Besetzung:
Mahler Chamber Orchestra
Leif Ove Andsnes Klavier und Musikalische Leitung
Programm:
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73
Vorabinformation:
Bis Ende 2015 ist Leif Ove Andsnes noch auf Beethovens Spuren unterwegs und führt alle fünf Klavierkonzerte des Komponisten in zehn verschiedenen Ländern auf. Für den norwegischen Pianisten bringt diese «Beethoven Journey» manch neue Erkenntnis mit sich. «Ich empfinde Beethovens Musik als zutiefst menschlich und durchgeistigt zugleich», schildert Andsnes seine Eindrücke. «Als ich noch ein Student war, hat mich vor allem die Energie und die revolutionäre Kraft dieser Werke beeindruckt. Aber inzwischen habe ich noch viel mehr entdeckt: ihren Humor, ihre Lebendigkeit, ihre Vielseitigkeit. Man weiss nie, was einen an der nächsten Ecke erwartet.» Einen Glücksfall stellt dabei die Zusammenarbeit mit dem Mahler Chamber Orchestra dar, wie das Magazin Gramophone erkannt hat: «Das ist eine Partnerschaft, die sich durch sehr viel mehr auszeichnet als nur durch hervorragendes Spiel. Man spürt, wie hier Musik gemeinsam entdeckt und gelebt wird.» Andsnes und das Mahler Chamber Orchestra boten vorab in Luzern ein Seminar für schwerhörige/gehörlose Kinder und Jugendliche, dabei konnten die Teilnehmer die Instrumente ertasten, intensiv anschauen und berühren, also Musik, in diesem Falle Beethoven ertasten, erahnen, Schwingungen hautnah erspüren, mit den Orchestermitgliedern kommunizieren und sogar dirigieren. Ein kurzer Trailer des Schweizer Fernsehens über dieses ungewöhnliche Projekt am Ende des Artikels.
Renzension:
Festivalintendant Michael Häfliger persönlich begrüsste die Besucher und hiess im Besonderen die ebenfalls anwesenden Teilnehmer des Schwerhörigenprojektes, also die mitwirkenden Kinder und Jugendlichen willkommen. Dazu erläuterte und demonstrierte Häfliger wie Hörbehinderte „applaudieren“, nämlich indem sie ihre erhobenen Hände heftig schütteln, ein Ritual, das alle andern an diesem Konzert im Laufe des Abends des Öfteren spontan ebenfalls übernahmen. Derart gut eingestimmt und informiert, wurden das Orchester und der Solist, der in diesem besonderen Fall gleichzeitig auch als Dirigent/Leiter agierte, mit grossem Applaus, respektive kräftigem Händeschütteln empfangen.
Mit kurzen präzisen, schnörkellosen Gesten, vor dem Flügel stehend, führte Andsnes das Orchester in Beethovens Klavierkonzert Nr. 1, setzte sich dann für seinen Einsatz hin und fügte sich fast unauffällig in das musikalische Gebilde, setzte die Harmonien, absolvierte die spannenden Läufe irgendwie losgelöst schwerelos, setzte den oft grimmigen, bärbeissigen Beethoven liebevoll, ja fast zärtlich in Szene, akzentuierte dessen Spott und Ironie auf charmante, neckische Art und liess ihn dadurch auch menschlicher erscheinen, als er oft wahrgenommen wird aufgrund seiner pompösen, manchmal düsteren und mächtigen Sinfonien. Das Publikum überhäufte die Künstler mit stürmischem Applaus und begab sich gutgelaunt in die Pause.
Danach wurde das Klavierkonzert Nr. 5, allein schon von der Tonart her interessanter, dargeboten. Hier betonte Andsnes seinen Solistenpart etwas deutlicher als im ersten Konzertteil ohne aber deshalb dominant zu wirken, er war bloss ein bisschen weniger unauffällig. Das Konzert war eine „Ode an die Freude“, geschrieben vom überzeugenden norwegischen Protagonisten unterstützt vom gewohnt souveränen Orchester. Das sahen auch die Anwesenden, ob hörbehindert oder nicht so und handschüttelten/applaudierten die Künstler noch zu ein paar kleinen Zugaben.
Orchester spielt Beethoven für gehörlose Kinder (Trailer über das Projekt: Quelle SRF)
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: www.lucernefestival.ch
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