Die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) hat in diesem Frühling den «Bildungsbericht Schweiz 2023» präsentiert. Inzwischen hat sich der Erziehungsrat des Kantons Uri vertieft mit den Erkenntnissen aus dem Bericht für die Volksschule auseinandergesetzt Im Einklang mit diesen Erkenntnissen sieht der Erziehungsrat die Urner Schulen und auch sich selbst in der bisherigen Arbeit bestätigt.
Die Bundesverfassung verpflichtet Bund und Kantone, gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz zu sorgen. Eines der Instrumente zur Erreichung dieses Verfassungsziels ist das von Bund und Kantonen gemeinsam getragene und langfristig angelegte Bildungsmonitoring. Ein wichtiges Produkt dieses Monitorings ist der seit 2010 regelmässig erscheinende Bildungsbericht Schweiz. In diesem Frühling nun wurde der «Bildungsbericht Schweiz 2023» präsentiert. Erarbeitet wurde er von der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF), und zwar im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK).
Erkenntnisse und mögliche Handlungsfelder
Sowohl die Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Uri als auch der Erziehungsrat des Kantons Uri erachten den Bildungsbericht 2023 als ein wertvolles Element des Bildungsmonitorings und als ein nützliches Instrument zur Erkenntnis von möglichen Handlungsfeldern auch in der Volksschule des Kantons Uri. Der Erziehungsrat hat sich daher vertieft mit dem Bildungsbericht auseinandergesetzt und die wichtigsten Befunde aus Urner Sicht gewürdigt:
- Schuleintrittsalter: Das Mindestalter für die Einschulung liegt in Uri wie in den meisten anderen Kantonen bei etwas mehr als vier Jahren. Der Anteil verspäteter Einschulungen ist in Uri indes signifikant höher, und die Altersunterschiede in den Klassen sind grösser. Der Erziehungsrat sieht darin keine Nachteile. Aufgrund der natürlichen Entwicklungsunterschiede von Kindern fällt die festgestellte Altersheterogenität nicht ins Gewicht. Zudem will der Erziehungsrat das Mitspracherecht der Eltern bei der Einschulung von Kindern nicht schmälern.
- Integration: Im Kanton Uri ist ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Schülerinnen und Schüler mit verstärkten sonderpädagogischen Massnahmen in der Regelklasse integriert. Ihr Anteil, gemessen an der Gesamtschülerzahl der Regelklassen, ist im Schweizer Vergleich aber weiterhin tief. In Uri wird dem Grundsatz «Integration vor Separation» gemäss dem Sonderpädagogik-Konkordat und dem revidierten Bildungsgesetz somit erfolgreich nachgelebt (was im Übrigen auch finanziell kostengünstiger ist). Der Erziehungsrat will die Integration an den Urner Schulen denn auch weiterhin stärken. Dazu gehört, dass die Arbeitsbedingungen für die Lehrerpersonen so ausgestaltet werden, dass die Integrationsarbeit vom Lehrkörper weiterhin optimal geleistet werden kann.
- Abteilungsgrössen: Im Kanton Uri liegen die Abteilungsgrössen um knapp zwei Schülerinnen und Schüler unter dem Landesschnitt, während das Betreuungsverhältnis praktisch dem Schweizer Durchschnitt entspricht. Das bedeutet, dass an der Urner Volksschule zusätzliche Ressourcen (Schulische Heilpädagogik, Klassenassistenzen) nur moderat eingesetzt werden. Um im Betreuungsverhältnis nicht ins Hintertreffen zu geraten und den zunehmenden Anforderungen an das Lehrpersonal gerecht zu werden, studiert der Erziehungsrat aktuell mögliche Lösungen im Rahmen der laufenden Revision der Schulverordnung.
- Unterrichtszeit: Die eingesetzte Unterrichtszeit in der Primarschule liegt im Kanton Uri um rund 5 Prozent tiefer als im schweizerischen Durchschnitt. Der Erziehungsrat sieht indes keinen Grund, diesen Wert zu korrigieren, indem er beispielsweise die kantonale Stundentafel ändern würde. Denn neben der formalen (Schul-)Bildung gewinnen zunehmend auch die non-formale und die informelle Bildung an Bedeutung. Familie, Freundeskreis und Vereine leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Eine Voraussetzung dafür ist wiederum, dass genügend Freizeit zur Verfügung steht.
- Bildungskosten: Mit einem Personalaufwand von 13’781 Franken pro Schülerin und Schüler liegt der Kanton Uri in der obligatorischen Schule (Jahr 2020) unter dem Schweizer Schnitt von 14’452 Franken und deutlich unter dem Spitzenwert von Basel-Stadt (20’111 Franken). Die Bildungskosten pro Kopf der Bevölkerung blieben in den letzten Jahren praktisch unverändert. Gleichzeitig nahmen die Bildungskosten pro Schulkind in Uri leicht zu, aber deutlich weniger als im schweizerischen Durchschnitt. Die durchschnittlichen Kosten resultieren vorab aus der Kombination von kleinen Abteilungen (kostensteigernd) und geringer Unterrichtszeit (kostensenkend). Die bestehenden Ressourcen sollen nach dem Willen des Erziehungsrats auch künftig optimal eingesetzt werden; zusätzliche Ressourcen sollen dorthin fliessen, wo ausgewiesener Bedarf besteht. Die Qualität der Bildung und die hohe Autonomie der Gemeinden als Trägerinnen der Volksschule sollen in jedem Fall erhalten bleiben.
- Sprachaustausch: Die Förderung des schulischen Austausches zwischen Klassen aus verschiedenen Sprachregionen ist als Teilziel der Sprachenstrategie auf Bundesebene verankert. In der Klassenaustauschquote belegt Uri einen Spitzenplatz im Vergleich zu den anderen Kantonen. Der Erziehungsrat begrüsst diese Entwicklung in Uri, zumal er in den vergangenen Jahren die Aktivitäten im Sprachaustausch gezielt unterstützt hat, unter anderem mit dem Einsatz einer kantonalen Austauschverantwortlichen. Diese soll auch weiterhin den Schulen bei der Koordination und Planung zur Seite stehen.
- Schulergänzende Betreuung: Der Kanton Uri weist sehr tiefe Zahlen bei der schulergänzenden Betreuung aus, und in den vergangenen Jahren war auch keine bedeutsame Entwicklung feststellbar. Bis auf den Mittagstisch gab es in Uri bisher nur sehr wenige Angebote in der schulergänzenden Betreuung. Mit dem revidierten Bildungsgesetz, der revidierten schulischen Beitragsverordnung und den zugehörigen Weisungen hat der Kanton Uri inzwischen indes die Voraussetzungen geschaffen, dass die Gemeinden und Schulen mithilfe von finanziellen Beiträgen des Kantons ihr Angebot in der schulergänzenden Betreuung erweitern und qualitativ optimieren können.
- Übergänge: Am Ende der Volksschulzeit ist der Anteil von Übertritten in eine berufliche Grundbildung in Uri nach wie vor überdurchschnittlich hoch; demgegenüber ist die Quote an Übergangsausbildungen und Allgemeinbildung (Gymnasien, Fachmittelschulen) eher klein. Schweizweit sehr hoch ist in Uri zudem die Quote von jungen Erwachsenen bei Abschlüssen auf Sekundarstufe II. Diese erfreulichen Zahlen lassen sich zwar nicht unbedingt als alleiniger Erfolg der Volksschule interpretieren; sie deuten aber darauf hin, dass an der Volksschule in Uri in den vergangenen Jahren die Weichen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung richtig gestellt wurden.
«Grundsätzlich ist der Erziehungsrat der Meinung, dass an der Volksschule des Kantons Uri auch im Licht des jüngsten Bildungsberichts eine hervorragende Arbeit geleistet wird», sagt Regierungsrat Beat Jörg, Bildungs- und Kulturdirektor des Kantons Uri und Präsident des Erziehungsrats. Die wichtigsten Befunde aus der Auseinandersetzung mit dem Bildungsbericht würden nun in angemessener Weise in die Festlegung der künftigen Jahresziele und in konkrete künftige Projekte des Erziehungsrats einfliessen.
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