Mehr als 200 Spezialisten für Herzrhythmusstörungen aus der ganzen Welt trafen sich am Wochenende in Berlin, um sich hier über die neuesten Entwicklungen bei der Behandlung gefährlicher Rhythmusstörungen der Herzkammern auszutauschen. Das hochkarätig besetzte „EURO VT/VF-Meeting“ hat sich in den fünf Jahren seines Bestehens zu einer globalen Denkfabrik (Think Tank) entwickelt, in der die weltweit führenden Experten dieser hochkomplexen medizinischen Spezialdisziplin ihre Erfahrungen zusammentragen und gemeinsam neue und künftige Behandlungsmethoden bewerten und weiter entwickeln.
In diesem Jahr sorgten eine ganze Reihe neuer Entwicklungen und Erkenntnisse für Aufsehen in der Fachwelt – von winzigen Schrittmachern, die direkt in der Herzkammer verankert werden und ganz ohne fehlerträchtige Elektroden auskommen, über neue Erkenntnisse zur Rolle des vegetativen Nervensystems bei Rhythmusstörungen und daraus resultierenden Behandlungsoptionen bis hin zu einem Paradigmenwechsel, was Leistungssport bei schweren Herzrhythmusstörungen angeht: Bedeuteten die bislang gültigen amerikanischen und europäischen Empfehlungen für Leistungssportler mit häufigen Rhythmusstörungen ein nahezu vollständiges Sport- und Wettkampfverbot, plädieren führende Experten aufgrund neuer Erfahrungen inzwischen für eine differenzierte Betrachtung des einzelnen Sportlers, die in den allermeisten Fällen ein weiteres Sporttreiben erlaubt.
Für ein Umdenken in der Fachwelt gaben auch brandneue Studienergebnisse Anlass, die auf dem Kongress vorgestellt wurden. So zeigt die sogenannte IN-TIME-Studie eine überraschende lebensverlängernde Wirkung der telemedizinischen Überwachung von Herzschwäche-Patienten mit Defibrillatoren, während die Echo-CRT-Studie eine Behandlung von gefährlichen Kammerrhythmusstörungen bei Patienten mit schmalem QRS-Komplex durch spezielle Schrittmacher (CRT-System) als nicht nur nutzlos sondern sogar gefährlich entlarvte. Die Auswertung der Daten eines großen dänischen Registers zeigte, dass die Bedeutung der Erfahrung und Routine der Ärzte beim Einbau von Herzschrittmachern und Defibrillatoren bislang weit unterschätzt wurde. Auf dem Kongress betonten die Experten, dass man mindestens 50 solche Geräte pro Jahr implantieren müsse, um die nötige Routine zu entwickeln. Ein vor rund 100 Jahren entwickeltes Behandlungsverfahren feierte bei dem Kongress eine überraschende Renaissance – allerdings in modernisierter, minimal invasiver Form: Die Beeinflussung des vegetativen Nervensystems durch einen chirurgischen Eingriff.
Hintergrund dafür ist die Rolle des vegetativen Nervensystems bei der Entstehung von Herzrhythmusstörungen. Neben schon bekannten Verfahren präsentierten die Experten hier auch eine überraschende Wirkung der bisher vor allem zur Therapie des hohen Blutdruckes eingesetzten Nierenarteriendenervation: Sie kann auch bei der Behandlung von Rhythmusstörungen der Herzkammern hilfreich sein!
Zahlreiche weitere Vorträge beschäftigten sich mit der Perfektionierung verschiedener Therapieverfahren und der Vermeidung von Infektionen bei Schrittmachereingriffen und anderen Komplikationen bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch Katheterablation im Bereich der Herzkammern.
Mehr zum 5. EURO VT/VF Meeting 2013: www.euro-vtvf.eu