Programm und Besetzung:
Lucerne Festival Academy Orchestra, Pablo Heras-Casado, Dirigent, Isabelle Faust , Solistin Violine
Béla Bartók (1881-1945) Der wunderbare Mandarin Sz 73 Konzertfassung
Karol Szymanowski (1882-1937) Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 op. 35
Edgar Varèse (1883-1965) Amériques. Zweite Fassung von 1927
Rezension:
Eines ist immer schon im Voraus klar, wenn man an ein Konzert geht, das vom Lucerne Festival Academy Orchestra bestritten wird: Musikalischer Hochgenuss ist garantiert. Wenn dann auch noch die artiste étoile des diesjährigen Sommerfestivals, Isabella Faust mit ihrer Violine als Solistin dabei ist, kann man sich auf einen aussergewöhnlichen Abend freuen.
Zuerst genoss ich die sehr interessante Einführung: Pablo Heras-Casado im Gespräch mit Roland Wächter, in welcher der junge Dirigent, durchaus auch mal schalkhaft, von der Zusammenarbeit mit dem Orchester und seinen musikalischen Ansicht und Visionen im Allgemeinen erzählte. Nach einer kurzen Pause startete dann der erste Konzertteil mit Bela Bartoks wunderbarem Mandarin. (Die Uraufführung des Mandarins am 27. November 1926 in Köln löste, wegen der angeblich unmoralischen Handlung, einen Theaterskandal aus. Daraufhin verbot der damalige Kölner Oberbürgermeister und spätere erste Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer die weitere Aufführung des Werkes.
Aufgrund des Misserfolgs arbeitete Bartók das Werk 1928 zu einer Suite um, die ebenso, wie das vollständige Werk, in verschiedenen Einspielungen vorliegt). Und diesen Bartok fegte das Ensemble unter der engagierten Leitung des temperamentvollen spanischen Dirigenten durch den Saal. Akustische Grossstadtkulisse perfekt instrumentalisiert, kongenial umgesetzt durch die grossartig aufspielenden 130 jungen, hochbegabten Musiker, mit entsprechenden lautstarkem und langanhaltenden Applaus vom Publikum honoriert.
Es folgte der beeindruckende Auftritt von Isabella Faust.
Ihr Instrument ist eine Stradivari, die 150 Jahre nicht gespielt wurde, sehr aussergewöhnlich und auch etwas mysteriös. In sich versunken und verschmolzen mit ihrem Instrument spielte sie dann lyrisch, fast schmerzlich süss extrovertiert Szymanowskis 2.Violinkonzert, eine Darbietung, die vom Publikum heftig gefeiert wurde, was die Solistin in Form mit der Zugabe der Pastorale von Igor Strawinsky belohnte, in der überarbeiteten Version von 1933 für Violine, Oboe, Englischhorn, Klarinette und Fagott. Natürlich folgte wieder ein Applausorkan für die Solistin und ihre Mitmusiker.
Nach der Pause das voluminöse Werk des im Jahre 1915 aus Frankreich in die USA emigrierten Edgard Varèse, ursprünglich für ein Orchester von 150 Musikern, davon allein 19 Schlagzeuge geschrieben, bestückt auch mit Sirenen usw., die die Geräusche der neuen Welt wiedergeben sollten, wie der Komponist sie wahrnahm in seinem Wohngebiet in der Westside von New York. Es tönt nicht mehr wie die neuere Wiener Schule, aber auch nicht wie die spätere, amerikanische, des George Gershwin. Irgendwie kann man des Werk weder der einen noch der anderen Gattung zuordnen und um eine eigene zu begründen hat es schlicht zu wenig Substanz, schiere Grösse allein reicht nicht, obwohl Varèse in der New Yorker Musikszene sehr schnell Anerkennung gefunden hat und einen sehr guten Ruf genoss. Dennoch war der Applaus sehr heftig und langanhaltend, wohl eher dem grossartigen Orchester und dem magistralen Dirigat zugedacht, gleichzeitig demonstrierend, dass die zeitgenössische Musik in Luzern den ihr gebührenden Platz, die entsprechende Anerkennung gefunden hat und sehr goutiert wird. Quod erat demonstrandum.
Isabella Faust und ihre besondere Stradivari:
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: www.lucernefestival.ch
www.gabrielabucher.ch Paul Ott:www.literatur.li