Luzerner Sinfonieorchester, Musikalische Spätromantik, KKL Luzern, 8. Dezember 2016, besucht von Léonard Wüst

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 Kirill Gerstein, Solist am Klavier

Kirill Gerstein, Solist am Klavier

Besetzung und Programm:

Luzerner Sinfonieorchester James Gaffigan, Leitung  Kirill Gerstein, Klavier

Joseph Haydn (1732 – 1809)
Sinfonie Nr. 60 C-Dur «Il Distratto»

Ferruccio Busoni (1866 – 1924)
«Romanza e Scherzoso» f-Moll op. 54 für Klavier und Orchester

Richard Strauss (1864 – 1949)
Burleske d-Moll für Klavier und Orchester

Franz Schubert (1797 – 1828)
Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485

Rezension:

Für den Auftakt des Konzertes, hatte James Gaffigan die Sinfonie Nr. 60 von Joseph Haydn gewählt. Dabei handelt es sich ursprünglich um ein als Schauspielmusik geschriebenes Werk über einen zerstreuten Liebhaber, der seine eigene Hochzeit vergisst, also optimale Gelegenheit für den Dirigenten, auch sein komödiantisches, schauspielerisches Können aufzuzeigen, bestens unterstützt von seinen Mitmusikern. Das Publikum wusste denn auch diese pointierte, witzige Darbietung mit viel Applaus zu würdigen.

Dann wurde der Konzertflügel in die Mitte der Bühne gerollt, der Solist Kirill Gerstein betrat, in Begleitung des Dirigenten, die Szene. Musikalische Spätromantik, aber mit Mozartʼscher Leichtigkeit serviert – so hat sich Busoni sein subtil verspieltes, kleines Klavierkonzert «Romanza e Scherzoso» vorgestellt und der Solist am Piano, Kirill Gerstein, war gleicher Meinung und interpretierte dieses relativ kurze Werk auch dementsprechend. Busoni, enger Freund von u.a. Jean Sibelius, war zu seiner Zeit bekannter als Klaviervirtuose und Salonlöwe, denn als Komponist, ganz in der Tradition eines Franz Liszt, der ungefähr eine Generation vor ihm gelebt und gewirkt hatte. Deshalb wohl auch seine technisch äusserst fordernden Kompositionen, mit denen man natürlich als Pianist besonders brillierte und effektvolle Konzerte inszenieren konnte.

Solist Kirill Gerstein wurde 1979 Im russischen Woronesch geboren, begann seine Ausbildung im Alter von drei Jahren und wurde als 14-Jähriger an das Berklee College in Boston aufgenommen. Nach seinem Studienabschluss an der Manhattan School of Music bildete er sich bei Dmitri Bashkirov in Madrid und bei Ferenc Rados in Budapest weiter.

Weiter ging es im zweiten Konzertteil mit der Burleske für Klavier und Orchester von Richard Strauss.

Die von Strauss schon im Alter von 21 Jahren geschriebene Komposition ist technisch so schwierig, dass er für die Uraufführung durch Eugen d`Albert am 21. Juni 1890, auf dessen ausdrücklichen Wunsch, einige Kürzungen und Erleichterungen vornahm.

Zitat von Hans von Bülow, dem Strauss das Werk ursprünglich widmete: Das Werk ist unklaviermässig, für mich viel zu weitgriffig, bei jedem Takt eine andere Handstellung, glauben Sie, Strauss, ich setze mich vier Wochen hin, um so ein widerhaariges Stück zu studieren? All diese Herausforderungen schienen aber den Weltklasse Pianisten eher anzustacheln, denn zu beeindrucken, gar hemmen. Als wärs die leichteste Sache der Welt packte er die Sache an, entspannt, locker, dennoch hochkonzentriert. In absoluter Harmonie mit dem Orchester interpretierte er die Burleske fast nonchalant, selbstsicher, trotzdem mit der Fähigkeit,  der Komposition seinen ganz individuellen Ausdruck zu verleihen. Diese Massarbeit wurde vom Auditorium mit langanhaltendem, stürmischem Applaus belohnt, zur sichtlichen Freude des grossgewachsenen Künstlers. Nach dieser virtuosen Demonstration folgte zum Abschluss des Konzertes mit der Sinfonie Nr.5 eine der frühen Sinfonien von Franz Schubert, die Johannes Brahms mit folgender Bemerkung an den Verleger  für die Veröffentlichung autorisierte: „Ich meine, derartige Arbeiten oder Vorarbeiten sollten eigentlich nicht veröffentlicht werden“. Diese Einschätzung Brahms hat massgeblich zur anfänglichen Geringschätzung der Sinfonien Nr. 1 bis Nr. 6 beigetragen.

Mit dem virtuosen Vortragen eben dieser Sinfonie, strafte Das LSO unter souveräner Leitung von James Gaffigan diese Skeptiker Lügen und bewies einmal mehr, dass es zu den besten Klangkörpern  Europas gehört.

Das Publikum, im fast ausverkauften Konzertsaal,  feierte die Protagonisten denn auch mit wahren Applauskaskaden und beorderte damit Gaffigan zur wiederholten Rückkehr auf die Bühne. Dieser wiederum forderte die einzelnen Sektionen, Bläser, Schlagwerke usw. auf, sich zu erheben, um einen Sonderapplaus abzuholen. Einmal mehr ein eindrückliches Konzerterlebnis des ältesten Sinfonieorchesters der Schweiz, das  bereits im Jahre 1806 seine ersten Auftritte absolvierte.

 

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: sinfonieorchester.ch/home

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Dieser Beitrag wurde am von unter leitartikel und kolumnen von léonard wüst, musik/theater/ausstellungen, schweizweit veröffentlicht.

Über Leonard Wüst

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