Die Zentralschweizer Unternehmen sind gut durch die Coronakrise gekommen. Das zeigt eine Studie der Hochschule Luzern und der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ. Die befragten Finanzverantwortlichen geben den Kantonsregierungen gute Noten. Probleme bereiten den Firmen der Fachkräftemangel und Lieferengpässe. Die Firmen in der Zentralschweiz sind auf Kurs und blicken positiv in die Zukunft. «Alle Indikatoren deuten nach oben. Die Zentralschweizer Unternehmen zeigen eine bemerkenswerte Stärke», sagt Stefan Behringer, Professor für Controlling an der Hochschule Luzern. Er hat mit einem Forschungsteam den Finanzmonitor Zentralschweiz entwickelt und erstmals untersucht, wie die Stimmungslage bei den Unternehmen der sechs Innerschweizer Kantone aus dem Blickwinkel der Finanzverantwortlichen ist. Die Studie zeigt: Die Unternehmen planen mehrheitlich, in naher Zukunft sowohl die Investitionen zu erhöhen als auch mehr Mitarbeitende einzustellen. Diese Dynamik wird getragen durch steigende Umsätze. Etwas weniger positiv schätzen die befragten Finanzverantwortlichen die zukünftigen Gewinne ihrer Unternehmen ein, dies insbesondere aufgrund von steigenden Preisen auf den Beschaffungsmärkten. «Das Risiko von temporären oder auch nachhaltigen Preissteigerungen wird durch den Krieg in der Ukraine nochmals erhöht», so Behringer. Für viele Unternehmen werde es schwierig sein, diese Schwankungen in ihre kurz- und mittelfristigen Planungen einzubauen.
Nach zwei Jahren Corona: Mehrheit der Firmen geht es gut
Die wirtschaftlichen Unsicherheiten rund um die Corona-Pandemie scheinen die positive Grundstimmung bei den Zentralschweizer Unternehmen nicht zu trüben. Rund die Hälfte der Unternehmen schätzt ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gleich gut ein wie vor Beginn der Pandemie, rund ein Viertel von ihnen gar als besser. Trotzdem ist klar: Die Pandemie ist an der Wirtschaft nicht spurlos vorbeigegangen. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen schätzen ihre aktuelle Lage schlechter ein als noch im Jahr 2019.
Insgesamt zeichnet sich in der Zentralschweiz aber eine positive wirtschaftliche Dynamik ab. Das zeigt die Tatsache, dass die Unternehmen verstärkt Erweiterungsinvestitionen planen und in neue Geschäftsmodelle sowie in die Digitalisierung investieren möchten.
Gute Noten für Kantonsregierungen
Die Wirtschaft ist stark von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. Das HSLU-Forschungsteam hat die Finanzverantwortlichen der Zentralschweizer Unternehmen gefragt, wie sie diese Rahmenbedingungen beurteilen. «Die Politik und die Regierungen der Zentralschweizer Kantone erhalten gute Noten», fasst Markus Gisler, Co-Autor des Finanzmonitors und Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen an der Hochschule Luzern, die Ergebnisse zusammen. Drei Viertel der befragten Finanzverantwortlichen sehen keine Veränderungen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. «Insofern hatte die Corona-Pandemie kaum negative Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Zentralschweiz», so Gisler. Angesichts der Grösse und Unsicherheit der gesundheitspolitischen Herausforderungen einer Pandemie sei das ein grosser Vertrauensbeweis für die Regierungen.
Fachkräftemangel als grösste Herausforderung
Die grösste Herausforderung sehen die Zentralschweizer Unternehmen im Fachkräftemangel. «Da die Unternehmen vielfach Neueinstellungen planen, hat der Mangel an qualifiziertem Personal das Potenzial, die wirtschaftliche Dynamik zu bremsen», ist sich Gisler sicher. Hier sehen die Unternehmen dringenden Handlungsbedarf für die Politik.
Zudem beunruhigt die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise die Unternehmen. Laut den Studienautoren sei dies ein wichtiger Grund dafür, wieso die Gewinnerwartungen der befragten Unternehmen moderat sind.
Probleme bei der Beschaffung
Fast zwei Drittel der Unternehmen waren in den letzten zwölf Monaten von Lieferengpässen oder gar Ausfällen betroffen. Mehr als 70 Prozent der befragten Firmen haben dadurch mit Preiserhöhungen zu kämpfen. Die häufigste Strategie zur Bewältigung der Lieferprobleme liegt in der Suche von neuen Lieferanten. Marius Fuchs, Co-Studienautor und Dozent für Restrukturierungen an der Hochschule Luzern meint: «Hier besteht die Möglichkeit, dass Karten neu gemischt werden und Unternehmen mit effizienten Prozessen zusätzliche Marktanteile gewinnen». Die Studie hat gezeigt, dass es dabei keine Tendenz zur Lokalisierung gibt. Vielmehr werden überwiegend neue internationale Beschaffungsmärkte angesteuert. Das Bild bei der Überwälzung der Preiserhöhungen an die Lieferanten ist uneinheitlich, wobei nur zwölf Prozent die Preiserhöhungen vollständig weitergeben werden.
Digitalisierung als Chance
Chancen sehen die Unternehmen insbesondere in der Digitalisierung und in neuen Produkten. So hat die Mehrheit der befragten Unternehmen vor, ihr Produkteportfolio in nächster Zeit zu erweitern und die digitalen Geschäftsprozesse zu verbessern. Auch im Bereich der Nachhaltigkeit orten die Firmen Chancen für die Zukunft. Hier liegt der Fokus vor allem bei der Etablierung von ökologischen und rohstoffschonenden Produktionsweisen. Ein weiteres Thema, das Zentralschweizer Unternehmen der Politik auf die Agenda setzen wollen, bezieht sich auf die Fortsetzung der bisherigen Steuerpolitik. Hier bestehen aktuell Fragezeichen, wie die globale Mindestbesteuerung umgesetzt bzw. abgefedert werden kann. Ansonsten wünschen sich die Unternehmen weitgehend ein «weiter so…» der Zentralschweizer Politik.
Finanzmonitor Zentralschweiz 2022
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern hat in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ den Finanzmonitor Zentralschweiz erstellt. Unterstützt wird die Studie von der Luzerner Kantonalbank und weiteren Sponsoren.
Der Finanzmonitor Zentralschweiz erforscht die Stimmungslage bei den Zentralschweizer Unternehmen. Dafür wurden zwischen November und Dezember 2021 rund 200 Finanzverantwortliche befragt.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]