Guangzhou Symphony Orchestra, KKL Luzern, 27. Januar 2019, besucht von Léonard Wüst

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Lian Wenqing Sopranistin Peking Oper Foto Shih Wei Huang

Besetzung und Programm:

Rezension:

Chinesen haben durchaus auch Humor und Selbsironie

Dirigent und Komponist Tan Dun

Dass etwas andere Töne erklingen, wenn chinesische Orchester am Werk sind, überrascht nun nicht wirklich. Dass sich die fernöstlichen Klänge aber durchaus neben klassischer klassischer Musik hören lassen, demonstrierte das Guangzhou Symphony Orchestra unter der Leitung von Komponist und Dirigent Tan Dun, der einige Erläuterungen zu den Werken auf Englisch gab, mit viel Enthusiasmus und grossem Können.

Igor Strawinskis « Feu d’artifice op. 4 » als Appetithäppchen

Bereits nach dem, nicht nur namentlichem Feuerwerk, hatten die Asiaten das Publikum im Sack, beeindruckten mit präzisem, ausgereiften Spiel, das der Dirigent mit einem Taktstock (heute schon fast die Ausnahme) leitete. Dieses Utensil liess er aber später beiseite und animierte seine Mitmusiker danach  mit Gesten, viel Augenkontakt und durchwegs auch vollem Körpereinsatz.

Doppelkonzert für Klavier und Pekingoper-Sängerin (nach der Filmmusik zu «Farewell my Concubine»).

Ralph van Raat (Klavier)
Foto Marco Borggreve

Erstaunlich, dass als Pianist, der den Kaiser verkörpert, mit Ralph van Raat ein niederländischer Pianist verpflichtet wurde und nicht eine(r) der vielen grossartigen Tastenakrobaten aus dem Land der Mitte. Anyway. Als seine Partnerin, die treue Konkubine verkörpernd, stand mit Wenqing Lian eine Meisterin ihres Fachs auf der Bühne. Sie zählt heute zu den besten Interpretinnen des Rollentyps der Quingyi in der Peking Oper, der berühmtesten Form des chinesischen Musiktheaters. Quingyi symbolisiert die tugendhafte, junge, verheiratete Frau. Wenqing Lian war die letzte Schülerin des Altmeisters Mei Baojiu. Der Pianist hat nicht eigentliche Läufe und Themenabfolgen zu spielen, eher ein impressionistisches Aneinanderreihen von hingeworfenen Akkorden, fast bedrohlich klingend,  die martialische fernöstliche Kampfkunst symbolisierend. Seine Konkubine, die sich trotz seiner verlorener Schlacht ihm treu ergeben zeigt, singt in den, für die Peking Oper üblichen hohen Tonskalen, gehüllt in traditionelle bunte Gewänder, mit typisch weisspudrigem Gesicht und kronenähnlichem Glitzerkopfschmuck.

Lian Wenqing Sopranistin Peking Oper

Die Konversation zwischen Klavier und Quingyi ist eigentlich eine tragische Liebesgeschichte zwischen Mann und Frau, Himmel und Erde und Klavier und Peking Oper“ (Zitat Komponist Tan Dun). Die Sopranistin leichtfüssig, mit grazilen Bewegungen, wirkt geheimnisvoll faszinierend auf das Publikum, welches dem ungewohnten Treiben auf der Bühne gebannt zusieht und lauscht. Das Orchester begleitet die beiden Hauptfiguren ebenso kongenial, wie zurückhaltend. Die Zuhörer zeigten sich begeistert vom Gebotenen und bezeugten dies denn auch mit einer langanhaltenden Applauskaskade, bevor man sich in die Pause begab.

 

 

Ren Tongxiang – 100 Birds Flying Toward Phoenix (arrangement by Guan Xia)

Suona Solistin Liu WenWen

Mit der Suona, (Holzblasinstrument mit Doppelrohrblatt, vergleichbar der europäischen Oboe. Ihr Korpus ist etwas kürzer und schmaler, der Schalltrichter breiter und aus Messing oder Kupfer), meisterhaft gespielt von Wenwen Liu, lassen sich Vogelgezwitscher ähnliche Laute erzeugen. Diese Technik wird im wohl bekanntesten Stück für Suona, «Hundert Vögel in Anbetung des Phönix», denn auch reichlich angewandt und man staunt, wie unglaublich lange die Künstlerin Töne anzuhalten imstande ist. Entsprechend dann auch der Applaus des beindruckten Publikums.

 

 

Igor Strawinski – Suite «Der Feuervogel»

Komponist und Dirigent Tan Dun

Für den Abschluss des Konzertes wählte Dirigent Tan Dun, ebenso wie für die sprühende Eröffnung, ein Werk des, zu seiner Zeit, sehr umstrittenen russischen Komponisten Igor Strawinski. Hier brillierten die Musiker mit viel Spielfreude, exzellenten Solopassagen, rhythmischer Ausgewogenheit und viel Temperament. Der Dirigent geleitete seine Mitmusiker mit grossem Feingefühl, Spielwitz und gestenreich durch die Partitur und wiedergab den Vogel wirklich feurig. Dieser Meinung war auch das Auditorium, welches die Protagonisten mit langanhaltendem Applaus feierte. Dieser wiederum veranlasste diese zu einer witzigen Zugabe, bei der sogar die Smartphones der Musiker einen Part übernahmen. Einmal mehr ein tolles Konzert der Migros – Kulturprozent – Classics Reihe, das vor einem sehr gut besetzten Konzertsaal stattfand.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: www.shihweihuang.com

http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

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