Programm:
Franz Schubert (1797-1828)
Anton Webern (1883-1945)
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Bereits im Jahre 2006 erhielt Martin Helmchen (Geboren: 1982 in Berlin) den ebenso renommierten wie begehrten Credit Suisse Young Artist Award. Dass er nicht gedenkt, sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen zeigte sein Rezital im gutbesetzten Konzertsaal im KKL in Luzern anlässlich des diesjährigen Festivals am Piano. (Auf die Auswirkungen eines solchen Preises angesprochen, sagt Helmchen in einem Interview: „Ohne so wichtige Einschnitte oder Momente, die karrieretechnisch einen starken Anstoss geben, geht es nicht. Ich glaube aber nicht, dass solche Preise für die eigene künstlerische Entwicklung wegweisend sind. Ich hätte mich ohne diese Preise künstlerisch, ästhetisch kaum anders entwickelt. Da habe ich immer versucht, relativ unabhängig von Erwartungen oder Marktsituationen zu sein. Ich habe bei grösseren Konzerten keine anderen Stücke gewählt oder mich anders ausgerichtet.“)
Der fulminante Auftakt mit Mozarts 12 Variationen über Ah, vous dirai-je, Maman KV 265 (300e), „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ versprach, dank einer spitzbübischen Interpretation, einen interessanten, genussvollen Abend. Schuberts Impromptu B – Dur Variationen hinterliessen bei mir nicht den gleich nachhaltigen Eindruck wie die darauffolgenden Variationen für Klavier des Schönbergschülers Anton Webern. Ein toller erster Konzertteil den die Anwesenden mit stürmischem Applaus würdigten. Nach der Pause Beethoven, 33 Veränderungen über einen Walzer, die genialen Diabelli Variationen. Die können auch diabolisch sein. Helmchen erhob sich nach Variation 1, „alla marcia maestosa“ mit der Bemerkung, dass dieses Werk eine grosse Herausforderung, nicht nur für den Pianisten und das Publikum darstelle, sondern auch für das Material. Das sehe man grad jetzt, da schon nach der ersten Variation eine Saite gerissen sei und der Klavierstimmer sich der Sache annehmen werde. Dieser erschien dann auch unverzüglich, begutachtete das Ganze an und ordnete daraufhin an, das Instrument auszutauschen. Natürlich passiert so ein Malheur äusserst selten, aber bei einem Festival dieser Klasse wie in Luzern ist man selbstredend gewappnet und hat immer einen Ersatzflügel in einem Nebenraum bereit, der, äusserst wichtig, selbstverständlich vor dem Konzert auch genau gleich gestimmt wird, wie das sich auf der Bühne befindliche Exemplar. Nach kurzen zwölf Minuten setzte Helmchen sich wieder auf den Schemel und spielte bei Variation 2 weiter, als ob nichts passiert wäre. Helmchen schenkte den angespannten, gebannt lauschenden Konzertbesuchern einen Höhepunkt nach dem andern, bis alle 33 Variationen interpretiert waren und der Künstler entspannt die Schultern sinken liess, kurze fast ehrfürchtige Ruhe, gefolgt von tosendem Applaus, der solange anhielt, bis der Protagonist eine Zugabe gewährte in Form des Klassikers „Für Elise“, dies natürlich in Helmchenscher Variation.
Martin Helmchen, ja, er lebte Beethoven und so erlebte auch der begeisterte Zuhörer Beethoven. Zweifellos ein Glanzpunkt des diesjährigen Festivals.
www.irenehubschmid.ch http://beatricewuest.ch/ Paul Ott:www.literatur.li