Bibione (Venedig) der erste „Bericht” von der Ausgrabungsstätte Mutteron

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Bibione_Archäologen-Team_und_Bürgermeister: von links Dr. Alessandro Asta, Prof. Dirk Steuernagel, Bürgermeister Flavio Maurutto, Prof. Maria Stella Busana, Gräfin Arabella

Die Entdeckung einer neuen Mauer brachte viel Freude und frischen Wind in das archäologische Untersuchungsgebiet von Bibione (Venedig). Die Villa aus der Römerzeit in Mutteron dei Frati hat alle überrascht, sowohl wegen der Schönheit ihres Standortes als auch infolge der zahlreichen Erkenntnisse, die in den letzten Wochen von den Wissenschaftlern der Universitäten Regensburg und Padua bei den Ausgrabungsarbeiten gewonnen wurden.

Bibione war schon immer ein Badeort mit jungem Image und entdeckt nun in einem Gebiet, das ihn wie eine grüne Lunge umgibt, Schicht für Schicht seine bedeutende Vergangenheit, die weit zurückreicht.

Und an Überraschungen mangelt es bei einem solchen Projekt nicht: „Noch nie wurden so viele Artefakte gefunden wie bei dieser Studie”, erklärte Forschungsleiter Prof. Dirk Steuernagel von der Universität Regensburg und zeigte keramische Funde aus der Renaissance oder dem frühen Mittelalter sowie zahlreiche andere Gegenstände und Fragmente, die auf dem Ausgrabungsgelände gefunden wurden. „Die Besitzer der Villa waren zweifellos wohlhabende Menschen, die auch die außergewöhnliche Lage am Meer nutzten, um die erforderlichen Materialien für den Bau der Villa zu beschaffen, wie aus einigen Markierungen hervorgeht, die in die Backsteine eingeprägt sind und uns erlauben, ihre Herkunft aus den Steinbrüchen von Aurisina oder aus Istrien zu bestimmen.”

„Das in diesem Gebiet durchgeführte Projekt″, kommentierte Prof. Maria Stella Busana von der Universität Padua, die gemeinsam mit Dr. Alice Vacilotto von der Hochschule Regensburg dessen Leitung übernommen hat, „ist ein umfassendes Vorhaben, das nicht nur die Bräuche der damaligen Bewohner untersuchen soll, sondern auch den territorialen Kontext, in dem sich die Villa einst befand. Die Urbarmachung hat die Landschaft verändert, aber mit diesen Studien wird es möglich sein, die vom Menschen hinterlassenen Spuren und seine Siedlungen in einem Areal von etwa dreitausend Hektar zu entdecken. Während uns die gefundenen Netzgewichte aus der römischen Epoche zeigen, dass sich die damaligen Bewohner dem Fischfang widmeten, blieben uns aus dem Mittelalter Feuersteine erhalten, die als Jagdwaffen genutzt wurden, und belegen, dass die Jagd und der Fischfang in diesem Gebiet bereits in der Vergangenheit praktiziert wurden.“

Nie zuvor bot sich den Wissenschaftlern eine so außergewöhnliche Forschungsmöglichkeit wie in Bibione, wo die Umwelt dank der ursprünglichen Landschaft erhalten blieb, und erlaubt zwei Arten von Studien mit den Schwerpunkten Römerzeit und Mittelalter. Damals bedeckte das Meer die gesamte Fläche, auf der sich heute der Badeort befindet. Die Besitzer der Villa hatten das Meer buchstäblich vor der Haustür. Unter den verschiedenen Fundstücken befindet sich das prächtige Exemplar einer handgefertigten Öllampe aus dem 4. Jahrhundert mit deutlichen Gebrauchsspuren.

„Es ist nicht das erste Mal, dass in diesem Gebiet Studien betrieben werden”, erinnert sich Gräfin Arabella (Eigentümerin des Geländes, Anm. d. Red.): „Mein Mann hat die Ausgrabungen in den 1990er Jahren eröffnet und uns damit den Zugang zu dieser erstaunlichen Stätte ermöglicht. Es ist ein überwältigendes Erlebnis, wenn ein kleiner Gegenstand oder eine Münze aus einer fernen Epoche, aus einer lang zurückliegenden Vergangenheit auftaucht.“

Dr. Alessandro Asta, der Projektleiter im Auftrag der Aufsichtsbehörde für Archäologie, Kunst und Landschaft (ABAP) des Metropolitanraums Venedig, verfolgte die Etappen der Forschungsarbeit zurück, die dieses Gebiet betraf, und erinnerte daran, dass die Ausgrabungen in den 1930er Jahren begannen, aber das Interesse erst in den 90er Jahren – auch dank der technologischen Neuerungen – wieder auflebte. „Heute haben wir es mit einer neuen Ausgrabungssaison zu tun, aber im Rahmen eines umfassenderen Projekts, das die Möglichkeit bietet, die Ergebnisse mit Besuchern, Geschichtsbegeisterten und vielen anderen zu teilen.″

Wir hoffen, wie auch die Tourismusfachleute des Ortes, den Urlaubsgästen diese außergewöhnliche Entdeckung zugänglich machen zu können. Und wenn der Slogan für den Sommer 2023 in Bibione „Ein Meisterwerk von Urlaub″ verspricht, beweist die Villa Mutteron dei Frati, dass in Bibione schon immer Meisterwerke beheimatet waren.

Wissenswertes zur Ausgrabungsstätte

Das Projekt, in dessen Mittelpunkt die römische Villa Mutteron dei Frati steht, entstand 2018 aus den ersten Kontakten zwischen den Universitäten Regensburg und Padua, der Aufsichtsbehörde für Archäologie, Kunst und Landschaft für den Metropolitanraum Venedig und – von Anfang an – dem Eigentümer und Verwalter des Landguts Val Grande. Die römische Villa war aufgrund wiederholter archäologischer Untersuchungen bereits im 19. Jahrhundert bekannt. Mutteron dei Frati gehört zu einer Reihe von Villen am Meer auf dem Küstenstreifen an der Oberen Adria. Sie unterscheidet sich jedoch von ähnlichen Bauwerken durch ihren außergewöhnlich guten Erhaltungszustand und ihre fast unberührte Umgebung. Aus diesem Grund eignet sie sich hervorragend für ein interdisziplinäres Forschungsprogramm, das die Erforschung verschiedener Aspekte wie Architektur, Wirtschaft, Nutzung der natürlichen Ressourcen, Besiedelung des Gebiets und hysiognomie der früheren Landschaft anstrebt. Es wurde ein deutsch-italienisches Team von Fachleuten aus verschiedenen Forschungsbereichen zusammengestellt, um auf all diese Fragen Antworten zu finden, und eine Finanzierung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der wichtigsten Einrichtung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, für ein dreijähriges Projekt mit Aktivitäten bis 2025 beantragt, die 2022 bewilligt wurde.

 

Die Ausgrabungskampagne hat nun auf dem Villengelände begonnen. Diese Arbeiten wurde vom Kulturministerium genehmigt, das mithilfe der zuständigen Aufsichtsbehörde den Fortgang der Arbeiten überwacht. Voraussetzung für die Erteilung dieser Konzession waren die Zustimmung und Unterstützung des Eigentümers und Verwalters des Anwesens. Die derzeitigen Forschungsarbeiten lassen auf Gegebenheiten schließen, die bisher nie dokumentiert wurden, unter anderem eine Besiedelung  der Stätte im frühen Mittelalter (15. Jh.). Erst vor kurzem wurden Strukturen gefunden, die zur südlichen, dem Meer zugewandten Seite des Komplexes gehören. Das bestätigt die große Ausdehnung des Gebäudes. Teile von Mosaiken und bemalte Putzfragmente weisen auf einen gehobenen Lebensstil des Besitzers hin.

 

Zusätzlich zu den archäologischen Ausgrabungen werden in diesem Herbst Oberflächenerkennungen in der gesamten Umgebung der Villa oberhalb des Val Grande durchgeführt, um die Siedlung und Infrastruktur zu rekonstruieren. Gleichzeitig sind geomorphologische und paläoökologische Studien vorgesehen, die ein Bild der früheren Landschaft ermöglichen sollen. Es wird nämlich ein besonderer Kontext vermutet, in dem sich Land und Wasser überlagerten und der bereits in der Römerzeit stark belebt war.

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Über Leonard Wüst

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