Neue Studie der Kieler Universität zeigt die weltweit am stärksten gefährdeten Ballungsgebiete an den Küsten: In Asien und Afrika könnten bis zum Jahre 2060 bis zu 359 Milliarden Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels in Form von Meeresspiegelanstieg und damit häufiger einhergehenden extremen Überflutungsereignissen bedroht sein. Zu diesem Ergebnis kommen Küstenforscherinnen und -forscher vom Geographischen Institut an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit Kollegen der Universität Southampton in Großbritannien in einer aktuellen Studie.
Die Küsten hatten schon immer eine besondere Anziehungskraft auf den Menschen. Reich an fruchtbaren Flächen, sind sie der Ausgangspunkt für weltweiten Handel und Fischerei, für Tourismus und dienen als Raum für Erholung. Die Küsten gehören weltweit zu den am dichtesten besiedelten Regionen. Milliarden Menschen leben dort auf engstem Raum, insbesondere in Asien und Nordafrika. Die Mehrzahl der Groß- und Megastädte liegen nah am Wasser, und die Besiedelung und Industrialisierung der Küstenregionen hält unvermindert an. Heute lebt schon über zehn Prozent der gesamten Weltbevölkerung, rund 625 Millionen Menschen, in niedriggelegenen Gebieten, 30 Prozent davon im direkten Überflutungsbereich von extremen Sturmflutereignissen. Die dort lebende Bevölkerung ist besonders gefährdet, wenn der Meeresspiegel steigt oder Sturmfluten auf Städte und Siedlungen treffen.
In Asien und Afrika könnten bis zum Jahre 2060 bis zu 359 Milliarden Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels in Form von Meeresspiegelanstieg und damit häufiger einhergehenden extremen Überflutungsereignissen bedroht sein. Zu diesem Ergebnis kommen Küstenforscherinnen und -forscher vom Geographischen Institut an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit Kollegen der Universität Southampton in Großbritannien in einer aktuellen Studie, die im online-Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlicht wurde. Die auf verschiedenen Wachstumsszenarien basierenden Prognosen weisen dabei auf eine mögliche Verdoppelung der Bevölkerung in den untersuchten Küstenregionen von weltweit 189 Millionen im Jahr 2000 auf 316 bis 411 Millionen im Jahr 2060 hin.
Doch wie viele Menschen in welchen Regionen auf der Welt sind genau von den Folgen des Klimawandels betroffen? Und welche Folgen ergeben sich daraus für politische Planungen und Anpassungsstrategien? In ihrer Studie haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst auf die Küstenregionen in der Welt konzentriert, die maximal zehn Meter über dem Meeresspiegel liegen – sogenannte Low-elevation Coastal Zones (LECZ). Zusätzlich zu dieser weithin anerkannten Metrik, die häufig zur Abgrenzung von küstennahen Gebieten verwendet wird, wurde ermittelt, wie viele Menschen durch Wasserstände 100-jährlicher Sturmflutereignisse gefährdet sein könnten. In vier unterschiedlichen Szenarien haben die Forscherinnen und Forscher Bevölkerungswachstum, fortschreitende Besiedelung und Meeresspiegelanstieg für die Jahre 2030 und 2060 für diese beiden Größen – niedriggelegene Küstenzonen und 100-jährliche Sturmflutereignisse – berücksichtigt und die jeweils betroffenen Bevölkerungsanteile analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass selbst bei moderatem weltweiten Bevölkerungswachstum die meisten Küstenbewohnerinnen und -bewohner in Asien leben werden – vor allem in China, Bangladesch, Indonesien, Vietnam und Indien – und die Zahl der von Meeresspiegelanstieg und damit einhergehenden Überflutungen betroffenen Menschen von bereits 137 Millionen im Jahr 2000 auf 232 bis 310 Millionen im Jahr 2060 ansteigen könnte. Der afrikanische Kontinent, insbesondere Staaten in West- und Ostafrika, wird demgegenüber die höchste Rate an Verstädterung und Urbanisierung erleben und damit den höchsten Bevölkerungszuwachs an den Küsten.
„Die Ergebnisse zeigen uns, welche Regionen und Länder das höchste Gefährdungspotenzial in Bezug auf Meeresspiegelanstieg und damit auch auf Überflutungsrisiken haben“, sagt Erstautorin Dr. Barbara Neumann vom Geographischen Institut an der CAU und Postdoktorandin im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“. Gleichzeitig sind diese Regionen auch die Gebiete, für die belastbare Planungen unmittelbar notwendig werden, um Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu entwickeln.
„Unglücklicherweise gehört ein Großteil der Küstenregionen, die zukünftig am stärksten wachsen werden, zu den ärmsten der Welt“, so Neumann weiter. „Katastrophen an den Küsten, bedingt durch den Klimawandel, werden daher auch viele Menschen treffen, die sich weniger gegen die Auswirkungen schützen und darauf vorbereiten können.“
Die Studie ist im Rahmen der Forschung in der Arbeitsgruppe „Meeresspiegelanstieg und Küstengefährdung“ am Geographischen Institut an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entstanden. Forschungsgebiete sind die Folgen des Meeresspiegelanstiegs für Küstenräume, die Erstellung von Schadenspotenzialanalysen, Küstenanpassung und nachhaltige Entwicklung von Küstenräumen. Die Themen sind darüber hinaus auch Teil der Forschung im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“.
(idw) / Bild: Barbara Neumann