Wir haben eine üppige Brotkultur in unseren Beizen. Brote und Brötli in frechsten Variationen. Oft isst man so viel davon, dass der Magen gefüllt ist, wie der einer Stopfente.
Gut für den Koch, da kann er beim Fleischgang etwas dünnere Tranchen schneiden!
Wenn die Brotscheiben schon morgens um neun für den Mittagstisch geschnitten werden, ist das Brot logischerweise schon etwas trocken. Kommt zwar nur noch selten vor. Gut vielleicht für den Wirt war das, denn da musste laufend flüssiger Nachschub geliefert werden. Nun kann man das Brot auch im Olivenöl tünkeln, bis es trieft, auf dass es dann sanft die Speiseröhre hinuntergleitet. Doch nicht jedes Brot ist für das Olivenölbad geeignet. Sauerteigbrot und «Emmentalerzüpfe» zum Beispiel. Oder Roggen- und Dinkelbrot. Da gehört schon «ächte Schwiizer Anke» drauf.
Beizen am See
Die Gastgeber mit einer Terrasse am See tun mir manchmal leid. Auf das Essen wartend, werden Schwänchen, Täubchen und Taucherli mit Brotbitzli gefüttert. Der Service kommt ganz schön ins Schwitzen mit Nachschub liefern. Wenn dann ein Vogel den ersten «Brotverdauungsklecks» auf den Tschoopen des Touristen am Nebentisch platziert – dann darf schadenfreudig gekichert werden …Nicht gelacht wird aber, wenn auf der Rechnung «Supplement» für Schwanenfutter figuriert. Obwohl ich für diese Reaktion des Gastgebers volles Verständnis hätte.
Es Witzli
Wenn beim Morgenkafi der Service auf die Frage, ob der Gipfel von gestern sei, antwortet: «Wenn Sie einen Gipfel von heute wollen, dann müssen Sie halt morgen kommen!» Dann möchte ich lieber ein Schwan sein!
Brot und Kindheit
Zum Brot habe ich seit meiner Kindheit eine spezielle Beziehung. Mit Geschichten, welche sich rund ums Brot im St. Galler Rheintal bei meiner Grossmutter Elisa Hasler ranken. Nach dem zwingend gemeinsamen und täglichen Kirchenbesuch in den Ferien – das war 1946 – ging es direkt in die Bäckerei. Fürs ruhige Dasitzen und andächtige Knien gab es zur Belohnung ein «Müüsli» aus Weggliteig. Mit zwei Augen aus Rosinen, welche mich rührselig anschauten. Mit einem «Vergelt’s Gott» bedankte sich die Bäckersfrau für den Einkauf von Müüsli und einem Laib Schwarzbrot für etwa 90 Rappen! Brot war damals etwas Heiliges, wie ich dann am Tisch erfuhr. Bevor die Mahlzeit serviert wurde, bekreuzigte Grossvater Josef mit dem Messerrücken die Rückseite des Brotlaibes. Dann wurde gebetet, erst dann gegessen. So sollte man die Achtung vor dem Brot dankbar weiter pflegen. Auch als Wertschätzung gegenüber den Bäckern, die täglich in der Backstube stehen, während wir noch tief schlafen.
Brot und Jugendzeit
Zu Hause im Luzern der Fünfzigerjahre gab es dann wieder genügend Brot. Lange war ja auch dieses während des Krieges bei uns rationiert und nur mit den vom Bund pro Familie zugeteilten «Rationierungsmärkli» zu kaufen. Manch ein Bäcker kam dabei in die Versuchung, „schwarz» zu backen, doch solche Vergehen seien ziemlich hart bestraft worden, ließ ich mir erzählen. Während der Primarschule und nachdem Rumtollen mit meinen „Gspänli“ gab‘s zu Hause den heiß begehrten Ankebock oder das Zuckerbrot – ein Stück Brot mit Butter bestrichen und obendrauf Zucker. Oder, was ich besonders liebte: Das Brot mit dem «Pelz» der frisch gekochten und zum erkalten abgestellten Milch bedeckt mit Zucker drauf. Das versteht heute wohl niemand mehr. Nach und nach gab es auch bei uns an den Sonntagen Weißbrot – das gehörte irgendwie zum guten Ton der «oberen» Gesellschaftsschicht. Wobei mir, aus welchen Gründen auch immer, ein Schwarzbrot besser mundete. Ja, und dann noch die
Brotgeschichte aus dem Militärdienst.
Als Küchenchef hatte ich strikte darauf zu achten, dass die Mannschaft nie frisch gebackenes Brot erhielt. Sonst wurde zu viel davon gegessen, hieß es. Brot musste mindestens drei Tage «gelagert» und für eine allfällige Inspektion durch den QM auch so gekennzeichnet sein. Beinahe verpasste man mir einmal scharfen Arrest, weil ich mich nicht an die Vorschrift gehalten hatte
Brot und Resten
Aus Brotresten kann man sowohl zu Hause wie auch in der Beiz Hervorragendes zubereiten. Hier ein paar Tipps:
Mit älterem Brot (Weiß- und Schwarzbrot) eine Brotsuppe herstellen.
Zwiebeln andünsten, Brot kurz mitrösten, auffüllen mit etwas Fleisch oder Gemüsebouillon. Kurz köcheln lassen. Mit dem Schwingbesen verrühren. Oder mit dem Stabmixer fein pürieren. Am Schluss ganz nach Belieben etwas fein geschnittenen Schnittlauch dazugeben. Oder mit etwas Rahm noch verfeinern.
Käseschnitten: Ruch Brot mit etwas Weißwein beträufeln – in eine feuerfeste Platte geben. Mit Schmelzkäse- Scheiben belegen oder mit einer Käse- Ei-Masse bestreichen und im Ofen backen. Man kann auch Schinken und Tomaten aufs Brot legen und mit dem Schmelzkäse belegen und backen.
Aus übrig gebliebenem Weißbrot (Weggli, Parisette, Zopf) kann man ein hervorragendes Paniermehl selber herstellen. Im Ofen trocknen und durch eine «Reibmaschine» drehen.
Fotzelschnitten: Brotscheiben im aufgeschlagenen Ei drehen und goldgelb in der Pfanne in Butter ausbacken. Mit etwas Zimt und Zucker bestreuen.
Apfelrösti: Altbackenes Brot fein schneiden (in Scheiben) in Butter anrösten und mit Boskop-Äpfeln vermischen und mit Apfelmus servieren
Vogelheu: Wie Apfelrösti, nur am Schluss noch etwas aufgeschlagene Eier mit Rahm vermischt darunter geben und kurz weiterbraten. Passt ausgezeichnet mit etwas Salat.
Text www.herberthuber.ch
Fotos iStock & www.pixelio.de
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