Zürich (ots) – Das Nein zur Mindestlohn-Initiative ist eine Absage einerseits an eine staatliche Lohnpolitik, anderseits an die Politisierung der Sozialpartnerschaft. Das Anliegen der Gewerkschaften, faire Löhne für alle, muss mit anderen Instrumenten erreicht werden. Es braucht eine Revision des Mitwirkungsgesetzes, mehr Gesamtarbeitsverträge und starke Arbeitnehmerverbände
Faire Löhne für alle – das war das Ziel der Mindestlohn-Initiative. Die Angestellten Schweiz nehmen das Nein zur Initiative der Gewerkschaften mit Genugtuung zur Kenntnis. Das Abstimmungsresultat drückt klar aus, dass die Stimmbürger keine Politisierung der Sozialpartnerschaft wünschen.
Mit der heutigen Absage an eine staatlich verordnete Lohnpolitik ist das Ziel dieser Initiative aber nicht vom Tisch. Wer in der Schweiz arbeitet, hat das Anrecht auf einen seinen Fähigkeiten entsprechenden, fairen Lohn. Die tiefen Löhne in gewissen Branchen sind schlicht eine Frechheit. Doch auch die mittleren Löhne sind durch die Personenfreizügigkeit unter Druck geraten.
Aus Sicht der Angestellten Schweiz braucht es in erster Linie eine Revision des Mitwirkungsgesetzes. Dies mit dem Ziel, die Position der Arbeitnehmenden in wichtigen betrieblichen Prozessen zu stärken, z. B. bei der Ausgestaltung der Lohnsysteme.
Weiter stellen wir fest, dass die GAV-Abdeckung in der Schweiz immer noch zu gering ist. Es braucht dringend Gegensteuer. Viel kann mit der Senkung der Hürden für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von GAV erreicht werden. Die Kunst der Regulierung besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Angestellten und dem Bedürfnis der Arbeitgeber nach Flexibilität zu finden.
Schliesslich müssen sich die Arbeitnehmerverbände wieder vermehrt auf ihr Kerngeschäft konzentrieren: die Mitgliederbasis stärken und ihre Anliegen über die Sozialpartnerschaft durchsetzen – nicht über flächendeckende, staatliche Regulierung.
„Unsere Mitglieder zahlen uns ihre Beiträge, damit der Verband ihre Interessen direkt vertritt. Als Arbeitnehmerorganisation sind wir froh, dass wir nicht von der Politik diktierte Löhne durchsetzten müssen“ sagt Stefan Studer, Geschäftsführer der Angestellten Schweiz. „Vielmehr können wir uns über unser bewährtes System zur Lohnfindung weiterhin als starken Sozialpartner in die Lohnverhandlungen einbringen.“