Rezension:
Letzten Samstag erzählte das Kabarett-Duo Knuth und Tucek dem Surseer Publikum mit wortgewaltigen, bitterbösen, witzigen, beissenden, hochbrisanten Texten und Liedern von der finsteren Vergangenheit der Hexenverfolgung.
Es ist kurz nach sechs, der Lichttechniker richtet die Scheinwerfer, Nicole Knuth und Olga Tucek gehen auf der Bühne des Somehuus ein letztes Mal ihre Skripts durch. Hier wird noch etwas gestrichen, dort hervorgehoben. Ihre aktuelle Produktion «Hexen, ein Ritt auf dem Zaunpfahl» hat immer einen lokalen Bezug und ist somit bei jeder Aufführung anders. «Ist dir aufgefallen, dass dies unsere erste Aufführung ist, wo nur Frauen vorkommen?» sagt Olga zu Nicole «und sieben aufs Mal zur selben Zeit, das ist krass!». Dann beugt sie sich wieder über das Skript und murmelt «Soorsi, Surengasse, Münchrüti». Die Namen müssen sitzen.
In ihrem neuen Programm laufen die beiden Satirikerinnen einmal mehr zu absoluter Höchstform auf. Grundlage für ihre Texte sind historische Quellen. Davon gebe es in Sursee massenweise, erklärt Olga, die Kleinstadt sei mit 60 protokollierten Hexenprozessen überproportional gut vertreten, habe sich aber wohl damals mit Luzern messen müssen. Gleichzeitig informieren sich die zwei aber auch über lokale Gegebenheiten und bauen diese gekonnt ein. Daraus wird ein hochexplosiver Mix, der am Samstag auch das Somehuus-Publikum verzaubert – verhext – hat.
Verpackt wird das Ganze in eine aktuelle Geschichte: Die Studentin Mara wartet in Sursee auf ihre beiden Kollegen, mit welchen sie einen low budget Film drehen will für ihre Bachelor-Arbeit über die Hexenverfolgung in der Schweiz. Die beiden Jungs wollten Sursee über die «Bergroute» erreichen, sind aber vorübergehend mit ihren Bikes in Beromünster hängen geblieben. Also kundet Mara die «location» alleine aus. Dabei erscheint ihr immer öfter eine seltsame Gestalt, die sich als Agatha Müller entpuppt, eine der sieben Frauen, die 1625 als Hexen verurteilt und verbrannt wurden. Die Ebenen vermischen sich, Mara begibt sich auf eine Zeitreise und folgt Agatha in den Diebenturm zum Tanzen, zur Gerichtsverhandlung und schlussendlich zur Enthauptung und Verbrennung. Im Surseer Wald sucht sie danach den damaligen Tanzplatz der Hexen und trifft dort auf Alrauna und die «Weisen Frauen der Luzerner Landschaft». Diese channeln gerade ihr Mondritual und vereinen sich mit den aufgestiegenen Meisterinnen. Als moderne Hexen mit Geschäftsmodell unterlassen sie es aber nicht, gleichzeitig diverse Artikel aus ihrem Webshop anzupreisen.
Wie die beiden Kabarettistinnen Vergangenheit und Gegenwart verweben ist atemberaubend und sprachlich unglaublich dicht. Dass die Örtlichkeiten dabei bekannt sind, macht die Geschichte umso authentischer und beklemmender, man ist selber mitten drin. Dabei wird auch die heutige Kleinstadtidylle auf die Schippe genommen und lokale Gegebenheiten werden thematisiert, was teilweise sehr witzig daherkommt. Aber auch aktuelle, politisch brennende Themen werden angesprochen, schonungslos und wortgewaltig.
Eins ist sicher: Mit ihrer Scharfzüngigkeit, mit ihrer Art, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, anzuklagen, aufzuzeigen und zu enthüllen, hätten die beiden 1625 nicht überlebt. Heute sind sie verdientermassen Trägerinnen diverser Preise und nicht mehr wegzudenken aus der Schweizer Kleinkunstszene! Zwei Powerfrauen, die ihresgleichen suchen und am Samstag das Surseer Publikum restlos begeistert haben.
Knuth und Tucek sind mit ihrem Programm «Hurrah» am 8./9. und 11.3.17 in Neuenkirch zu sehen und mit dem Programm «Hexen» am 16.3.17 im Kleintheater Luzern, selbstverständlich in einer auf die Stadt Luzern gemünzten Version
Text: www.gabrielabucher.ch
Fotos: www.knuthundtucek.ch/ und www.somehuus.ch