Zeitzeichen“ ist eine Reihe von Veranstaltungen mit interessanten Persönlichkeiten, die über zeitaktuelle Fragen aufklären soll. Gerne werden wir Sie regelmässig zu solchen Veranstaltungen einladen.
Franken oder Euro: Braucht Europa nationale Währungsräume? Die Herausforderungen der Eurokrise für die Schweiz
Podiumsteilnehmer:
– Dr. Christoph Blocher, Nationalrat SVP, alt Bundesrat, Unternehmer
Dr. oec. Serge Gaillard, Direktor Eidgenössische Finanzverwaltung
–
Christa Markwalder, Nationalrätin FDP, Präsidentin Neue Europäische Bewegung Schweiz
PD Dr. Tobias Straumann, Wirtschaftshistoriker Universität Zürich
Bericht:
Das zweite Podium der Veranstaltungsreihe „Zeitzeichen“ (Wir arbeiten für Geld ohne Gewähr, Franken oder Euro?) in Nottwil versprach, durch die Auswahl der Teilnehmer, noch interessanter zu werden als das erste dieser Art vom 13. September 2013 in Sursee. Zum Thema „Zeit und Geld“ waren damals ausschliesslich Wirtschaftsfachleute geladen. Diesmal waren mit Christa Markwalder, Nationalrätin FDP, Europabefürworterin (Präsidentin Neue Europäische Bewegung Schweiz) und Christoph Blocher, Nationalrat SVP, alt Bundesrat, Unternehmer und Europaskeptiker, auch Vertreter der Classe Politique zugegen, in interessanter Konstellation mit dem ehemaligen Gewerkschafter und heutigem Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung Serge Gaillard, sowie dem Wirtschaftshistoriker an der Universität Zürich Professor Tobias Straumann. Nach der Begrüssung durch den Moderator Dr. Philipp Gut, Inlandredaktor der Weltwoche und einer kurzen allgemeinen Erläuterung von Gastgeber Ivo Muri, dass es keine funktionierende Demokratie gibt, ohne lokalen Handel und lokale Währung. Dann gab es von allen Podiumsteilnehmern kurze Statements zum Thema Geld (vor allem betreffend Eurokrise). Philipp Gut verstand es ausgezeichnet, die Diskussion unauffällig, aber beharrlich in die gewünschten Bahnen zu lenken. Grossmehrheitlich sprach man sich für die EU als solche aus, der EURO wurde als das grosse Problem gesehen. Man könne jetzt nicht viel anderes tun als einfach abzuwarten, es sei ja der EU bis jetzt auch gelungen (wenn meistens auch erst im allerletzten Moment), das Aus für den EURO zu verhindern, dies mit riesigen finanziellem Aufwand für die Nordstaaten der Gemeinschaft. Wir, die Schweiz als Nicht EU Mitglied, können darauf sowieso, und wenn, dann nur sehr beschränkt, Einfluss nehmen.
So bemerke Christoph Blocher etwa der EURO sei eine intellektuelle Fehlgeburt, die einzelnen Länder seien zu verschieden in Bezug auf Leistung, Mentalität, Qualifikation usw. Zudem könne eine allfällige Inflation sowieso nur mit einer eigenen Währung beeinflusst werden.
Die Schaffung einer Schweizer Einheitswährung (des heutigen Schweizer Franken) habe zum Beispiel länger gedauert als die Schaffung des Bundesstaates (seit 1848) anstelle des früheren Staatenbundes.
Ivo Muri brachte auch noch Argumente von Wirtschaftskapazitäten in die Diskussion ein, z.B. zuerst nicht die Wirtschaften, sondern die Kulturen verbinden usw.
Christoph Blocher bemerkte, dass es den Ländern aufgrund des EURO schlechter gehe, da nicht alle Regionen die gleiche Wertschöpfung erbringen und rief dann auch noch die einstmals aufgestellten Konvergenz – Kriterien für den Beitritt zur gemeinsamen Währung in Erinnerung (Zitat Helmut Kohl): Maximale Verschuldung in Bezug zum Bruttosozialprodukt 60%, höchstens 3% Inflation und 3% jährliches Defizit.
Tobias Straumann erwähnte auch noch den Delorsbericht von 1989 Währungsfusion gehe nur zusammen mit Bankenfusion. Diese Feststellung scheint sich nun doch in voller Auswirkung und Einfluss zu bestätigen. Die Bürger Griechenlands zum Beispiel würden durch den unausweichlichen Verkauf von Staatseigentum (Flughäfen, Bahnen, Seehäfen usw.) faktisch enteignet, so Ivo Muri. Was im Moment vor allem in den südlichen EURO Ländern passiert, muss zwangsläufig von den wirtschaftlich stärkeren nördlichen EURO Ländern finanziell abgesichert werden. Darüber herrschte in der Gesprächsrunde grossmehrheitlich Übereinstimmung, mit Ausnahmen in gewissen Details. So hatte denn Christa Markwalder als Vertreterin der „Euroturbos“ keinen leichten Stand und kam auch nicht so häufig zu Wort, wie sie sich das vielleicht erhofft hatte. Diese komplexen Themen werden die Europäer, als auch die Schweizer noch länger beschäftigen, als ihnen lieb ist, was auch diese interessante, aber auch nicht weiter klärende Veranstaltung einmal mehr gezeigt hat. Eine einfache, schnelle Lösung ist auch in naher Ferne nicht in Sicht und ein gordischer Knoten, den man einfach durchschneiden könnte, liegt auch auf keinem Verhandlungstisch herum, ja es ist nicht mal sicher, ob sich die verschiedenen involvierten Partner auf das geeignete Messer einigen könnten, um allenfalls den Knoten doch noch zu durchtrennen, so es ihn denn gäbe.
Fotogalerie des Podiumsgesprächs von Petra Kaufmann, Zeit AG
Nächster Termin der Veranstaltungsreihe Zeitzeichen schon am 15. Januar 2014, Details in Bälde hier bei uns oder direkt auf der Homepage der www.zeitag.ch
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Petra Kaufmann, Zeit AG, Sursee