Haydn «Swiss made». Mit einem klassischen Experiment geht das Swiss Orchestra mit Lena-Lisa Wüstendörfer am Pult vom 16. bis 26. November 2022 auf Tour durch die Schweiz. Denn in Joseph Haydns Klavierkonzert wird der Piano-Part von der Schweizer Akkordeonistin Viviane Chassot gespielt. Soeben ist ihr neues Album «Pure Bach» mit dem Preis «Opus Klassik» ausgezeichnet worden. Als Urinstrument der Schweizer Volksmusik verleiht das Akkordeon dem Stück eine neue, erfrischende Perspektive. Zudem stehen bedeutende sinfonische Werke zweier Schweizer Komponisten und Beethovens 8. Sinfonie auf dem Programm.
Joseph Haydns Klavierkonzert in D-Dur gilt als eines der bekanntesten Werke des Genres. Für nahezu alle grossen Pianisten ist das Werk Pflicht. Lena-Lisa Wüstendörfer, Gründerin und Musikalische Leiterin des Swiss Orchestra, ersetzt das Piano für ihre Tour durch die Schweiz mit einem Akkordeon und gibt dem Stück damit eine völlig neue Interpretation. Die aus Zürich stammende Akkordeonistin Viviane Chassot hat die Klavier-Partitur auf Akkordeon umgeschrieben, während das Orchester den Original-Part von Haydn in überlieferter Besetzung spielt. «Ein faszinierendes Konzerterlebnis und unerwartete Klangwelten stehen uns bevor», schwärmt Lena-Lisa Wüstendörfer. Und Weltklasse-Pianist Alfred Brendel rühmt Chassots Einspielung der Klaviersonaten von Haydn, was fast einer Adelung gleichkommt: «Die Interpretation ist in ihrer Art vollendet. Frische, Kontrolle und Empfindsamkeit wirken auf das Schönste zusammen».
Schweizer Komponisten
Eröffnet werden die Konzerte mit der Sinfonie in Es-Dur vom Luzerner Komponisten Joseph Stalder (1725 bis 1765). Er durchlebte eine grosse Musikerkarriere, unter anderem als Hofkomponist in Monaco. Ein frühklassisches Werk, zwischen Barock und Klassik mit ungewöhnlicher Besetzung: Der Sinfonie für Streicher werden zwei Hörner an die Seite gestellt, die für geistreich anmutende Lebhaftigkeit und eine festliche Stimmung sorgen.
Vom Luzerner Komponisten Franz Xaver Schnyder von Wartensee (1786 – 1868) wird die Ouvertüre in c-Moll gespielt. Sein 1818 in Frankfurt entstandenes Werk sprüht wie ein Feuerwerk vor Spielfreude. Auf seinem Frankfurter Sterbebett soll der Luzerner Komponist voller Ehrfurcht gesagt haben: «Die Menschen sollen Gott danken, dass er ihnen einen Haydn gegeben hat!» In Wien lernte Schnyder zuvor Ludwig van Beethoven kennen und hoffte auf Unterweisung beim Meister. Doch dieser unterrichtete zu jener Zeit prinzipiell ausschliesslich Kardinal Rudolph von Österreich. Schnyder plagten aber noch ganz andere Sorgen: Beim Stadtbrand von Baden (bei Wien) am 26. Juli 1812 verlor er seinen gesamten Besitz inklusive Instrumente und Kompositionsmanuskripte. Mit Beethovens 8. Sinfonie, die zeitlich in die Zusammenkunft der beiden Komponisten fällt, setzt Lena-Lisa Wüstendörfer den Schlusspunkt der Konzertabende der Swiss Orchestra November-Tour.
Tourdaten
16.11.2022 Bern, Casino Bern 19:30 Uhr
19.11.2022 Zürich, Tonhalle 19.30 Uhr
25.11.2022 St. Gallen, Tonhalle 19:30 Uhr
26.11.2022 Andermatt, Concert Hall 19.30 Uhr
Programm
Joseph Stalder (1725 Luzern – 1765 Luzern) Sinfonie in Es-Dur
Joseph Haydn (1732 – 1809) Klavierkonzert in D-Dur, Hob XVIII:11 für Akkordeon
(original Klavier) und Orchester
Franz Xaver Schnyder von Wartensee (1786 Luzern – 1868) Ouvertüre in c-Moll
Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Sinfonie Nr. 8 in F-Dur
Tickets
− Unter www.swissorchestra.ch oder via Ticketino Vorverkaufsstellennetz
− Telefonische Bestellungen über die Hotline von Ticketino 0900 441 441 (CHF 1.00/Min)
Swiss Orchestra
Das Swiss Orchestra wurde 2018 von Lena-Lisa Wüstendörfer gegründet und verschreibt sich der Schweizer Sinfonik.
Populäre Werke grosser Klassiker werden unbekannteren aber qualitativ hervorragenden sinfonischen Werken von
Schweizer Komponisten gegenübergestellt. Im Dezember 2020 veröffentlichte der Klangkörper seine Debüt-CD mit zwei
Weltersteinspielungen. Das Orchester setzt sich aus Berufsmusikern der jüngeren Generation zusammen. Erstklassige
Instrumentalisten aus angesehenen Sinfonie- oder Kammerformationen. Das Swiss Orchestra versteht sich als Orchester
für die ganze Schweiz und wird auch in Zukunft auf Tour zu erleben sein. Seit Januar 2022 fungiert das Ensemble zudem
als Residenzorchester der Andermatt Konzerthalle.
Joseph Franz Xaver Dominik Stalder (*1725, Luzern; † 1765, Luzern)
Es gab eine Zeit, da gehörte es zum guten Ton, als Komponist einen italienischen Namen zu tragen. Hierbei ging es nicht
nur um den schönen Klang der italienischsprachigen Anrede; vielmehr war es eine Strategie, die
Vermarktungsmöglichkeiten im In- wie Ausland zu steigern. Und so nannte sich der 1725 in Luzern geborene Komponist
Joseph Franz Xaver Dominik Stalder schlicht Giuseppe Stalder. Nach dem Besuch des Jesuitenkollegiums Luzern hat
Stalder wohl 1746 in Mailand Moraltheologie und Musik studiert. Zu Lebzeiten war er ein gefragter, international tätiger
Musiker und Komponist, der in Mainz, London sowie Paris wirkte und als Kapellmeister des Fürsten von Monaco tätig war.
Stalder war ein Vertreter der Vorklassik und komponierte zahlreiche Instrumentalwerke, deren Widmungen belegen, dass er
mit einflussreichen Persönlichkeiten in Kontakt stand. Gesundheitliche Gründe zwangen den 37-jährigen Komponisten 1762
zurück nach Luzern, wo er drei Jahre später verstarb. Nachhaltig geholfen hat ihm sein italienischer Name offensichtlich
nicht: Viele seiner Kompositionen sind verschollen und schon kurz nach seinem frühen Tod ist er in Vergessenheit geraten.
Franz Xaver Peter Joseph Schnyder von Wartensee (*1786, Luzern; † 1868, Frankfurt am Main)
Der 1786 geborene, einer Luzerner Patrizierfamilie entstammende Schweizer Komponist Franz Xaver Peter Joseph
Schnyder von Wartensee war international vernetzt und gilt als bedeutendster Schweizer Tonschöpfer im Übergang von
Klassik zu Romantik. Der umtriebige Komponist, dessen Werke kaum noch aufgeführt werden, zählt zu den wichtigsten
Förderern der 1808 gegründeten Allgemeinen Schweizerischen Musikgesellschaft. Während eines einjährigen Aufenthalts in
Wien lernte Schnyder von Wartensee Beethoven kennen, traf mehrmals mit ihm zusammen, hoffte aber vergeblich auf
Unterweisung durch den Meister. Im Zuge des Stadtbrands von Baden (bei Wien) am 26. Juli 1812 verlor er seinen
gesamten Besitz inklusive Instrumente und Kompositionsmanuskripte und kehrte als Reaktion auf den Brand nach Luzern
zurück. Nach Zwischenstationen in Yverdon und Fribourg zog Schnyder von Wartensee nach Frankfurt a.M., wo er Hans
Georg Nägelis Ideen über den Chorgesang weiterführte und 1828 den Frankfurter Liederkranz gründete. Auch aus der
Ferne begleitete er das Schweizer Musikleben. Seinen Plan, dauerhaft nach Luzern zurückzukehren, realisierte er nicht und
liess sich 1847 endgültig in Frankfurt nieder, wo er 1868 verstarb.