Besetzung:
Mariza, vocals – José Manuel Neto, portuguese guitar – Pedro Jóia, classic guitar – Fernando Araújo, acoustic bass – Hugo Marques, drums/percussion
Rezension:
Sie ist die schillerndste der aktuellen weiblichen „Grössen“ des Fado. Die sehr extrovertierte, als Marisa dos Reis Nunes am 16. Dezember 1973 in Lourenço Marques Mosambik geborene Sängerin, feiert etwas viel eher sich selbst als den Fado, lässt die Demut gegenüber diesem portugiesischen immateriellen UNESCO Welterbe vermissen. Ins Konzert startete die wasserstoffblonde hochgewachsene Sängerin mit einem traditionellen Fado, bei dem auch der wichtige Part der portugiesischen Gitarre zum Tragen kam. Dieses Instrument, das mit künstlichen Fingernägeln (Unhas Postiças) gezupft wird, gilt als das weltweit am härtesten gespannte Saiteninstrument überhaupt
Einsatz zusätzlicher Instrumente, entgegen der Tradition
Die klassische Instrumentenbesetzung beim Fado besteht in der Regel aus einer Guitarra Portuguesa (einem zwölfsaitigen, birnenförmigen Instrument, etwa ein Drittel kleiner als eine klassische Gitarre), einer Viola (klassische Gitarre) und einem Kontrabass, bzw. einer Bass-Viola. Im Unterschied zu andern bekannten Fadointerpretinnen der aktuellen Generation wie. zum Beispiel Ana Moura, Luisa Rocha, Misia oder ganz besonders Carminho, bedient Mariza sich auch eher ungewöhnlicher zusätzlicher Instrumente bei der Performance der traditionellen Sehnsuchtslieder. So sassen an diesem Abend auch ein Akkordeonist und ein Perkussionist auf der Bühne Das ist nicht per se schlecht, wenn dies aber nur dem Zweck von mehr Spektakel dient, konterkariert es die lange Tradition des „Gosto de ser triste“, des Genusses traurig zu sein. Ebenso verwässert es den so typischen, an sich schon perfekten Fadosound. Dazu noch in einem transparenten Kleid tänzelnd Hüften schwingen und Po wackeln tut einem Fadokenner, als den ich mich bezeichnen darf, nur noch weh und lässt mich Kopf schütteln.
Sängerin mit aussergewöhnlicher Stimme
Sie performt einen Mix aus brasilianischer Musik, Gospel, Jazz und Soul, aufgemixt mit etwas Karibiksound und portugiesischer Folklore. Sie tut das mit einer aussergewöhnlichen Stimme, die im Jahre 2000 zur besten Fadostimme des Jahres gekürt wurde. Da passt die BBC Auszeichnung zur Künstlerin der Weltmusik 2003 und die Nomination im Jahr 2007 für ihr Album „Concerto em Lisboa“ für den Latin Grammy in der Kategorie Bestes Folk Album weit besser.
Auf der Homepage des Veranstalters wird die Künstlerin als Fado Diva bezeichnet. Diva, da stimme ich zu, aber weit weg von einer Fadista.
Versöhnlicher Abschluss mit einem „richtigen“ Fado
Als letztes Lied des Konzerts gab es mit „Primavera“ doch noch ein richtiges Fado, mit dem sie demonstrierte, dass sie sehr wohl Fado kann. Nur wenn ich den Begriff grosszügig sehr weit fasse, lässt sich das Gebotene unter „Fado“ einordnen. Eine Art portugiesischer Musikantenstadl triffts wohl eher. Auch vermisste ich, dass keine einzige „Guitarrada“ vorgetragen wurde, bei der die Instrumentalisten ihr Können demonstrieren dürfen und wie es eigentlich bei Fadokonzerten üblich ist. Dem Publikum gefiel diese Art von Musik trotzdem, vor allem die vielen portugiesisch sprechenden, in der Schweiz wohnhaften, liessen sich mitreissen und, ja, zum mitklatschen und mitsingen animieren. Dementsprechend heftig fiel dann auch der Schlussapplaus aus und führte beinahe zu einer stehenden Ovation.
Trailer Mariza – Primavera
www.youtube.com/watch?v=SU2xGmhoX1M
GUITARRADA| José Duarte| Bruno Costa
www.youtube.com/watch?v=4FTo8DGKshU
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos:
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