Besetzung:
Tanz Luzerner Theater: Zach Enquist, Carlos Kerr Jr., Olivia Lecomte, Dor Mamalia, Sada Mamedova, Aurélie Robichon, Tom van de Ven, Andrea Thompson, Giovanni Insaudo, Sandra Salietti, Valeria Marangelli, Louis Steinmetz, Aurora Stretti
Rezension:
Hausgemachte Choreografien der Tänzerinnen und Tänzer, kurze Stücke unterschiedlichster Art über ganz persönliche Themen, ungewohnte Nähe zu Tänzerinnen und Tänzern, das ist Dancemakers, mittlerweile in der 9. Ausführung. «Sie zeigen unter einfachen Bedingungen ihre Arbeiten – nah, pur und mit viel Herzblut – Selfmade with love», beschreibt die Dramaturgin Selina Beghetto den Abend im Programmheft.
Es war ziemlich heiss und schwül im Südpol an der Premiere am vergangenen Freitag und es herrschte eine fast unnatürliche Stille im Raum, bedingt durch die Nähe der Bühne? Die beinahe greifbare Anspannung und Vorfreude seitens des Publikums und der Tänzerinnen und Tänzer auf die immer sehr persönlichen und speziellen Momente mit dem Ensemble «Tanz Luzerner Theater»?
Krimi in Endlosschlaufe
Die sieben Stücke waren wie erwartet unterschiedlichster Natur; verspielt, verrückt, entrückt, poetisch, hektisch. Humorvoll «Une petite soirée» von Zach Enquist, eine kurze Party-Krimi-Szene in Endlosschlaufe, mit jeder Wiederholung konzentrierter, schneller. Zwar eher Theater als Ballett, wobei nur Tänzer so elegant sterbend zu Boden gehen oder so unglaublich kraft- und leblos aus Sesseln gleiten können.
Danach zeigte sich, was Dancemakers auch noch ist. Tänzerinnen und Tänzer schieben Kulissen weg, kehren den Boden, bereiten die Bühne auf das nächste Stück vor.
Poesie und Melancholie
Von den sechs weiteren Stücken besonders erwähnenswert «LIVing», ein sehr poetisches, ruhiges Solo von Dor Mamalia mit einer ausdrucksstarken Olivia Lecomte. Zur melancholischen Ballade von Asaf Avidan & The Mojos scheint sie sich in sich selber zu verflechten, versunken in der eigenen Wahrnehmung. Eindrücklich und irgendwie tieftraurig auch «Babochka» von Sada Mamedova zur Musik des Isländers Ólafur Arnalds. Mamedova fand für das Stück eine ganz eigene Bewegungssprache, eine Art Pas-de-deux für vier Arme und Hände, mit wunderschönen Verschlingungen, Spiegelungen, Verdoppelungen.
«Women’s Studies» von und mit Aurélie Robichon und Tom van de Ven beginnt mit den rhythmischen Bewegungen zweier Körper im Liebesakt, wobei man im blauen Halbdunkel bald erkennt, dass sie für sich allein bleiben. Auch über den Rest des Stückes berühren sie sich kaum, obwohl sie sich zu verfolgen scheinen und sich kaum aus den Augen lassen. Das hat etwas Gehetztes, Atemloses. In «Babel» von Giovanni Insaudo wird die Sprachlosigkeit thematisiert, dabei spielt Insaudo geschickt mit den Sprossen seines «Turms», einem grossen Hochstuhl. «L’appel du vide» von Carlos Kerr Jr. erzählt von psychischen Problemen, Aberglauben, Wahnsinn und in «How to Crave» von Olivia Lecomte und der Schauspieldramaturgin Friederike Schubert wird Andrea Thompson zu A’s Monolog aus Sarah Kanes «Crave» am Ende bildlich vereinnahmt von dieser ausufernden Liebeserklärung.
Die Dancemakers Series erlauben es immer wieder, kurz in die Köpfe der Tänzerinnen und Tänzer zu blicken, einige ihrer Ideen, vielleicht auch Träume und Vorlieben wenn auch nicht immer zu verstehen, so doch mindestens zu erahnen. Die jungen Choreografinnen und Choreografen arbeiten viel mit Videos, Texteinspielungen – teilweise von Bloggerinnen – das ist alles jung, frisch und mutig und fühlt sich ein bisschen an wie wenn man einen flüchtigen Blick ins Wohnzimmer der WG «Tanz Luzerner Theater» werfen würde.
Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn:
fotogalerien.wordpress.com/2018/05/31/dancemakers-series-9-choreographien-aus-dem-tanzensemble/
Text: www.gabrielabucher.ch Fotos: luzernertheater.ch