Luzern (ots) – Anfangs Dezember geht die archäologische Ausgrabung im Chorherrenstift Beromünster zu Ende. Die untersuchte Fläche unmittelbar beim Chor der 1000-jährigen Stiftskirche hat eine beeindruckende Dichte an Befunden erbracht und liefert einen Einblick in die frühe Entwicklung dieses kulturhistorischen Brennpunkts der Luzerner Landschaft. Die meisten aufgedeckten Strukturen sind älter als die Stiftskirche.
Defekte Wasserleitungen machten Bauarbeiten unmittelbar beim Chor der Stiftskirche St. Michael nötig. Da bereits vor Baubeginn klar war, dass durch die Bodeneingriffe archäologische Befunde zerstört würden, wurde eine Untersuchung der betroffenen Fläche in Angriff genommen.
Das bedeutende Chorherrenstift St. Michael in Beromünster ist ein geschichtlicher und kulturhistorischer Brennpunkt von nationaler Bedeutung. Die Forschung geht davon aus, dass das Stift zwischen 920 und 980 n. Chr. entstanden ist. Die erste Anlage ist um das Jahr 1036 zu Gunsten der heute noch bestehenden Stiftskirche abgetragen worden. Unter den gegebenen Voraussetzungen war zu erwarten, dass mit der Grabung ins Hochmittelalter zurückgeblickt werden kann. Überraschend ist nun, dass die fast 1000-jährige Stiftskirche zu den jüngsten angetroffenen Elementen gehört: Die meisten der aufgedeckten Strukturen fallen in die Zeit vor dem Bau der 1036 erneuerten Stiftskirche.
Gräber weisen auf bislang kaum bekannte Stiftsanlage hin
Freigelegt werden konnten zahlreiche Bestattungen eines ausgedehnten Friedhofs aus dem ersten Jahrtausend n. Chr. Die gut erhaltenen Gräber weisen auf die erste, deutlich vor dem Jahr 1000 bestehende Stiftsanlage hin, zu welcher ansonsten bisher kaum Spuren bekannt sind. An privilegierter Lage wurden hier Frauen, Männer und auch Kleinkinder bestattet. Anthropologische Untersuchungen der Gebeine, welche Aussagen zu Lebensweise und sozialem Status der Toten liefern können, stehen derzeit noch aus.
Die Grabung lässt auch die frühe bauliche Entwicklung des Stifts neu beurteilen: Während der Nutzung des genannten Friedhofs wurde eine mächtige Umfassungsmauer errichtet, welche den Hügel gleichzeitig terrassierte. Die Breite des Mauerzugs von 1.50 Metern weist auf eine hoch aufragende Ummauerung hin, welche der Vorgängeranlage des heutigen Stifts Schutz bot. Diese Anlage erfuhr eine Erweiterung noch vor dem ca. 1036 erfolgten Bau der heutigen Stiftskirche: Die Mauer wurde niedergelegt, die Stiftsterrasse vergrössert und der Friedhof ausgedehnt. Spätestens beim Bau der Stiftskirche wurde der Friedhof aufgegeben.
Besiedlung bereits zur Römerzeit
Neben diesen Ergebnissen liefert die Grabung zahlreiche weitere Hinweise auf die Geschichte des Stiftshügels. So konnte ein bisher unbekanntes spätmittelalterliches Gebäude nachgewiesen werden. Streufunde belegen eine Besiedlung der Umgebung bereits in römischer Zeit. Fragmente bemalten Wandverputzes, die wahrscheinlich zur um 1036 abgebrochenen Vorgängerkirche gehören, werden einen Einblick in die Ausstattung dieser verschwundenen Anlage erlauben. Zudem werden naturwissenschaftliche Datierungen helfen, den bisher unbekannten Gründungszeitpunkt des Stifts näher einzugrenzen.
Die nun zu Ende gehende archäologische Untersuchung war nur möglich durch die Finanzierung aus einem Teil des vom Kantonsrat gesprochenen Nachtragskredits von insgesamt Fr. 300’000.-. Mangels personeller Kapazitäten der Kantonsarchäologie wird die Grabung durch die auf archäologische Dienstleistungen spezialisierte Firma ProSpect GmbH, Aarau, ausgeführt.
Fotos
Fotos stehen auf der Homepage der Kantonsarchäologie zur Verfügung: www.da.lu.ch