Berliner Philharmoniker 2 Berliner Philharmoniker | Kirill Petrenko, 29.8.2024, besucht von Léonard Wüst

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Dirigent Kirill Petrenko Foto Monika Rittershaus

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

Vineta Sareika-Völkner 1. Konzertmeisterin an diesem Abend

 

Besetzung und Programm:
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko
Bedřich Smetana (1824–1884)
Má vlastMein Vaterland»). Ein Zyklus Sinfonischer Dichtungen

Man schrieb das Jahr 1965 als Frère Felix, Laienbruder im „Institut catholique des jeunes gens“ in Neuchâtel unser Interesse an klassischer Musik wecken wollte und uns (120 Schüler im Alter von 15/16 Jahren) dazu eines nachmittags im Refektorium versammelte. Er erläuterte uns, dass Komponisten manchmal mit ihrer Musik eine Geschichte erzählen wollen, er habe zur Erläuterung das Werk „Ma Vlast“ („Mein Vaterland“) des böhmischen Komponisten Bedřich Smetana ausgesucht bei dem dies besonders eindrücklich zu hören sei. Darauf postierte er ein grosses Grammophon auf dem Pult, zog eine Langspielplatte geheimnisvoll aus der Hülle, uns dazu erklärend, dass der Komponist u.a. den Weg der Moldau schildere, von Geschichten, die sich an deren Ufern abspielen und zwar von ihrer Quelle in Elbwiese im Krkonoše (Riesengebirge), zum Erreichen der goldenen Stadt Prag und schlussendlich bis zu ihrer Einmündung in die Elbe. Dann legte er die Platte auf den Plattenteller setzte die Nadel auf den Anfang und schon ertönten sanfte Harfenklänge.

Bravo und ein Grand merci Frère Felix – Ziel erreicht

Grammophon Symbolbild

Frère Felix hat sein Ziel, zumindest bei mir, erreicht, ab da galt mein Interesse nicht mehr nur dem Rock n Roll, Freddy Quinn oder Johnny Hallyday. Bis heute begleitet mich diese sinfonische Dichtung und auch ich benutze sie gerne, um jemandem, mit ähnlichen Worten wie damals der Neuenburger Frère, Klassik zu erklären. Erstaunlicherweise kennen die meisten diese schon, oder zumindest teilweise, meist natürlich «Die Moldau» https://youtu.be/bWcoNzKRnrw?t=16

“Die Komposition schildert den Lauf der Moldau, angefangen bei den beiden kleinen Quellen, der kalten und der warmen Moldau, über die Vereinigung der beiden Bächlein zu einem Fluss, den Lauf der Moldau durch Wälder und Fluren, durch Landschaften, wo gerade eine Bauernhochzeit gefeiert wird, beim nächtlichen Mondschein tanzen die Nymphen ihren Reigen. Auf den nahen Felsen ragen stolze Burgen, Schlösser und Ruinen empor. Die Moldau wirbelt in den St.-Johann-Stromschnellen; im breiten Zug fließt sie weiter gegen Prag, am Vyšehrad vorbei, und in majestätischem Lauf entschwindet sie in der Ferne schließlich in der Elbe.”

Ein episches Meisterwerk – Smetanas „Má Vlast“

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

Bedřich Smetanas Zyklus „Má Vlast“ („Mein Vaterland“) ist ein tief emotionales Werk, das die Schönheit und den Geist der tschechischen Heimat einfängt. In der Interpretation der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Kirill Petrenko erstrahlt dieses Werk in neuem Glanz. Petrenkos tiefes Verständnis der musikalischen Struktur und sein feines Gespür für die nationalen und emotionalen Nuancen machen diese Aufführung zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.

Ein majestätischer Beginn: „Vyšehrad“

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

Der Zyklus beginnt mit „Vyšehrad“, einem Stück, das die majestätische Burg Vyšehrad, ein Symbol tschechischer Geschichte, musikalisch darstellt. Das Berliner Renommierorchester unter Petrenkos Leitung lässt das Thema mit großartiger Pracht und Klarheit erblühen. Der sanfte, aber kraftvolle Einsatz der Harfe, der die Klänge der Lautenspieler am Hofe Vyšehrads nachahmt, wird zu einem faszinierenden Klangteppich, der sich durch das gesamte Stück zieht. Petrenko gelingt es, die Spannung langsam aufzubauen, um in einem erhabenen Schlussakkord zu gipfeln, der die Pracht des tschechischen Kulturerbes eindrucksvoll verkörpert.

„Die Moldau“ – ein Fluss aus Klang und Emotionen

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

„Die Moldau“ ist zweifellos das bekannteste Stück des Zyklus und stellt den Verlauf des Flusses Vltava (Moldau) von seiner Quelle bis zur Mündung in die Elbe dar. Unter Petrenko entfaltet sich die Moldau in schimmernden Wellen von Klang. Die Klarheit der Streicher und das sanfte Fließen der Holzbläser fangen die Bewegung des Wassers perfekt ein. Petrenkos präzise Dirigierkunst bringt die dramatischen Kontraste des Werkes zum Ausdruck, vom sanften Plätschern des Wassers bis zu den kraftvollen Stromschnellen. Das Orchester zeichnet ein lebendiges Bild der tschechischen Landschaft, das sowohl sinnlich als auch emotional tief bewegend ist.

 

 

 

„Šárka“ – Ein Drama in Klang

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

„Šárka“ erzählt die Legende der gleichnamigen Kriegerin und ist das dramatischste Stück im Zyklus. Der Dirigent und die Berliner Philharmoniker meistern die scharfen Kontraste und das wilde, kriegerische Temperament dieses Stücks mit beeindruckender Präzision. Die dramatische Erzählung von Verrat und Rache wird durch die dynamischen und oft überraschenden Wechsel in der Musik eindrucksvoll verdeutlicht. Petrenkos Kontrolle über das Orchester ermöglicht es, diese dramatische Geschichte klar und intensiv zu präsentieren, sodass die Zuhörer mitten ins Geschehen gezogen werden.

Ein triumphaler Abschluss: „Blaník“

Lucerne Festival: Sommer-Festival 2024 | 29.08.2024 | Berliner Philharmoniker 2| Dirigent Kirill Petrenko | Copyright: Manuela Jans/ Lucerne Festival

Der Zyklus endet mit „Blaník“, das die Legende der Ritter von Blaník musikalisch beschreibt, die eines Tages erwachen und Böhmen retten sollen. Die Berliner Philharmoniker unter Petrenko bringen dieses Stück mit einem triumphalen und optimistischen Ton zu einem fulminanten Abschluss. Die festliche Atmosphäre wird durch das brillante Spiel der Blechbläser und die dichte Orchestrierung verstärkt. Petrenko gelingt es, den Geist des Sieges und der Hoffnung, der in diesem Werk steckt, auf packende Weise zu vermitteln.

Fazit: Ein bewegendes musikalisches Erlebnis

Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker haben mit ihrer Interpretation von Smetanas „Má Vlast“ ein bemerkenswertes musikalisches Erlebnis geschaffen. Die Tiefe des Ausdrucks und die technische Brillanz des Orchesters bringen die Schönheit und den Geist der tschechischen Heimat Smetanas mit beeindruckender Intensität zum Ausdruck.Das Auditorium geizte denn auch nicht mit langanhaltendem Schlussapplaus, veredelt mit einigen Bravorufen.

Kleine Bemerkung am Rande

Daishin Kashimoto 1. Konzertmeister am Vorabend Foto A. Savin

An diesem Abend nahm die 1986 geborene Lettin Vineta Sareika- Völkner den Platz der 1. Konzertmeisterin ein. (Seit 2023 als erste Frau in dieser Position in der 142jährigen Geschichte des Orchesters). Am Vorabend, bei Bruckers 5. Sinfonie sass da der, seit 2009 in dieser Position agierende, 1979 in London geborene japanische 1. Konzertmeister Daishin Kashimoto. Außergewöhnlich auch, dass die Berliner mit dem 1984 geborenen US-Amerikaner Noah Bendix-Balgley gar noch einen dritten1. Konzertmeister haben.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Priska Ketterer, Manuela Jans, Peter Fischli und Patrick Hürlimann  www.lucernefestival.ch

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