Auf dem Saturnmond Enceladus gibt es vermutlich hydrothermale Aktivität, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Trabant an manchen Stellen geeignete Umweltbedingungen für lebende Organismen bietet. Das zeigen neue Datenauswertungen der europäisch-amerikanischen Cassini-Huygens-Mission, an der Wissenschaftler der Universitäten Heidelberg und Stuttgart beteiligt sind. Die Forscher sehen mikroskopisch kleine Gesteinskörner, die in der Nähe des Saturns nachgewiesen wurden, als erste klare Anhaltspunkte für eine hydrothermale Aktivität auf einem eisbedeckten Mond. Dabei dringt Meerwasser in die Gesteinskruste ein und reagiert damit, so dass es beim Austritt eine heiße, mit Mineralen angereicherte Lösung bildet. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.
Die 1997 gestartete Cassini-Huygens-Mission zur wissenschaftlichen Untersuchung des Gasplaneten Saturn und seiner Monde ist ein gemeinsames Projekt der NASA, der ESA und der italienischen Weltraumbehörde ASI, das die Raumsonde Cassini und die Atmosphärensonde Huygens umfasst. 2005 konnte die Mission mit dem Nachweis von Wassereis-Fontänen erstmals geologische Aktivität auf Enceladus zeigen. 2014 veröffentlichte Untersuchungsergebnisse zum Gravitationsfeld des Enceladus legen nahe, dass es auf dem Mond einen 10.000 Meter tiefen Ozean gibt, der von einer 30 bis 40 Kilometer dicken Eiskruste bedeckt wird. Die aktuellen Erkenntnisse sind Ergebnis einer umfangreichen vierjährigen Analyse von Daten der Raumsonde sowie Computersimulationen und Laborexperimenten. Cassini hatte wiederholt sehr kleine Gesteinspartikel entdeckt, die stark siliziumhaltig waren und in derselben Entfernung wie Enceladus um den Saturn kreisten.
In einem Ausschlussverfahren ermittelten die Forscher, dass es sich bei diesen Partikeln um Siliziumdioxid-Körner handeln muss, die auf der Erde in Sand und dem Mineral Quarz vorkommen. Die immer gleiche Größe dieser Körner – die größten waren etwa sechs bis neun Nanometer groß – gab den entscheidenden Hinweis, dass ein bestimmter Prozess dafür verantwortlich sein könnte: Auf der Erde bilden sich Siliziumdioxid-Körner dieser Größe meist durch hydrothermale Aktivität unter einer Reihe von bestimmten Bedingungen, nämlich dann, wenn leicht alkalisches Wasser mit nur mäßigem Salzgehalt, das zugleich mit Siliziumdioxid übersättigt ist, einem großen Temperaturgefälle ausgesetzt ist. „Wir haben methodisch nach anderen Erklärungen für die winzigen Siliziumdioxid-Körnchen gesucht, aber jedes neue Ergebnis war ein Hinweis auf einen einzigen, sehr wahrscheinlichen Ursprung“, erklärt Dr. Frank Postberg, der Zweitautor der Studie ist. Er forscht und lehrt am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg und am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart.
So ermittelten die Wissenschaftler, dass sich die Körnchen sehr wahrscheinlich dann formen, wenn heißes Wasser mit gelösten Mineralen aus dem felsigen Inneren des Mondes nach oben wandert und dort in Kontakt mit kälterem Wasser kommt. Für diese Wechselwirkungen, aus denen dann winzige Steinkörnchen entstehen, werden Temperaturen von mindestens 90 Grad Celsius benötigt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Bedingungen auf dem Meeresboden von Enceladus herrschen, wo heißes Wasser aus dem Inneren auf das relativ kalte Wasser des Ozeanbodens trifft. „Es ist sehr aufregend, dass diese winzigen Gesteinskörner, die von Geysiren ins All gespuckt wurden, uns etwas über die Bedingungen auf und unter dem Meeresboden eines eisbedeckten Mondes erzählen können“, sagt Erstautor Dr. Sean Hsu von der University of Colorado in Boulder (USA), der am Institut für Geowissenschaften der Ruperto Carola promoviert wurde. Die extrem kleine Größe der Siliziumdioxid-Partikel legt zudem nahe, dass sie von ihrem hdydrothermalen Ursprung relativ schnell nach oben nahe an die Oberfläche zu den Quellen der Geysire des Mondes wandern. Die Strecke vom Meeresboden bis ins Weltall, eine Distanz von etwa 50 Kilometern, durchqueren die Körnchen in einer Zeit von einigen Monaten bis einigen Jahren, andernfalls würden sie deutlich größer werden.
Die Cassini-Huygens-Mission startete am 15. Oktober 1997 und erreichte den Saturn nach knapp siebenjährigem Flug. In Deutschland beteiligen sich an dieser Mission das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institute der Max-Planck-Gesellschaft, mehrere Universitäten sowie die deutsche Raumfahrtindustrie. Die Wissenschaftsplanung und der Missionsbetrieb werden am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart von Dr. Ralf Srama koordiniert.
(idw) / Bild: NASA/JPL-Caltech