Die stetig steigenden Krankenkassenprämien sind für tiefere Einkommen zusehends unbezahlbar geworden. Sie treiben einkommensschwache Haushalte in die Armut. Diese Situation ist sozialpolitisch unhaltbar. Die Caritas fordert deshalb von Bund und Kantonen, dass die jährliche Belastung durch die Krankenkassenprämien einen Monatslohn nicht übersteigen darf. Die Prämienverbilligungen sind von Bund und Kantonen entsprechend auszugestalten.
Die Erfahrungen der Caritas in der Sozialberatung zeigen, dass alljährlich Tausende von Haushalten wegen der Krankenkassenprämien in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Reicht die Lohnerhöhung nicht aus, um die steigenden Prämien zu bezahlen, wird eine wachsende Zahl von Familien in die Sozialhilfe getrieben. Das System der Prämienverbilligung muss deshalb sozialpolitisch verbessert werden.
Die aktuelle Diskussion macht zudem klar, dass für die tieferen Einkommen nicht etwa Entlastungen zu erwarten sind, sondern dass den Familien noch höhere Fixausgaben drohen. So will das Parlament die Franchise auf 500 Franken erhöhen.
Ausserdem vernachlässigen viele Kantone die Prämienverbilligung, und ihre finanziellen Beiträge bleiben hinter der allgemeinen Entwicklung der Krankenkassenprämien zurück. Schliesslich würde der hinter den Kulissen diskutierte Ausstieg des Bundes aus der Prämienverbilligung noch mehr kantonalen Wildwuchs zur Folge haben.
Kantone nehmen ihre Aufgabe nicht wahr
Wie aus den Erhebungen der Caritas zur Prämienverbilligungspraxis der Kantone hervorgeht, verteilt sich die Gesamtsumme der Prämienverbilligung auf vier verschiedene Gefässe: die Ergänzungsleistungen, die Sozialhilfe, die Übernahme von Verlustscheinen und die ordentliche Prämienverbilligung. Warum etwa die Übernahme von Verlustscheinen, immerhin ein Betrag von 350 Millionen, aus dem Topf der Prämienverbilligung finanziert wird, ist nicht einzusehen.
Gleichzeitig machen die Daten der Kantone sichtbar, dass immer mehr Prämienverbilligungen in die Gefässe der Sozialhilfe und der Ergänzungsleistungen fliessen. Statt mehr finanzielle Mittel für die Verbilligung bereit zu stellen, wird von vielen Kantonen einfach die Verteilung der Mittel geändert. Diese geht zu Lasten der ordentlichen Prämienverbilligung. Die Verschiebung kommt deshalb zustande, weil zwingende Kriterien für die Ausschüttung von ordentlichen Prämienverbilligungen fehlen und Sparmassnahmen der Kantone deshalb auf Kosten dieser Gruppe gehen. Eine solche Entwicklung bestraft die Haushalte des unteren Mittelstandes und führt viele Familien in die Verarmung.
Ein differenziertes Modell der Prämienverbilligung ist dringlich
Für Caritas Schweiz ist es aus familien- und sozialpolitischen Gründen unabdingbar, dass nach mehr als 20 Jahren seit der Einführung des Krankversicherungsgesetzes endlich eine sozialverträgliche Finanzierung der Krankenversicherung gefunden wird. Konkret bedeutet dies: Die Belastung einer Familie oder eines Haushalts durch die Krankenkassenprämien darf höchstens das Niveau eines Monatslohns erreichen.
Bund und Kantone müssen die dazu notwendigen Entlastungsregeln festlegen und die Grenze der Maximalbelastung eines Haushalts im Gesetz festschreiben. Sie sollen sich dabei am Modell einer differenzierten Verbilligung orientieren. Es hat als bisher einziger Vorschlag im Parlament eine Mehrheit gefunden. Wegen des Scheiterns der zweiten KVG-Revision konnte das Modell nicht umgesetzt werden. Da es die tiefsten Einkommen signifikant entlasten würde, muss es im Sinne einer nachhaltigen Armutsbekämpfung Eingang in die Politik und Praxis der Prämienverbilligung finden.