PNIMA … INS INNERE
Kammeroper in drei Szenen von Chaya Czernowin
Nach David Grossman
Ohne Sprache
Koproduktion mit LUCERNE FESTIVAL
Schweizer Erstaufführung
PREMIERE: Donnerstag, 29. August 2013, 19.30 Uhr
BESETZUNG
Christian Baus, Flurin Caduff, Szymon Chojnacki, Stefanie Erni, Johanna Greulich, Ha Young Lee
Luzerner Sinfonieorchester
PRODUKTIONSTEAM
David Hermann (Inszenierung), Howard Arman (Musikalische Leitung), Magdalena Gut (Bühne und Kostüme), Gérard Cleven (Licht), Christian Kipper (Dramaturgie)
Das Luzerner Theater eröffnet die neue Spielzeit mit der Kammeroper «Pnima» – das hebräische Wort für deutsch: «Ins Innere» – von Chaya Czernowin. Die Produktion entsteht in Zusammenarbeit mit LUCERNE FESTIVAL, wo die israelische Komponistin in diesem Sommer als «composer in residence» gastiert. Der deutsche Regisseur David Hermann bringt damit bereits seine vierte Inszenierung auf die Bühne des Luzerner Theaters. Einleitend findet jeweils eine Werkbetrachtung auf der Bühne durch den Musikdirektor Howard Arman statt.
In Anlehnung an den experimentellen Roman «Stichwort: Liebe» von David Grossman beleuchtet Chaya Czernowin mit «Pnima» die Hilflosigkeit späterer Generationen beim Umgang mit den Erfahrungen der Holocaust-Überlebenden. Czernowin nutzt sechs Soloinstrumente, ein Streichorchester und Schlagwerk, aber auch elektronische Zuspielungen, um mit einem Mix aus gestisch verdichteten Klängen und Geräuschen ein musikalisches Psychogramm der Verdrängung zu kreieren. Dabei kommt sie zur Verdeutlichung der Sprachlosigkeit ganz ohne Worte und Handlung aus, da sich die vier Gesangssolisten ausschliesslich in Lauten artikulieren. So entsteht dank der breiten Ausdruckspalette ein akustischer Schicksalsraum, angefüllt mit schmerzvollen Geschichten, die um das Phänomen traumatischer Lebenserfahrungen kreisen.
Der Regisseur David Hermann und die Ausstatterin Magdalena Gut nehmen bei Ihrer Inszenierung den Titel der Kammeroper ganz wörtlich. Im Rahmen einer Art Installation als Paraphrase wissenschaftlicher Geschichtsanalyse zeigen sie das Bemühen des Menschen, das Leben vergangener Generationen zu erforschen und zu verstehen. Mit Akribie arbeitet sich das Personal sozusagen «ins Innere» der eigenen Historie. Dabei wird deutlich: Das Wesentliche jener Existenzen lässt sich kaum begreifen, gleichwohl besitzt die Vergangenheit eine ebenso starke wie rätselhafte Lebendigkeit in jeder Gegenwart.
EXTRA: David Hermann im Gespräch mit Dr. Christian Kipper
Chaya Czernowin erwähnt in dem Vorwort zu ihrer Oper «Pnima» den Roman «Stichwort: Liebe» von David Grossman als Referenz. Gleichwohl liegt ihrem Werk kein Libretto zu Grunde. Es gibt Sänger, aber keine Sprache. Kann man von einer Handlung ausgehen?
In dem Roman geht es um einen Jungen, dessen Grossvater den Holocaust überlebt hat, der über dieses Trauma aber nicht sprechen kann. Der Junge möchte verstehen, was geschehen ist, aber der Grossvater ist nicht in der Lage, mit ihm zu kommunizieren, worauf der Junge sich ein völlig eigenes und merkwürdiges Bild entwirft. Chaya Czernowin legt ihr Stück in drei Abschnitten an, die zu den verschiedenen Situationen zwischen Grossvater und Jungen korrespondieren, ein Nebeneinander, ein Aufeinanderzugehen und ein sich Verlieren. Dennoch ist es Chaya Czernowin sehr wichtig, dass man sich als Regieteam von der Romanvorlage befreien kann und eine eigene Sicht auf ihr Werk entwirft.
«Pnima» ist ausdrücklich eine Kammeroper und kein Konzertstück. Ohne Worte bleibt Ausdruck im Diffusen. Wie konkret ist das Werk?
Das Stück kommt zwar ohne semantische Sprache aus, aber es ist hochexpressiv und plastisch. Denn gerade in einer deformierten Sprache hört man genauer hin und glaubt hier und dort etwas zu verstehen, einen Ausruf, eine Frage, Heiterkeit, Aggression. Man hört sich in diese Sprache hinein und übersetzt die emotionalen Affekte dann für sich selbst, ein toller Vorgang, jeder hört und versteht etwas anderes.
Wie könnte man die Musik beschreiben?
Die Musik hat einen sehr theatralischen Charakter, sie spricht, schreit, lacht und ist voll von Schmerz. Ich würde sagen, dass sie so voll von Ausdruck ist, dass sie keinen Text braucht.
Das komplette Interview unter: http://www.luzernertheater.ch/pnima
Alle Vorstellungen
(jeweils 19.30 Uhr): 29. August | 1. | 2. | 4. | 6.| 8. September 2013
Alle Biografien finden Sie ab sofort unter: http://www.luzernertheater.ch