Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir KKL Luzern, 30. Oktober 2018, besucht von Léonard Wüst

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Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir

Besetzung und Programm:

Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir

Rezension:

Monteverdi Chor

Der Tod des von Verdi hochgeschätzten Dichters Alessandro Manzoni 1873 veranlassten Verdi, die Totenmesse zu vertonen. Die Uraufführung in der Kirche San Marco in Mailand am 22. Mai 1874 war ein Ereignis von nationaler Bedeutung. Verdis Kirchenmusik beeindruckte durch ihre opernhafte Grösse und Dramatik (besonders im «Dies irae»). Andere wieder, die Kirchenmusik als eher intime Musik verstehen, waren befremdet, wie Hans von Bülow, der im Requiem eine «Oper im Kirchengewande» sah. Im Requiem vertont Verdi eine einzige große Drohung, nämlich, dass der schwer sündenbeladene Mensch am „Tag des Zorns“ vor dem Jüngsten Gericht antreten muss, verängstigt um Gnade fleht, um der Hölle noch zu entgehen.

Niederschmetternde Wirkung der Interpretation durch Gardiner

Sir John Eliot Gardiner (Dirigent)

Die Wirkung die der, im Jahre 1998 von Prinz Charles zum Sir geadelte John Eliot Gardiner erzielt, ist alles andere als ein angenehmes, gar unterhaltsames Hörvergnügen – sie ist verstörend brutal. Diese Interpretation will erschüttern, und sie tut es in jeder Sekunde. Bar allen Romantischen, konfrontiert der Komponist den Zuhörer mit der existentiellen Angst vor dem eigenen Tod.

Prädestiniertes Orchester für dieses Gewaltwerk

Ann Hallenberg (Mezzosopran) Foto Oerjan Jakobsson

Das Orchestre Révolutionnaire et Romantique bildet eine Einheit, wie es jedes große Orchester tut, wie es ja der Sinn eines Orchesters ist, doch an jedem Opernabend, in jedem Konzert, gibt es hier und da eine Schwäche, eine klitzekleine Unsauberkeit, die gerade gehört schon wieder vergessen ist. Einfach diese kleine Menschlichkeit, doch zumindest heute war hier alles perfekt, saß jeder Bogenstrich, jeder Ton, gab es keine Unstimmigkeit im Tempo zwischen Musikern und Sängern.

Gianluca Buratto (Bass)

Dies gilt auch für den Monteverdi Chor, der nicht nach viele verschieden Stimmen klang, sondern einfach homogen. So wurden die a-capella gesungenen Passagen, so kurz sie auch sein mögen, zu einem zarten Genuss für die Ohren, gleich- bei dem Vergleich mit dem Lebensspender „Wasser“ zu bleiben,- einem sanften Sommerregen und die machtvollen, immer wiederkehrenden Fortissimo-Passagen besonders des „Dies irae“, aber auch des „Lacrimosa“oder noch mehr des doppelchörigen „Sanctus“ reißen den Zuhörer mit, wie mittlere bis hohe Sturmwellen. Es ist eben ein Markenzeichen Verdis, das nicht nur für sein kirchliches Werk gilt: Er ist ein Meister der Chöre.

Vier Solisten. Nicht mehr, nicht weniger als vier Teile eines vielteiligen Ganzen

Corinne Winters (Sopran) Foto Fay Fox

Doch er ist auch ein Meister der ausdrucksstarken Solostücke, Duette und Quartette für Solisten, die ihr Handwerk sowohl mit ihrer Stimme, als auch mit Seele und Herz ausüben. Und davon standen vier hervorragende auf der Bühne, platziert neben dem Dirigenten. Eigentlich unfair, den Bassisten besonders zu erwähnen, aber Gianlucca Buratto stach, nebst Mezzosopranistin Ann Hallenberg, besonders ins Ohr. So volltönend wie Burattos Bass so hell ist die Stimme des litauischen Tenors Edgaras Montvidas. Sein  „Ingemisco berührt, gerade auf Grund des hellen Timbres, dass eher den Eindruck eines Jünglings vermittelt der darum bittet, auf die „rechte Seite“ gestellt zu werden, als an einen sündigen Mann. Montvidas Stimme ist lyrisch und doch kraftvoll. Reif, voll und von einem ungewöhnlich großem Umfang ist die Stimme von Mezzosopranistin Ann Hallenberg. Ihre Stimme klingt ungewöhnlich, hat Widererkennungswert und sie harmoniert in Klang, Hingabe und im Ausdruck auf wunderbare Weise mit der amerikanischen Sopranistin Corinne Winters. In ihren gemeinsamen Passagen, dem „Recordare, wie dem „Agnus die scheinen sie wie zwei Wellen, die zu einer werden. Beide Künstlerinnen berühren auch einzeln mit ihrem Gesang, doch gemeinsam klingen sie vollkommen, atmen über weite Teile gar im Einklang. Winters Sopran ist von einer Reinheit, bei der sich in diesem christlichen Werk, das Adjektiv „engelsgleich“ geradezu aufdrängt. Sie führt ihre Stimme mit einer Leichtigkeit in kristallklare Höhen, doch weder die Tiefen, noch die Mittellagen scheinen ihr Schwierigkeiten zu bereiten. Ihre Emphase und Hingabe berührt spätestens bei ihrem letzten „Libera me“ so tief, dass es den Zuhörer wohlig fröstelt.

Edgaras Montvidas (Tenor) Foto Rokas Darulis

Das Auditorium im praktisch vollbesetzten Konzertsaal zeigte sich denn auch begeistert von diesem Gesamtkunstwerk und belohnte die Protagonisten mit einer stehenden Ovation, was diese sichtlich erfreute.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

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