Kanton erinnert ans Jahrhunderthochwasser von 2005

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Beim Perlenwehr staute sich 2005 das Wasser und viel Schwemmholz

Im August 2005 verursachten tagelange Starkniederschläge ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser: Flüsse und Seen traten über die Ufer, Hänge rutschten. Stark betroffen waren die Gebiete entlang der Reuss und Kleinen Emme. Dort entstanden Schäden von über 345 Millionen Franken an Gebäuden und Infrastrukturen. Seither haben Bund, Kantone und Gemeinden massiv in Hochwasserschutz, Prävention und die Strukturen des Bevölkerungsschutzes investiert. Nun schaut der Kanton Luzern zurück auf das Jahrhundertereignis und zieht nach 20 Jahren eine Zwischenbilanz.

Am 21. und 22. August 2005 führten sintflutartige Regenfälle zu massiven Überschwemmungen und Erdrutschen in der Zentralschweiz. Innerhalb von 48 Stunden fielen örtlich über 100 Millimeter Niederschlag. Flüsse traten über die Ufer, ganze Dörfer wurden überflutet und waren teils tagelang abgeschnitten. Die Einsatzkräfte evakuierten Menschen mit Gummibooten und verbauten unzählige Sandsäcke zum Schutz von Gebäuden und Infrastrukturen. Zwei Feuerwehrleute verloren im Entlebuch ihr Leben. Der Gesamtschaden belief sich auf rund 590 Millionen Franken – über 345 Millionen allein im Gebiet der Reuss und Kleinen Emme.

Die Zusammenarbeit aller Partnerorganisationen – von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst bis hin zum Zivilschutz, den Gemeindeführungsstäben und den Naturgefahrberatenden – hat sich als zentrale Stärke im Ereignisfall herausgestellt. «Die Geschehnisse von damals haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich die Verantwortlichen kennen und eingespielt sind», sagt Regierungsrätin Ylfete Fanaj, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartementes. Regierungsrat Fabian Peter, Vorsteher des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements, schliesst sich an: «Um künftig Schäden zu verhindern oder zumindest zu minimieren, müssen wir alle an einem Strang ziehen – Kanton, Gemeinden, Einsatzkräfte, Unternehmen und Privatpersonen.»

Zahlreiche Hochwasserschutzprojekte umgesetzt und aufgegleist
Bund, Kantone und Gemeinden waren sich nach dem Jahrhunderthochwasser 2005 einig: Menschen, Infrastruktur, Tier- und Umwelt sollen so gut wie möglich geschützt werden. Im Kanton Luzern legte 2006 ein Planungsbericht den Grundstein für die Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekte im Reusstal und entlang der Kleinen Emme. «Wir sind im Bereich Hochwasserschutz noch nicht am Ziel, haben aber die Weichen richtig gestellt und verschiedene Projekte auf den Weg gebracht oder abgeschlossen», hält Regierungsrat Fabian Peter fest. So wurde 2011 das Reusswehr für rund 23 Millionen Franken saniert und für die Zukunft fit gemacht. Bei der Kleinen Emme wurden durch verschiedenen Hochwasserschutzmassnahmen bis heute insgesamt rund 95 Millionen Franken verbaut.

Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekte werden auch aufgrund des fortschreitenden Klimawandels immer wichtiger. Zentral ist die optimale Massnahmenkombination, um Schäden in Zukunft zu minimieren. Aktuelle Projekte werden im Massnahmenprogramm Naturgefahren für die Jahre 2025 bis 2028 unter Berücksichtigung des Risikos und den zur Verfügung stehenden Mitteln langfristig geplant. Im aktuellen Massnahmenprogramm sind insgesamt rund 100 Projekte enthalten. Darunter auch weitere Projekte, um den Hochwasserschutz und an der Kleinen Emme und an der Reuss zu verbessern und die Gewässer ökologisch aufzuwerten. Aktuell ist die Baubewilligung des Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekts Reuss vor Bundesgericht hängig. «Mit jedem Jahr steigt das Risiko. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch dieses Projekt so schnell wie möglich umsetzen können», betont Regierungsrat Fabian Peter.

Erkenntnisse aus vergangenen Ereignissen gewinnen
Seit dem Jahrhunderthochwasser von 2005 wurden auch die Strukturen und Abläufe im Bereich des Bevölkerungsschutzes gezielt weiterentwickelt. Die gemeinsame Aus- und Weiterbildung hat an Bedeutung gewonnen: Katastropheneinsatzleitende sowie Mitglieder der Gemeindeführungsstäbe absolvieren regelmässig gemeinsame Übungen. Erkenntnisse aus realen Ereignissen, wie etwa aus dem Erdrutsch in Vitznau im letzten Jahr, oder die Gesamtnotfallübung Kernkraftwerk Gösgen, fliessen direkt in die Weiterentwicklung ein. Die Alarmierung des gesamten Kantonalen Führungsstabes KFS – inklusive Regierungsrat – wird heute viermal jährlich getestet. Die 2019 eingeführte kantonale Gefährdungs- und Risikoanalyse KATAPLAN schafft zudem einen verbindlichen Rahmen, um Massnahmen systematisch umzusetzen. Einige Gemeinden verfügen über kommunale Gefährdungs- und Risikoanalysen, einige sind in Planung. «Um Defizite zu minimieren, arbeiten wir daran, dass alle Gemeinden über dieses wichtige Instrument der Vorsorgeplanung verfügen», führt Regierungsrätin Ylfete Fanaj an.

Die Veränderungen zeigen sich auch im Zivilschutz: 2005 leistete er unverzichtbare Hilfe beim Auspumpen, Aufräumen, Einrichten von Notunterkünften und in der Betreuung der evakuierten Personen. Heute ist er durch eine Regionalisierung, neue Führungsstrukturen und gezielte Ausbildung deutlich professioneller aufgestellt. Dank schnellerer Alarmierung und verbesserter Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern ist die Einsatzbereitschaft markant gestiegen. Zudem wurde eine flächendeckende Notfallplanung der Feuerwehren aufgebaut. Sie trainieren regelmässig mit den Fachleuten der Abteilung Naturgefahren der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur. Diese stehen über einen eigens geschaffenen Pikettdienst im Ereignisfall als direkte Ansprechpersonen zur Verfügung und leisten vor Ort fachliche Unterstützung.

Gefahrenkarte für die Siedlungsgebiete
Der Hochwasserschutz wird primär durch den Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen gewährleistet. Mit dem Gewässerunterhalt sollen die Gewässer, Bauten und Anlagen so unterhalten werden, dass sie ihre Funktionen stets erfüllen. Dafür tragen auch die Gemeinden eine wichtige Verantwortung. Die risikoorientierte Raumplanung sowie das naturgefahrengerechte Bauen tragen entscheidend zur nachhaltigen Steuerung der Hochwasserrisiken bei. Erst dort, wo diese Massnahmen nicht ausreichen, werden wasserbauliche Massnahmen getroffen. Zu einem umfassenden Hochwasserschutz gehören weitere Massnahmen: So haben beispielsweise in den letzten Jahren die Gemeinden für ihre Siedlungsgebiete eine Gefahrenkarte erstellt.

 


Strategiereferenz
Diese Massnahme dient der Umsetzung der politischen Schwerpunkte im Bereich
– Ökologisierung
gemäss Kantonsstrategie


Anhang
Bild 1: Der Reusszopf wurde im Zuge von Hochwasserschutz-Massnahmen auch ökologisch aufgewertet.
Bild 2: Beim Perlenwehr staute sich 2005 das Wasser und viel Schwemmholz.
Bild 3: Bei Ettisbühl (Malters) überschwemmte die Kleine Emme 2005 das Umland.