Traditionelles Chrienser Fasnachts – Brauchtum (Folge-Nr. 2)
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In dieser Folge werden die wichtigsten Chrienser Fasnachts-Gestalten beschrieben. Über die Herkunft der Chrienser Fasnachtfiguren ist man sich unter den Lokalhistorikern nicht ganz einig.
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Aber lesen Sie selbst …
Vorwort der Red. zur Galli-Zunft
Die Beschreibung der traditionellen Chriensermasken stammt aus der Zunftchronik von 1922-1997 der Galli-Zunft Kriens. Diese Jubiläumsschrift wurde anlässlich des 75jährigen Bestehens der Galli-Zunft Kriens veröffentlicht.
In den Gründer-Statuten der Galli -Zunft Kriens vom 22. Februar 1922 steht an vorderster Stelle die Hebung und Pflege des eigenartigen Krienser Maskenlebens. Dies hat sich eigentlich in der Zunft, welche sich immer als «politisch neutrale Vereinigung von Personen und Vereinen» präsentierte, bis heute nicht geändert. Im Laufe der Zeit engagierte sich die Galli-Zunft Kriens aber nicht nur an der Fasnacht, wie es die ersten Statuten vorsahen, denn heute verpflichten sich die Zünftler, wie in den späteren Stauten auch vermerkt, das gesamte herkömmliche Brauchtum in der Gemeinde Kriens zu pflegen und zu unterstützen. Somit ist die Galli-Zunft wesentlich mitverantwortlich dafür, dass in Kriens das Brauchtum noch so vielfältig vorhanden ist.
Chrienser Deckel
Einerseits könnte der Deckel wegen seines rottannenen Rindendeckels ein typischer Waldgeist zum Vertreiben des Winters sein, andererseits stammt die meistzitierte Version vom Soldaten aus der napoleonischen Zeit des Franzoseneinfalls in die Innerschweiz am Ende des 18. Jahrhunderts, bei welchem die Trikolore-Soldaten (blauer Mantel, weisses Hemd und weisse Hosen, rotes Gilet, Halstuch und Zipfelmütze) Angst und Schrecken verbreiteten.
Die damaligen grossen Einquartierungen der Soldaten (auch im Sonderbundskrieg 1847) waren bei der Bevölkerung nicht beliebt und haben sicher Spuren hinterlassen. So wäre es auch möglich, dass sich diese Figur mit der Zeit zu einer Kombination von Waldgeist und Soldat entwickelt hat, weil vor 1910 auf Bildern noch keine Rindendeckel zu finden sind. Die früher eher hellen Schreckmasken (Muur- und Hübelimasken) sind heute dunkel mit engstehenden, weit aufgerissenen Augen, spitzem Kinn, und die wulstigen Lippen geben die Zähne frei. Am ca. 80 cm -120 cm langen Deckel aus speziell behandelter Baumrinde, welcher auf einem schwarzen Hut mit rotem Band getragen wird, sind am Ende Hanf- oder Flachssträhnen angebracht. Rotweisse Zotten oder Sackfransen zieren die Hosenstösse und heute werden Militärschuhe getragen (früher trug man auch Wadenbinden oder Stoffgamaschen). Als Waffe trägt er einen Holzknüppel, mit dem er sich, zusammen mit seinem «gefürchigen» Gurren, den nötigen Respekt verschafft. Leider sind sie wegen ihres meterlangen Deckels etwas rar geworden und daher vor allem in den Wirtschaften kaum anzutreffen.
Chrienser Buuremaa
Fast könnte man den Krienser-Deckel mit dem Buuremaa verwechseln. Ihm fehlen allerdings der Deckel und der lange Mantel.
Dafür trägt er einen breitrandigen Schlappfilzhut mit eingenähten Hanfsträhnen, und die Schultern und den Rücken ziert zum Schutz gegen Nässe und Kälte ein Tierfell. Der Name Buuremaa hat sich erst im Zusammenhang mit dem Buurewiib einige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg eingebürgert. Früher nannte man diese Figur auch Deckel. Seine Maske verliert gegenüber dem Deckel etwas an Schrecken.
Chrienser Buure- und Bärnerwiib
Am meisten umstritten ist wohl die Herkunft dieser Frauenfiguren. Die Version vom Buurewiib hat mit dem Vertreiben der bösen Geister zu tun. Man trat als Widersacher der Geister verkleidet auf, und um die Irreführung zu vervollständigen, verkleideten sich Männer als Frauen. Das Buurewiib wäre demnach eine eigene Figur mit einfachen, alten Frauentrachten und einer Schreckmaske.
Die Herkunft des Bärnerwiibes soll bis in die Reformation zurückreichen. Die in die Innerschweiz eingewanderten katholischen Berner Bauernfamilien hinterliessen Trachten, welche später als Fasnachtskleider dienten. Die meistverbreitete Herkunftsversion des Bärnerwiibes geht aber auch auf den Franzoseneinfall zurück. Kriegstruppen kamen von Bern über das Renggloch nach Kriens, und die mitziehenden Marketenderinnen lebten vom Warenverkauf und von der Prostitution. So kann einerseits die schöne Tracht des Bärnerwiibes, und andererseits das aufreizende Heben des Rockes sowie das lockende, langgezogene „Rrrrrr“ erklärt werden. Auch diese Fasnachtsfigur hat sich im Laufe der Zeit angepasst und heute gehören zu diesem schwarzen, nicht ganz knöchellangen Rock mit angenähtem Mieder, welches mit einer Kordel zusammengehalten wird, die unten am Rock eingenähten Streifen in den Krienser Farben (gelb, rot, grün), die weisse Bluse mit den Puffärmeln, weisse Spitzenunterwäsche (Rock und Hose), weisse Strümpfe, Haube, Göllerketten, Schürze, weisse armlange Handschuhe, Handtäschchen und Schirm. An der Haube hängen zwei Flachszöpfe mit eingeflochtenen roten oder schwarzen Bändern.
Bild: Chrienser Bärnerwiib – Maske: R. Bucher
An den Füssen werden je nach Witterung dunkle Trachtenhalbschuhe, Halbschuhe oder leichte hohe Schuhe angezogen. Die Schürze, der Brustlatz, die Kordel, die Schuhmasche und der Schirm sind heute alle in derselben Farbe gehalten (rot, grün oder gelb). Früher war es vor allem die Schreckmaske, doch heute wird oft auch die freundliche und verschmitzte Holzmaske getragen.
Chrienser Wöschwiib
Wegen seiner Einfachheit ist das Wöschwiib heute am meisten verbreitet. Herkunft und Wesensart dieser Figur sind unbestritten. Die Krienser Frauen haben den Luzerner Herrschaften die Wäsche besorgt und dabei auch sehr viele Neuigkeiten und Gerüchte nach Kriens gebracht. Dieser Klatsch und das ganze Drumherum werden heute mit allerlei „Wöschete“ nachgeahmt.
Bild: Chrienser Wöschwiib – Maske: F. Kunkler
Die „ursprünglichen Wöschwiiber“ trugen schwarze Kopftücher sowie dunkle Röcke und eine Schürze, welche beim Waschen mit Klammern hoch geschürzt wurden. Ein bunter Unterrock durfte nicht fehlen. Das verschieden gemusterte Oberteil war bunt und farbig. Erst seit jenem Auftritt als „Dienstmeitli“ 1939 am Familienabend der Turnerinnenriege hat sich das heutige Wöschwiib, das rot- oder seltenere blauweisse Kölsch- Kostüm mit der weissen Schürze sowie dem weissen Unterrock und -hose eingebürgert. Getragen werden weissrot gestreifte Strümpfe und hohe Schuhe sowie armlange weisse Handschuhe. Den Kopf zieren ein rotweisses Tuch und ein rotes Halstuch. Das mitgetragene Holzwaschbrett ist durch ein Zinkwaschbrett abgelöst worden und die Holzmaske zeigt ein bauernschlaues und bisweilen schalkhaft lachendes Gesicht. Im Gegensatz zum Deckel und Bärnerwiib wird akzeptiert, dass auch Frauen unter den Wöschwiiberkostümen anzutreffen sind.
Andere Charakterfiguren
Die urtümliche Bauernfasnacht lebt aber auch noch von vielen anderen typischen Krienser Figuren, die durch ihren Namen ihre Herkunft anzeigen und immer mit den schönen, ureigenen Holz-Charaktermasken anzutreffen sind:
Heubeeriwiib, Chrüterwiib, Eierrösi, de Alti, di Alte, Güggelipeter, Chorber, Muuser, Holzer, Gütterlidokter, Beckibüezer, Husierer, Doppelditti, Chessiflicker, s’Horri (alte Jungfer), Chrütermandli, Chlauebutzer, etc.
Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers, Jürg Studer, Gallivater 1995, Kriens
Quelle: Zunftchronik 1922 – 1997 der Gallizunft Kriens (Verfasser: Jürg Studer, Kriens)
Die Zunftchronik 1922 – 1997 kann beim Chronist bestellt werden. chronist(at)gallizunft.ch
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