Produktionsteam und Besetzung
Musikalische Leitung und Cembalo –Jörg Halubek
Regie –Markus Dietz
Bühne –Ines Nadler
Kostüme und Video –Mayke Hegger
Video –Rebecca Stofer
Licht –David Hedinger-Wohnlich
Choreografie –Phoebe Jewitt
Dramaturgie –Johanna Mangold
Musikalische Assistenz und Cembalo –Giulio de Nardo
Giustino –Marcela Rahal
Arianna –Eyrún Unnarsdóttir
Anastasio –Marta Herman
Leocasta –Tania Lorenzo Castro
Amanzio –Solenn‘ Lavanant Linke
Vitaliano –Younggi Moses Do</
Andronico –Josy Santos
Luzerner Sinfonieorchester
‘Giustino’ (auch ‘Il Giustino’) ist die im 1724 in Rom uraufgeführte Oper des venezianischen Barock-Meisters Antonio Vivaldi. Eine neue Inszenierung dieser Oper, deren umjubelte Premiere am letzten 2. Mai war, ist am Luzerner Theater in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln noch bis zum 20. Juni zu sehen.
Ein kompliziertes Libretto mit einer etwas unklaren Geschichte
Antonio Maria Lucchini benutzte Nicolò Beregans Text für Giovanni Legrenzis 1683 in Venedig uraufgeführte Oper ‚Giustino’ und Pietro Pariatis Libretto zu Tomaso Albinonis 1711 in Bologna gespielte gleichnamige Oper. Vivaldis Dramma per musica in drei Akten erzählt vom Bauern Giustino, dem die Göttin Fortuna Reichtum, Macht und Erfolg verspricht, von Giustinos Aufstieg an die Spitze des byzantinischen Heeres und, besonders, von der Eifersucht des Kaisers Anastasio, der den Bauern verdächtigt, seine Frau Arianna (und den Thron) zu begehren. Giustino gelingt es sogar Bären zu besiegen, die Schwester und die Ehefrau des Kaisers zu retten, und ein Meeresungeheuer zu töten……….
Vivaldis bestechende Musik
‚Giustino‘, so wie eine grosse Anzahl der von Vivaldi komponierten Opern, erlebte schon am Anfang des XX. Jahrhunderts eine erstaunliche Wiederentdeckung; man konnte dadurch das Schaffen des Venezianers neu interpretieren. Vivaldi war – und ist eigentlich – als Komponist von Instrumentalmusik bekannt. Wer kennt seine ‚Quattro Stagioni’ (‘Die Vier Jahreszeiten’) nicht? Die viele bemerkenswerte Détails umfassende Partitur enthält nicht wenige Zitate aus früheren Vivaldis Werke, darunter auch, gerade als Fortuna erscheint, aus dem berühmten ‘Frühling’. Jörg Halubek leitet mit grossem Elan ein brillantes Luzerner Sinfonieorchester, das immer imstande ist, zusammen mit den Stimmen einen perfekten Klang zu bilden. Lobenswert Giulio de Nardo (Cembalo), Heiner Reich (Violoncello), Sam Chapman (Theorbe/Barockgitarre) und besonders die fantastische Franziska Fleischanderl mit ihrem Salterio (eine Art Kastenzither), die mit ihrem selten gespielten Instrument zum Beispiel bei der wunderschönen Arie „Ho nel petto un cor si forte“ neben Vitaliano (Akt III) auf dem Laufsteg vor dem Orchestergraben sitzt und ihn solistisch begleitet.
Eine bemerkenswerte Besetzung
Alle Partien dieser Vivaldis Oper wurden ursprünglich von Kastraten gesungen, und heute oft von den besten Countertenören interpretiert. Das Luzerner Theater engagiert hingegen für diese Produktion sechs Frauen und einen Mann, alle grossartige Sänger. Tadellos interpretiert Marcela Rahel mit ihrem runden Mezzo und mit grossem Charisma die Titelrolle, während Eyrún Unnarsdóttir die Kaiserin Arianna gibt, ab und zu leider etwas zu laut. Solenn’ Lavanant Linke interpretiert die Rolle des tückischen Amanzio und ist einfach unübertroffen, was ihre sängerische und schauspielernde Bühnenpräsenz angeht. Mit Charisma und perfekt geführtem Mezzo singt Marta Herman den Kaiser Anastasio, und mit ihrem angenehmen Sopran und einer fantastischen Verve begeistert Tania Lorenzo Castro das Publikum als Leocasta. Last but not least der einzige Mann des Abends, der junge koreanische Tenor Younggi Moses Do als Vitaliano, der zusammen mit Josy Santos als Andronico fast bis zum Schluss intrigiert.
Eine hochinteressante Inszenierung
Dem Regisseur Markus Dietz gelingt es die mit Intrigen, Rache, Machtgier, Kriegen, aber auch mit Tapferkeit, Liebe, Erotik und Fantasie volle und nicht unbedingt logische Geschichte mühelos zu erzählen; nicht zuletzt auch dank der modernen Bilder der Video-Einblendungen von Rebecca Stofer und Mayke Hegger. Dietz tut alles mit Métier aber auch mit enormer Sensibilität, so dass das Publikum während fast drei Stunden (1 Pause) die komplizierte Handlung verstehen kann. Dazu ermöglichen Ines Nadlers Bühne und Ivo Schniders Light Design einen schnellen und plausiblen Szenenwechsel. Sehenswert und adequat sind auch die Kostüme von Mayke Hegger. Die Choreographien von Phoebe Jewitt sind hingegen ein wenig banal, aber man darf der ganzen extra für diese Produktion zusammengestellten Statisterie (Akteure aus der Stadt Luzern und Umgebung) trotzdem ein Bravissimo ausdrücken.
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos: Marinella Polli und Ingo Hoehn https://www.luzernertheater.ch
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