Produktion:
Musikalische LeitungIvo Hentschel
RegieMatthew Wild
BühneKathrin Frosch
KostümeIngo Krügler
Kostüme MitarbeitFrauke Leni Bugnar
LichtBernhard Bieri
ChoreografieNorbert Steinwarz
DramaturgieKatja Bury
KorrepetitionSonja Lohmiller, Petros Bakalakos
BühnenbildassistenzKim Zumstein
KostümassistenzIsabella Koeters
StudienleiterHans Christoph Bünger
ChorleiterZsolt Czetner
Chor Chor Konzert Theater Bern
KinderchorMusikschule Köniz Kinderchor
Rezension:
Die Geschichte von Puccinis «La Bohème» ist eine zeitlose. 1896 findet ihre Uraufführung in Turin statt. Genau 100 Jahre später erscheint das Musicals «Rent», welches auf dem gleichen Inhalt basiert. Dieses Jahr wird der Opernklassiker in modernem Gewand im Konzert Theater Bern aufgeführt. Die literarische Vorlage «Scènes de la Bohème» von Henri Murger erscheint in der Mitte des 19. Jahrhunderts und spielt auch in dieser Zeit. Doch das Lebensgefühl der künstlerischen Bohémiens lässt sich in alle möglichen Epochen übertragen. Und genau das macht Bern mit seiner Inszenierung des Stücks.
Viva la vie bohème
«La Bohème» erzählt die Geschichte vier junger Künstler, die sich in der Szene behaupten wollen. Mittendrin sind dabei der Maler Marcello und der Poet Rodolfo, die sich nicht nur mit der Sicherung ihres Lebensunterhalts, sondern auch mit ihren Freundinnen abmühen müssen. Die Beziehung von Marcello und der glamourösen Musetta ist geprägt von Eifersucht, während Rodolfo Schuldgefühle seiner todkranken Geliebten Mimì gegenüber empfindet. Beide Paare erleben glückliche aber auch schwierige Momente. Nach Beziehungskrisen und einer langen Funkstille geschieht das Unvorstellbare: Beide Paare und ihre Künstlerfreunde sind im Angesicht von Mimìs Tod wiedervereint und müssen sich fragen, ob das Künstlerdasein wirklich die beste Wahl für ein Leben ist.
Retrospektive
Die Berner Inszenierung transportiert die Geschichte aus den 1830ern in die 1960er und stellt somit nicht nur das Lebensgefühl einer Bohème-Generation dar. Unter Matthew Wild lässt die Hauptfigur Marcello Revue passieren und fragt sich somit: Wie ging es nach der bekannten Geschichte weiter? Als alter Mann hat der Künstler nun seine eigene Ausstellung, die er mit Frau und Enkelsohn besucht. In flashbackartigen Erinnerungen sieht er die Geschichte seiner Jugend und seiner Freunde vor sich und durchlebt sie selbst noch einmal, nun aber in anderen Rollen. Was er sieht, ist mal schmerzvoll, mal fröhlich und stets mit einem passenden Bühnenbild untermalt. Es gibt feuchtfröhliche Gelage in der kleinen Wohnung, Partys im nahegelegenen Schuppen und romantische Szenen im Schneetreiben. Der gemeinsame Nenner aller vier Bilder: das Motiv der Liebe, dargestellt mit Marcellos omnipräsenter Herzskulptur auf der Bühne. Doch das Künstlerdasein ist immer auch mit negativen Seiten verbunden, die im Stück dargestellt werden. Armut, Krankheit und Tod ziehen sich als Leitthemen durch die ganze Oper hindurch. Das Leid, das in den ersten drei Bildern dargestellt wird, findet sein Klimax im Finale und dem Tod von Mimì, der alle Künstler für einen Moment innehalten und reflektieren lässt.
Grosse Gefühle
Der Schluss der Oper ist allgemein dramatisch, nimmt durch den alten Marcello jedoch eine neue emotionale Tiefe an. Das ausgehende Licht lässt erstmal nur betretenes Schweigen zu. Das Publikum fasst sich allerdings schnell und verabschiedet die Darstellenden mit tosendem Applaus, der ihnen auch definitiv gebührt. Nicht nur stimmlich, auch darstellerisch vermitteln die Schauspieler ihre Charaktere sehr glaubhaft und berührend. Unterstützt werden sie dabei vom Berner Symphonieorchester unter der Leitung von Ivo Hentschel, welches die wunderschöne Musik Puccinis auf der Bühne zum Leben erweckt und das Publikum mit großartigen Melodien und Emotionen berührt. Wer also gerne mal einen absoluten Klassiker der Operngeschichte in einem neuen Gewand erleben möchte, kann dies noch bis am 19. Mai 2019 tun und für einige Stunden in die künstlerische Welt der Bohème eintauchen.
Text: www.noemiefelber.ch
Fotos: Annette Boutellier https://www.konzerttheaterbern.ch/
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