zu spielen – und meistern sie grandios in der Interpretation mit perfektem aufeinander eingehen, technisch meisterlicher Umsetzung der Intentionen des italienischen Musikgenies.
Giovanni Bottesini Elegie für Kontrabass und Streicher “In Memoriam Vladimir Mendelssohn”
„Ein reiner Ton auf dem Kontrabass ist ein reiner Zufall!“ – im plattdeutschen Urtext: „’N reinen Ton op’n Kunterbass is ’n reinen Tofall!“: Diese Äußerung stammt von Johann Jakob Brahms, der in Hamburg als Hornist und Kontrabassist wirkte und obendrein der Vater von Johannes Brahms war. Vater Brahms hat damit eine der Schwierigkeiten des vom Violone (der Kontrabassgambe) weiterentwickelten Instruments (noch heute wird beim Streichen der Bogen wie bei einer Gambe und nicht wie bei einem Cello gehalten) gut beschrieben. Nur wenige Streichinstrumente machen für virtuose Zwecke so reichlich Gebrauch vom Flageolett wie der Kontrabass, und diese Technik zur Erzeugung hoher Töne aufgrund der Obertöne einer gestrichenen Saite macht eine beachtliche zusätzliche Schwierigkeit aus, den „Zufall“ eines reinen Tones auf dem Kontrabass zu überwinden.
Giovanni Bottesini der Paganini des Kontrabasses“.
Giovanni Bottesini (1821-1889), erhielt von der Nachwelt den Titel eines „Paganini des Kontrabasses“. Tatsächlich muss er ein außerordentlicher Virtuose seines Instruments gewesen sein, wenn man sich die technischen Schwierigkeiten der Kontrabasspartie vor Augen, besser vor Ohren, führt. Eine echte Herausforderung also für die gebürtige Kopenhagerin am Kontrabass Mette Hanskov, die sie sichtlich genoss und der sie jederzeit gewachsen war. Auch dank der kongenialen Begleitung der ebenso präsenten, wie präzisen andern Streicher*innen.
Konstantin Vassiliev Quintett für Gitarre und Streichquartett
Der Komponist Konstantin Vassiliev hat Irina Kulikova ein Quintett gewidmet, das auf dem Maifestival am Sonnabend seine Welturaufführung erlebte.Vassilievs Musik erklingt experimentell und innovativ, ist aber auch von Traditionen, vor allem der klassischen russischen Schule, geprägt. Sein Musikstil zeichnet sich aus durch Vielfältigkeit: von romantischer Melancholie über impressionistische Fantasterei und Mystik bis zur zeitgemäßen Expressivität. Die Gitarristin, unterstützt von ihren Mitmusikern, setzte das ihr gewidmete Werk souverän in Szene, gekonnte Saitenakrobatik der zeitgenössischen Komposition in altehrwürdigem Ambiente der Rellinger Kirche, die das Auditorium mit dementsprechendem Applaus würdigte und sich anschliessend in die Pause begab.
Richard Wagner “Träume”
Lied nach dem Gedicht von Mathilde Wesendonck
Bearbeitet von Vladimir Mendelssohn zum 25-järigen
Bestehen der Salzburger Solisten
“In Memoriam Vladimir Mendelssohn”
Mathilde Wesendonck, Richard Wagners geliebte Muse, die Frau, die ihn wohl am tiefsten aufgewühlt, die er ‚totaler‘ geliebt hat als jede andere Frau, ist durch die ‚Wesendonck-Lieder“ unsterblich geworden und ihre, von Wagner vertonten Gedichte sind meistens gesungen an Liederabenden programmiert. In Rellingen aber wurde das eine, «Träume», von den Salzburger Solisten in einer von Vladimir Mendelssohn zum 25-järigen Bestehen der Salzburger Solisten bearbeiteten Fassung rein instrumental dargeboten.Cesar Franck Klavierquintett in f-Moll
Für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncello
Das zyklisch angelegte, leitmotivisch durchdrungene Klavierquintett von César Franck hatte einen schwierigen Start. César Franck komponierte sein monumentales Klavierquintett f-Moll von Herbst 1878 bis Sommer 1879. Zuvor hatte er während 25 Jahren keine Kammermusik mehr geschrieben. Die drei Sätze sind leitmotivisch miteinander verknüpft. Als Zeitzeuge steht dieses Klavierquintett für die französische romantische Musik in ihrer Auseinandersetzung zwischen klassischer Form, dem Einfluss Richard Wagners und dem Aufbruch zu neuen Klangwelten. Aber auch als absolute Musik gehört Francks Klavierquintett zu den Meilensteinen des kammermusikalischen Repertoires. In seiner zyklischen Anlage und dem reichen Klangspektrum hat es den Charakter einer Sinfonie.
Langsame Einleitung mit viel Pathetik
Der erste Satz beginnt mit einer langsamen Einleitung. Auf die pathetische Eingangsgeste der Streicher, “dramatico” vorzutragen, antwortet das Klavier mit einer sentimentalen Kantilene. Die beiden Elemente werden allmählich einander angenähert, das Tempo gesteigert, bis daraus das kraftvoll punktierte Allegro-Thema hervorgeht. In seinen chromatischen Steigerungswellen ist es ein typisches Franck-Thema, in seinem trotzig-unheimlichen Gestus das genaue Gegenteil des weichen, kantablen Seitenthemas. In dessen elegischer Violinmelodie verbirgt sich die zyklische Keimzelle des gesamten Quintetts, die “idée fixe”, die in den beiden folgenden Sätzen wiederkehrt. In der Durchführung des Kopfsatzes wird dieses Thema dem dramatico-Motiv aus der Einleitung gegenübergestellt.
Gegensätzlicher Mittelsatz
Im scharfen Kontrast zum dramatischen Eingangssatz verharrt das a-Moll-Lento fast völlig in einer träumerisch nebulösen Stimmung. Über ruhiger Triolenbegleitung des Klaviers spielt die erste Violine ein naives, mit Pausen durchsetztes Thema, das sich langsam entfaltet. Dabei tritt die typische, mit alterierten Akkorden arbeitende Harmonik Francks stark in den Vordergrund. Das Seitenthema aus dem Kopfsatz wird hier als weiches, träumerisches Motiv wieder aufgegriffen, im Sinne der zyklischen Verklammerung aller Sätze.
Schlusssatz im Stil des Auftaktsatzes angelegt
Das Finale ist wieder im großen Stil des ersten Satzes angelegt. Es beginnt statt mit dem Thema mit einer fremdartigen Einleitung: Über chromatischen Tremolo Wellen der Bratsche wird das Hauptthema allmählich herangelockt. Erst nach einer längeren Steigerung erreicht der Satz seine Grundtonart F-Dur und das galoppartige, aufstrebende Thema. Ihm treten ein elegisches, fallendes Motiv und ein kantables Seitenthema gegenüber. Nach dramatischen Gegensätzen kehrt zu Beginn der Coda das zweite Thema des ersten Satzes wieder.
In allen drei Sätzen wird der Hörer unschwer Anleihen bei der Klangwelt der Orgel erkennen können. Wie sein österreichischer Altersgenosse Anton Bruckner war Franck primär Organist, der auch in Sinfonik und Kammermusik “organistisch” empfunden hat. So erinnert die Gegenüberstellung von Klavier und Streichern im Hauptthema des ersten Satzes an die verschiedenen “Werke” einer Orgel. Häufig entsteht der Eindruck regelrechter “Registrierungen” im Klangstil jener Cavallé-Coll-Orgeln, auf denen Franck in Paris seine berühmten Orgelkonzerte gab. Auch das “Schwellwerk” dieser riesigen Instrumente hat im f-Moll-Quintett seine Spuren hinterlassen: im ständigen An- und Abschwellen der Lautstärke.
Ein Ausrufezeichen, eine Klasse Demonstration musikalischen Könnens durch die Protagonist*innen an diesem zweiten Konzertabend die vom Publikum mit langanhaltendem Applaus verdankt wurde.
Traditionelles Beisammensein nach dem Samstagskonzert im Rellinger Hof
Traditionsgemäss treffen sich Ausführende und Besuchende am Samstag nach dem Konzert im Rellinger Hof und lassen sich bei angeregtem verbalem Austausch kulinarisch verwöhnen. Es ist die Gelegenheit, sich mit den «Machern» und Musikern des Maifestivals auszutauschen, manche Anekdote, Erstaunliches, auch amüsantes aus fast 40 Jahren Rellinger Maifestivalgeschichte zu erfahren.
So hatten wir das Vergnügen, uns kurz auch mit Günter Rasinski, Mitbegründer des Maifestivals zu unterhalten und ein paar Sachen aus der Zeit zu erfahren, als alles begann.
Natürlich stand auch im Saal des Rellinger Hof «zufällig» ein Elektropiano, das dann später noch bespielt wurde.
Zuerst aber bot uns Mette Hanskov ein Kontrabass Solo der ganz speziellen Art, so faszinierend und inspirierend, dass es Aylen Pritchin, den begnadeten Geiger, in den Fingern juckte und er sich, als Multiinstrumentalist, ans Keyboard setzte und Mette gekonnt begleitete. Die Anwesenden staunten und freuten sich ob dieser Darbietung und bedanken sich mit entsprechendem Applaus.
Da hielt es auch Aylens Partnerin, Solenne Paidassi, nicht mehr am Platz und sie gesellte sich, nachdem Mette wieder an ihren Platz zurückgekehrt war, mit ihrer Violine zum Temporär Keyboarder. Und wieder ging die musikalische Post ab, sehr zum Vergnügen des gutgelaunten Publikums, das ein weiteres Mal auch das intime Konzert nach dem Konzert genniessen durfte. Ein denkwürdiger Mai Abend mehr in Rellingen.
Link auf das 1. Konzert des Maifestivals 2022
Maifestival Rellingen, 13. Mai 2022, Feierliches Eröffnungskonzert, besucht von Léonard Wüst
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Léonard Wüst und https://www.mrk-rellingen.de/maifestival.html
http://www.luz-leskowitz.at/index.html
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