Lonny Price
Director
Choreographer
Musical Supervisor
Set Design
Costume Design
Lighting Design
Executive Producer
In der New Yorker Upper West Side vibriert die Luft: Rivalisierende Strassengangs, leidenschaftliche Rhythmen, eine verhängnisvolle Feindschaft und mittendrin die ganz grosse Liebe, die dafür kämpft, alle Hindernisse zu überwinden – und tragisch scheitert. Lassen Sie sich begeistern von der mitreissenden Neuinszenierung der West Side Story, die den unsterblichen Musical-Klassiker in ein neues Zeitalter führt.
Längst im Rentenalter angekommen, ist das Musical und immer noch taufrisch, höchst lebendig und spritzig.
Zum Musical an sich
Kaum erklingen die ersten Töne der Ouvertüre findet man sich in den Straßen New Yorks wieder, inmitten des Verkehrsgewirrs, sieht vor dem geistigen Auge den Dampf aus den Gullydeckeln über den U-Bahn-Stationen aufsteigen, riecht die Armut und Hoffnungslosigkeit der Upper West Side.
Die Liedtexte: zur Musik von Leonard Bernstein verfasste Stephen Sondheim ; Literarische Vorlage war William Shakespeares « Romeo und Julia» ; Die Uraufführung: des Musicals fand statt am 26. September 1957 im: Winter Garden Theater in New York City. Die erste Verfilmung mit Natalie Wood: als Maria, gesungen von Marni Nixon und Richard Beymer als Tony, gesungen von Jimmy Bryant, gabs 1961, ausgezeichnet mit 10 Oscars, das Remake von Steven Spielberg kam im Dezember 2021 in die Kinos mit Ariana DeBose als Maria und Ansel Elgort als Tony, trotz 7 Oscar Nominierungen reichte es grad mal für einen , nämlich den Oscar als beste Nebendarstellerin für Ariana DeBose.
Handlung kurz und bündig
Auf den Straßen der New Yorker West Side liefern sich in den 1950er Jahren zwei verfeindete Gangs einen erbitterten Bandenkrieg. Die einheimischen «Jets» wollen um jeden Preis ihr Revier gegen die zugewanderten puertoricanischen «Sharks» verteidigen. Die ohnehin angespannte Situation eskaliert, als sich der frühere Jets-Anführer Tony in die schöne Maria verliebt – die Schwester des Sharks-Anführers Bernardo. Ihre verbotene Romanze führt zu weiterem Blutvergießen.
Der Sohn des Komponisten in einem Interview
«Die erste klassische Oper der USA?», fragt er skeptisch. «Nein, es ist ein Musical – ein Musical mit opernhaften Zügen», sagt Alexander Bernstein. «Mein Vater und seine Mitstreiter wollten ein Werk schaffen, das in seiner Struktur europäisch, doch im Geist absolut amerikanisch sein sollte, durchsetzt mit verrückten Ideen aus dem Jazz und anderen Musikgenres sowie modernen Formen des Tanzes.».
Andere Adaptionen von Shakespeares Klassiker
Die Macher der «West Side Story» waren bei weitem nicht die einzigen, die sich bei der Grundlage von Shakespeares Klassiker bedienten. So z.B. auch Charles Gounod für seine Oper «Roméo et Juliette», Angelin Preljocaj und Sergei Sergejewitsch Prokofjew für ihre Ballettmusik, ebenso ist «Romeo und Julia» auch eine vom Komponisten als „Fantasie-Ouvertüre“ bezeichnete sinfonische Dichtung des russischen Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski, selbst ein anderes Musical basiert auf dem Stoff, «Roméo et Juliette, de la Haine à l’Amour» ist das bisher erfolgreichste Musical in französischer Sprache. Text und Musik stammen von Gérard Presgurvic und mit seinem Werk «Romeo und Julia auf dem Lande» scheute sich mit Gottfried Keller selbst ein Schweizer nicht, die Grundlagen zu adaptieren und trotzdem überstrahlt, nebst dem Original von Shakespeare natürlich, Bernsteins Adaption bei weitem alle anderen an Bekanntheit und Beliebtheit.
Die Inszenierung im Zürcher Theater 11
Das Besondere am wohl bekanntesten Musical überhaupt ist, dass jedes Lied für sich ein Hit ist und nicht wie die meisten von einem, vielleicht zwei «musikalischen Aufhängern» lebt, wie z.B. bei «Hair» «Aquarius» und» Let the Sunshine in», «Cats» mit «Memory», «Old Deuteronomy», «Macavity. « und «Mr. Mistofelees», im «Phantom of the Opera» «The Show must go on» «All I Ask of You»
und «Angel of music», in »Jesus Christ Superstar « I dont know how to love him» und »Jesus Christ Superstar« in «Les Misérables» – «I Dreamed A Dream» in « Porgy & Bess «Summertime» und «It Ain’t Necessarily so», «Cabaret» mit «Welcome» und «Cabaret» usw.
Brillante Töne aus dem Orchestergraben
Dass diese „West Side Story“ auch nach über sechs Jahrzehnten so frisch wie am ersten Tag wirkt, liegt – wie sollte es anders sein – vor allem an Bernsteins mit Ohrwürmern gespickter Partitur, die hier von einem für Musical – Tourneen Verhältnisse erfreulich groß besetzten Orchester unter Leitung von Grant Sturiale mit viel Herzblut umgesetzt wird. Da dürfen die Streicher im berühmten „Maria“ oder in der ähnlich ikonischen Balkonszene pathetisch schwelgen und die jungen Liebenden in den siebten Himmel heben. Gleichzeitig kommt aus dem Graben aber auch ordentlich Druck bei den Auseinandersetzungen zwischen den «Jets» und «Sharks» und zudem harmonierte der «Graben» perfekt synchron mit den Bühnendarstellern.
Bühnenbild dient als überzeugende Grundlage für eine eindrückliche Inszenierung
Ein schon fast einfaches, unspektakuläres, in seiner Funktionalität, erlaubt mit wenigen Handgriffen rasche Szenenwechsel, aber schlicht geniales Bühnenbild in Form eines Hauses, in seinem düsteren Äussern durchaus mit dem Haus in Alfred Hitchcocks Horrorklassiker «Psycho» vergleichbar, dient, ebenso wie die stilechten, stimmigen Kostüme, für das grossartige Spektakel auf der Zürcher Theaterbühne.
«When you`re a Jet* Mit provokantem Fingerschnippen durchstreifen die Mitglieder der New Yorker Strassengang „Jets“ ihr staubiges Revier, auf der Suche nach ihren Rivalen, den puerto-ricanischen „Sharks“. In der sommerlichen Hitze der Stadt lassen leidenschaftliche Latinas zu feurigen Mambo-Rhythmen die Röcke fliegen und träumen dabei von einem besseren Leben. Mittendrin: Die grosse Liebe, die Grenzen und Vorurteile überwindet – in der Upper West Side vibriert die Luft vor Spannung. Eine direkte handgreifliche Konfrontation wird jedoch noch rechtzeitig von Officer Krupke unterbunden
«Something`s coming» Obwohl dem Gang Alter eigentlich entwachsen und von einer besseren Zukunft träumend, lässt sich Tony, Mitbegründer der «Jets», von deren aktuellen Anführer Riff dazu drängen, aus Loyalität beim «Feldzug» gegen die PQ`s, wie die «Sharks» von den Polizisten genannt werden, mitzutun.
Die erst kürzlich aus Puerto Rico nach New York gekommene Maria, Schwester des »Shark» Anführers Bernardo, arbeitet mit dessen Freundin in einem Brautkleiderratelier und freut sich auf die abendliche Tanzveranstaltung, der für sie den Start ihres Lebens in Amerika symbolisiert und für die ihr Anita ein Kleid näht.
Alle treffen sich beim Tanzanlass am Abend
Zusammen mit Chino, dem für Maria vorgesehenen Bräutigam, holt Bernardi die Chicas zum Tanz ab, wo sich beim «Dance oft he Gym», einer Massenszene mit Tanzeinlagen, die dem puerto-ricanischen Temperament ebenso gerecht wird wie dem Tanzfieber der 50er Jahre., Tony und Maria zum ersten Mal begegnen und sich Knall auf Fall unsterblich ineinander verlieben, Das passt natürlich Bernardo gar nicht, was er denn auch unmissverständlich zum Ausdruck bringt und Chino anweist, Maria nach Hause zu bringen. Die Choreografien von Julio Monge sind im Allgemeinen bemerkenswert. So wird bereits in der Eröffnungsszene die Rivalität zwischen den Gangs allein durch einen Tanz verdeutlicht, der sich trotz einer am Ballett angelehnten Ästhetik sehr harmonisch in den Stil des Abends einfügt.
«Maria» Das Lied auf seinen Lippen macht Tony die Wohnung der Geschwister ausfindig und ruft Maria ans Balkonfenster, wo sie sich ewige Treue schwören und sich für den nächsten Abend im Atelier verabreden. «Tonight», während sich Anita mit ihren Freundinnen über ihr kommendes Leben in. «America» austauscht.
In Doc`s Drugstore, dem temporären Arbeitsort von Tony, handeln die beiden Gangchefts Riff und Bernardo die Bedingungen für den ultimativen Kampf aus.
Währenddessen bittet Doc die Jets «Cool» zu sein und die Strassenschlacht zu unterlassen. Worauf sich die beiden Gangs treffen und Tony den Vorschlag macht, dass sich je die beiden besten Kämpfer, stellvertretend für deren Gangs, in einem waffenlosen Zweikampf gegenüber stehen sollten.
Anita informiert Maria vom geplanten Kampf der Gangs. Tony erscheint, wie verabredet, kurz darauf im Atelier, worauf Anita dieses verlässt und die Verliebten allein lässt. Tony verspricht seiner Angebeteten auf deren Flehen hin, alles zu versuchen, um den Kampf zu verhindern, worauf die beiden sich ihre gemeinsame Zukunft und Heirat vorstellen, im Sinne und Duett von «One Hand, one Heart».
Maria fasst ihre Gefühlwelt im Hinblick auf das Treffen mit Tony im Song *I feel pretty» zusammen.
Am nächsten Abend treffen sich beide Gangs unter der Autobahnbrücke, um den Zweikampf auszutragen «The Rumble». Doch bevor dies geschieht, kommt Tony aufgebracht hinzu. Auf Marias Wunsch versucht er, den Kampf zu verhindern. Bernardo missversteht Tonys Absicht und fordert ihn zum Kampf heraus. Das gefällt Riff nicht, und er schlägt Bernardo nieder. Daraufhin zücken die beiden ihre Springmesser. Bevor Tony oder irgendein anderes Mitglied der beiden Gangs eingreifen kann, wird Riff von Bernardo erstochen. Dies entfacht einen heftigen Kampf, in dem Tony Bernardo mit dem Messer seines Freunds Riff tötet. Dieser Kampf kann erst mit dem Eintreffen der Polizei gestoppt werden.
Chino überbringt Maria die Nachricht vom Tod ihres Bruders Bernardo. Als Tony bei Maria auftaucht, macht sie ihm heftige Vorwürfe. Er überzeugt sie jedoch davon, dass Bernardos Tod nicht beabsichtigt war. Die beiden fallen einander in die Arme und träumen von einer besseren Zukunft «Somewhere».
Als Anita auftaucht, flieht Tony, vergisst jedoch seine Jacke. Anita bemerkt das sofort und rät Maria, von ihm abzulassen, da er schlecht für sie sei «A Boy like that». Maria überzeugt sie jedoch von ihrer Liebe zu Tony «I Have a Love». Sie schickt Anita zu Doc’s Drugstore, um Tony die Nachricht von einem Treffen am Abend zu überbringen, als Lieutenant Schrank hereinkommt, um Maria zu den Morden des Vorabends zu befragen.
Im Drugstore möchte Anita Tony die Nachricht von Maria überbringen. Die Jets trauen ihr jedoch nicht und unternehmen den Versuch, sie zu vergewaltigen. Daraufhin behauptet sie, dass Chino Maria aus Eifersucht erschossen habe. Als Doc, der Besitzer von Doc’s Drugstore, Tony diese Nachricht überbringt, beginnt dieser, verzweifelt durch die Straßen der West Side zu laufen, um Chino zu finden, dass dieser ihn ebenfalls erschieße. Dabei trifft er auf Maria und läuft auf sie zu. Doch da erscheint Chino und erschießt Tony in Marias Armen.
Schließlich begreifen die Gangs, dass es sich nicht lohnt, wegen ihrer Konflikte Menschenleben zu opfern, und tragen gemeinsam die Leiche von Tony davon «Reprise Somewhere».
Ausdrucksstarke, spielfreudige Darsteller*innen
Melanie Sierra und Jadon Webster verkörpern die beiden Liebenden mit großer Authentizität. Keine großen Opernstimmen, denen man bei Tonaufnahmen oftmals begegnet, hier aber falsch am Platz wären, sondern zwei ausgewiesene Musicalprofis mit solidem klassischem Fundament, die Bernsteins populären Songs ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken und auch im „Somewhere“-Traumballett eine gute Figur machen. Alle Agierenden, auch in den kleinsten Rollen, so ist seh- und hörbar, verfügen über die heute geforderte sehr anspruchsvolle professionelle Musicalausbildung die bis zu drei Jahren dauert.
Die originalen Tanznummern faszinieren auch heute noch
Genau wie die Tanznummern von Fred Astaire und Ginger Rogers in deren Filmen auch heute noch Kult und Wegweisend sind, ist es auch die Originalchoreografie von Broadway-Legende Jerome Robbins, die von Julio Monge wieder zum Leben erweckt wird. Dies ist die wohl grösste Stärke dieser Inszenierung, bei der das junge Ensemble absolut vehement und mit jeder Menge Adrenalin und sehr viel gymnastischen und tänzerischen Können in den großen Ballettsequenzen agiert und liefert die Nummern mit einer schon fast unheimlichen Präzision ab. Da steigert sich die Spannung beim „Dance at the Gym“, wo sich die verfeindeten Gangs zu pulsierenden lateinamerikanischen Rhythmen auf dem Tanzparkett „duellieren“. Und auch das von Kyra Sorce als Anita mit wehenden Röcken angeführte „America“ schäumt geradezu über vor Lebensfreude und Glauben an den amerikanischen Traum, der in der straffen, zügigen Produktion trotz Unerreichbarkeit, immer wieder angedeutet wird.
Fazit
Da lohnt es sich, auch von der Innerschweiz, ja gar von Züri West nach Zürich zu pilgern, wenn man solch einen Augen- und Ohrenschmaus vorgesetzt bekommt.
Trailer WEST SIDE STORY | Theater 11 Zürich
youtube.com/watch?v=Hrz2K4zQZp0
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Really Useful Group Ltd und https://fbm.ch/
Homepages der andern Kolumnisten: