Berlin (ots) – Die CDU hat sich einmal mehr als das präsentiert, was sie nicht erst unter der Führung Angela Merkels ist: eine Kanzler-, Pardon, eine Kanzlerinnenpartei. Und für die ist auch das typisch: In Abwesenheit von „Mutti“ wird gemurrt, auch geklagt. Doch wenn’s zum Schwur kommt wie am Montag bei der Abstimmung über den Koalitionsvertrag, ist alles vergessen, das Ergebnis so widerspruchslos wie einst im Ostteil unserer Stadt.
Koalitionen sind Kompromissveranstaltungen. Das gilt auch für den Wahlsieger CDU/CSU, den klar stärkeren Partner. Wenn aber eine große Koalition quasi „alternativlos“ ist, deshalb einerseits Kröten wie der Mindestlohn und die vorgezogene Rente mit 63 geschluckt werden müssen, andererseits eigene Forderungen wie die Abflachung der kalten Steuerprogression mit der SPD nicht durchzusetzen waren, hätte es der Partei gutgetan, aus dem Mund der Kanzlerin mehr als nur politisches Klein-Klein zu hören.
Eine große Koalition, wie sie sich nach wie vor abzeichnet, muss sich angesichts ihrer Mehrheit eigentlich zu mehr verabreden, als das Land in den nächsten vier Jahren nur gut zu verwalten und hier und da ein paar inhaltliche Korrekturen zum Wohle der jeweils eigenen Wählerklientel zu beschließen. Das nämlich ist zu wenig. Wenn sich CDU, CSU und SPD auf kein gemeinsames großes politisches Reformprojekt haben einigen können oder wollen – beispielsweise im weiten Bereich der Bildung oder der föderalen Struktur -, hätte die Parteichefin den vielen gequälten CDU-Seelen zumindest mit ein paar Gedanken zum Selbstverständnis der Partei, deren Werten und ihrer Erwartung am Ende der nächsten vier Jahre Erleichterung verschaffen können. Angela Merkel hielt es nicht für nötig.
Eine Partei lebt nicht allein von kalter Machtpolitik. Sie hält auch ein paar Prinzipien zusammen. In der CDU beschränken sich die seit Jahren auf einen Namen: auf den der Chefin. Sie allein garantiert das Weiterregieren. Und zu regieren ist seit Adenauer Teil des Selbstverständnisses der CDU. Deshalb folgt sie ihren Kanzlern wie Kanzlerinnen fast willenlos. Früher oder später auch ins Lager der Grünen, wohin Merkel schon nach dieser Wahl lieber marschiert wäre, hätten die Grünen nur die Tür geöffnet. Dies war denn auch die einzig zukunftsweisende Aussage Merkels.