Bern (ots) – Die herkömmliche Stadt- und Agglomerationsdefinition ist an Grenzen gestossen. Es ist deshalb verständlich, dass das Bundesamt für Statistik BFS neu definiert, was eine Stadt und was eine Agglomeration ist. Die neue Definition ist präziser, die neuen Begrifflichkeiten erschweren aber die Verständlichkeit. Zudem ist zu klären, wann und wie die neue Definition in die gesetzliche Praxis einfliesst.
Was ist eine Stadt, was ist eine Agglomeration? Heute gilt eine Gemeinde mit mehr als 10’000 Einwohnerinnen und Einwohnern als Stadt; eine Agglomeration wird u.a. dadurch definiert, dass damit ein Gebiet von mehreren Gemeinden bezeichnet wird, welche eng verbunden sind und gemeinsam mindestens 20’000 Einwohnerinnen und Einwohner zählen. Weil die bisherige Definition immer mehr an Grenzen stiess, stellte das Bundesamt für Statistik BFS heute eine neue statistische Definition für die Städte, die Agglomerationen und die städtisch geprägten Räume in der Schweiz vor.
Neu zählt die Schweiz 162 statistische Städte
Die neue Definition zeigt, dass 84 Prozent der Schweizer Bevölkerung in Städten und städtisch geprägten Gemeinden leben. In den eigentlichen Agglomerationen sind es 5,9 Millionen Menschen oder 73 Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der statistischen Städte steigt von heute 145 (gemäss 10’000er-Definition) auf neu 162. Die statistische Definition der Stadt basiert im Wesentlichen auf den Kriterien der Dichte und Anzahl von Einwohnern, Beschäftigten und Logiernächten.
Die neue Stadt- und Agglomerations-Definition bildet den zunehmend städtischen Charakter der Schweiz präziser ab, als dies die bisherige Definition tat. Allerdings ist die Definition mitunter kompliziert und verwendet Begriffe, die an Zungenbrecher erinnern. Für den Städteverband ist es nicht verständlich, dass das BFS in der neuen Definition Begriffe verwendet, die vielleicht wissenschaftlichen Kriterien entsprechen mögen, aber ein einheitliches Verständnis erschweren.
Notwendige Klärung der Rechtswirkung der neuen Definition
Wie das BFS festhält, entfaltet die neue Agglomerationsdefinition zwar keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Indirekt könnte dies aber dennoch der Fall sein, so beispielsweise beim Gesetz über die Verwendung der Mineralölsteuer, das die Mitfinanzierung des Bundes an den Agglomerationsprogrammen regelt. Der Schweizerische Städteverband fordert mit Nachdruck, dass für die aktuelle, dritte Generation der Agglomerationsprogramme die bisherige Definition gilt – schon alleine aus Gründen der Rechtssicherheit.
Falls die rechtlichen Grundlagen für die Agglomerationsprogramme mittelfristig an die neue Definition angepasst werden, darf dies nicht dazu führen, dass Städte und städtische Gemeinden, die nicht mehr zu einer Agglomeration gezählt werden, ihren Anspruch auf Gelder aus dem Infrastrukturfonds und dem künftigen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF verlieren. Als Kerngemeinden mit einer Zentrumsfunktion sind sie weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert, die eine Unterstützung des Bundes bei Verkehrsvorhaben rechtfertigen.
Zusatz-Informationen
Wann eine Stadt eine Stadt ist, lässt sich je nach Kontext unterschiedlich beantworten. In einer historischen Perspektive können sich jene Orte als Stadt bezeichnen, welche über ein historisches Stadt oder Marktrecht verfügen. Manche dieser historischen Städte zählen heute deutlich weniger als 10’000 Einwohner. Die bisher verwendete statistische Definition bezeichnete eine Gemeinde mit mehr als 10’000 Einwohnerinnen und Einwohnern als Stadt. Die demografische Entwicklung und Fusionen haben dazu beigetragen, dass das BFS die Stadt im statistischen Sinn neu definiert hat. Mitunter wird auch die Existenz eines Gemeindeparlaments als Kriterium für eine Stadt bezeichnet. Von den Städten und städtischen Gemeinden, die in der Statistik der Schweizer Städte verzeichnet sind, haben 109 Städte ein Parlament.
Der Schweizerische Städteverband, der die Interessen und Anliegen der Städte und städtischen Gemeinden in der Schweiz vertritt, definiert in seinen Statuten die Aufnahmekriterien wie folgt: «Jede schweizerische Gemeinde, die infolge ihrer Tradition oder ihrer Entwicklung städtischen Charakter aufweist, kann Mitglied des Schweizerischen Städteverbandes werden. Kantonshauptorte und Gemeinden mit mehr als 5’000 Einwohnern gelten als Gemeinden mit städtischem Charakter.»