Der Kanton Uri hat mit der Korporation Uri und der Korporationsbürgergemeinde Göschenen einen Vertrag zur Sicherung des ökologisch wertvollen Waldgebiets im Göschenertal unterzeichnet und damit das grösste Urner Waldreservat mit einer Fläche von 645 Hektaren für 50 Jahre ausgeschieden. Am 16. Juni 2023 fand unter Anwesenheit von Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti und Vertretern von Korporation Uri und Korporationsbürgergemeinde Göschenen die offizielle Eröffnung statt.
Waldreservate dienen dem Schutz besonders wertvoller Waldgebiete und der Erhaltung der Artenvielfalt von Flora und Fauna. Das im Jahr 2008 vom Regierungsrat genehmigte Waldreservatskonzept Uri gibt gemäss Stossrichtung des Bundes eine Zielgrösse von zehn Prozent der Waldfläche vor, welche bis 2030 als Waldreservate ausgeschieden werden sollen. Mit dem Waldreservat Göschenertal konnte nun das grösste Urner Waldreservat mit 645 Hektaren Waldfläche unter Vertrag genommen werden. Mit dem neuen Waldreservat erhöht sich die in Uri gesicherte Waldreservatfläche von vormals fünf Prozent auf aktuell acht Prozent.
Waldgebiet von speziellem ökologischem Wert
Das Waldreservat Göschenertal erstreckt sich hinter Abfrutt über beide Flanken des Göschenertals und umfasst auch das Waldgebiet eingangs Voralptal. Im Blockschutt der Trögengand und den schroffen Felsformationen bei Salbiten trotzen imposante Arvenwälder den rauen Bedingungen der höchsten Lagen. Im Gebiet Goldern kann das herbstliche Gold der Lärchenwälder bestaunt werden und im Börtli finden sich seltene Gebirgspflanzen im verzahnten Mosaik zwischen Wiesen und Wald.
Mit urtümlichen alten und dicken Bäumen, zusammenhängenden Altholzbeständen, einem hohen Anteil an Totholz und kleineren Gewässern weist das Waldreservat weitere Besonderheiten auf. Zudem sind grosse Teile des Gebiets für die Waldbewirtschaftung gänzlich unerschlossen. Und der Anteil der seltenen, schützenswerten Waldgesellschaften von 22 Prozent unterstreicht den speziellen ökologischen Wert des Gebiets. «Die Bürgergemeindeversammlung Göschenen, der Korporationsrat Uri und der Urner Regierungsrat haben dem Abschluss eines freiwilligen Vertrags zum grössten Urner Waldreservat im Jahr 2022 deutlich zugestimmt», freut sich der Urner Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti. «Mit der Ausscheidung des Waldreservats Göschenertal nehmen der Kanton Uri und die Waldeigentümer ihre Verantwortung zur Erhaltung und Förderung von schutzwürdigen Lebensräumen und Arten im Urner Wald wahr», so Moretti weiter.
Nutzungsverzicht und aktive Eingriffe zur Förderung der Biodiversität
Einerseits wird im Naturwaldreservat-Teil von 477 Hektaren Waldfläche komplett auf die forstliche Nutzung verzichtet, damit die natürliche Waldentwicklung ungestört stattfinden kann. Andererseits sind im 168 Hektaren umfassenden Sonderwaldreservat-Teil aktive forstliche Eingriffe zur Erhaltung und Förderung einer offenen Waldweidestruktur vorgesehen. «Die vorgesehenen Massnahmen im Waldreservat sind auf das Landschaftsentwicklungskonzept Göschenertal abgestimmt», führt Kantonsforstmeister Roland Wüthrich aus. «Mit der Kombination von Nutzungsverzicht und gezielten Fördermassnahmen können wir im Waldreservat Göschenertal die beste Wirkung zur Förderung der Biodiversität erzielen», zeigt sich Wüthrich überzeugt.
Waldreservat hat nur Auswirkung auf die Waldbewirtschaftung
Die Waldreservatfläche befindet sich vollumfänglich im Eigentum der Korporation Uri, wobei die Korporationsbürgergemeinde Göschenen über das Waldbewirtschaftungsrecht verfügt. Um die Bevölkerung über den besonderen Wert des Waldreservats Göschenertal zu orientieren, hat der Kanton Uri entlang von Wanderwegen in den Gebieten Grüt, Bone und eingangs des Voralptals ansprechende Informationstafeln aufgestellt. Nebst Angaben zur Lage und Grösse des Waldreservats geben sie Auskunft darüber, dass sich das Waldreservat nur auf die Waldbewirtschaftung im bezeichneten Perimeter auswirkt. Somit bleibt das Gebiet frei betretbar und touristische Aktivitäten oder das Sammeln von Beeren und Pilzen sowie auch die Jagd und die Alpwirtschaft sind wie bis anhin erlaubt. Ebenfalls sind bei Bedarf gezielte Eingriffe zur Bekämpfung von Waldschäden, für den Betrieb von Wanderwegen, Leitungen und Seilbahnen oder für Sicherheitsmassnahmen entlang von Gewässern möglich.
Fünftes Waldreservat gemäss Waldreservatkonzept Uri
Der Kanton Uri hat in einem Konzept jene Gebiete bezeichnet, die als Waldreservate unter Schutz gestellt werden sollen. Die vorgesehenen Waldreservate ergeben zusammen eine Fläche von 2’190 Hektaren (dies entspricht etwa 3’130 Fussballfeldern), was rund zehn Prozent der gesamten Urner Waldfläche von 21’000 Hektaren ausmacht. In Naturwaldreservaten gilt ein forstliches Nutzungsverbot. Bei Sonderwaldreservaten hingegen wird die Artenvielfalt durch gezielte Eingriffe gefördert. Wird ein Waldgebiet als Waldreservat ausgeschieden, hat dies einzig Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung. Die Waldeigentümer und Waldnutzungsberechtigten können selbst entscheiden, ob in ihrem Waldgebiet ein Waldreservat ausgeschieden wird. Die entsprechenden Beschränkungen für die Waldbewirtschaftung werden mit dem Kanton Uri in einem Vertrag über 50 Jahre geregelt und entschädigt. Das Waldreservat Göschenertal ist nach den Reservaten Rütli, Rophaien, Fellital-Taghorn und Sellenen-Etzlital das fünfte Waldreservat im Kanton Uri, das gemäss dem kantonalen Konzept ausgeschieden wurde. Damit sind zurzeit acht Prozent der Waldfläche als Waldreservate gesichert.
Fakten zum Waldreservat Göschenertal
Gesamte Waldreservatfläche: | 644,75 ha | |
Anteil Naturwaldreservat ohne Eingriffe | 476,97 ha | (74 %) |
Anteil Sonderwaldreservat mit Eingriffen | 167,78 ha | (26 %) |
Waldstandorte: | ||
Tannen – Fichtenwälder | 4 ha | (1 %) |
Fichtenwälder | 151 ha | (23 %) |
Legföhrenwälder | 49 ha | (8 %) |
Arvenwälder und Lärchen-Arvenwälder | 137 ha | (21 %) |
Gebüschwälder | 228 ha | (35 %) |
Felsbestockungen | 76 ha | (12 %) |
Davon seltene und schützenswerte Waldstandorte | 144 ha | (22 %) |
Waldeigentümer: Korporation Uri
Waldbewirtschafter: Korporationsbürgergemeinde Göschenen
Ziele des Waldreservats:
- ungestörter Ablauf der natürlichen Waldentwicklung
- Erhaltung seltener Waldstandorte, geschützter Pflanzen / Tierarten und wertvoller Einzelbäume
- Erhaltung und Aufwertung der Waldweidegebiete
Auswirkungen des Waldreservats:
- nur Einschränkungen bezüglich Waldbewirtschaftung
- alle weiteren Nutzungen wie freie Betretung, Sammeln von Beeren und Pilzen, die Jagd oder die Alpwirtschaft bleiben wie bis anhin gewährleistet