Potsdam/Berlin (ots) –
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Eine am Hasso-Plattner-Institut (HPI) erforschte neue Datenbank-Technologie ist zum zweiten Mal in diesem Jahr ausgezeichnet worden – nach dem Deutschen Innovationspreis 2012 im März nun auch mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg. Ursprünglich für blitzschnelle Analysen riesiger Mengen von Unternehmensdaten gedacht, wird die innovative In-Memory-Technologie zunehmend auch in anderen Bereichen wie der Medizin angewendet.
Der am Freitag in Berlin ausgezeichnete „Oncolyzer“ stellt zum Beispiel eine Plattform für Onkologen bereit, um mit mobilen Geräten wie iPads medizinische Daten in beliebiger Form interaktiv zu analysieren und in Echtzeit mit Fachwissen zu kombinieren. Dank der datenbankgestützten Diagnose- und Behandlungssoftware kann der Arzt die relevanten Ereignisse des Verlaufs einer Krebskrankheit, also z.B. Diagnosen, Operationen und Therapien, grafisch und in Textform kombinieren, in Sekundenschnelle mit anderen Fällen vergleichen sowie auswerten. Onkologen werden dank der vom HPI in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité entwickelten Lösung erstmals in die Lage versetzt, Behandlungsentscheidungen auf sämtliche vorhandenen Informationen zu stützen.
„Aus riesigen Bergen verfügbarer Daten sucht unser Oncolyzer relevante Informationen heraus. Noch bei der Visite am Krankenbett kann der Arzt sofort entscheiden, welche Behandlung für den einzelnen Patienten am besten geeignet ist“, berichtet Dr. Matthieu Schapranow, Wissenschaftler im HPI-Fachgebiet des Stifters Prof. Hasso Plattner. Er arbeitet in dem Spitzenforschungslabor des HPI, in dem unter anderem ein 1.000-Kerne-Hochleistungsrechner für solche und andere Projekte zur Verfügung steht. Es handelt sich um eines von weltweit drei Exemplaren dieser Art.
Der Einsatz der neuen In-Memory-Technologie bei der Auswertung riesiger Mengen medizinischer Daten in Echtzeit verspricht, die flächendeckende Nutzung der personalisierten Medizin deutlich voran zu bringen. Auf dem World Health Summit am 24. Oktober in Berlin demonstrierte HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel eine weitere Anwendungsmöglichkeit. Die Potsdamer Forscher nennen das neue Projekt „HIG“. Das Kürzel steht für High-performance In-memory Genome.
„In dem Bemühen, Behandlungsentscheidungen auf Basis aller patientenspezifischen Informationen treffen zu können, müssen künftig mehr und mehr Daten bei der Behandlung verarbeitet und zum Beispiel der ‚Bauplan‘ eines jeden Menschen, die DNS, auf genetische Veränderungen untersucht werden“, sagt HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel. Dabei fallen nach Angaben des Informatikwissenschaftlers riesige Datenmengen an, denn jeder Mensch trägt rund 3,2 Mrd. Erbinformationen in sich.
Forscher rund um Dr. Matthieu Schapranow rücken auch diesen gewaltigen Datenbergen mit dem 1.000-Kerne-Hochleistungsrechner im Hause zu Leibe. „Um genetische Veränderungen in Echtzeit zu analysieren, kombinieren wir die Forschungsergebnisse weltweiter medizinischer Datenbanken in einer Wissensdatenbank. Hochleistungsrechner, kombiniert mit riesigen Arbeitsspeichern, helfen uns so, bekannte genetische Dispositionen zu identifizieren und behandlungsrelevante Zusatzinformationen interaktiv binnen Sekunden statt wie bisher manuell über Tage hinweg zu ermitteln“, berichtet Schapranow.. Die Folge: Genomdaten können über eine Cloud-Anwendung blitzschnell analysiert werden.
Bisher mussten Mediziner und Forscher über Wochen hinweg wertvolle Zeit mit Literatur- und Internetrecherchen verbringen. Dank der HPI-Technologie dauert die Genomdatenanalyse nur noch wenige Sekunden. Werden dabei krankheitsrelevante Mutationen entdeckt, erspart die Technologie den Onkologen viele umständliche Einzelabfragen in wissenschaftlichen Datenbanken. Stattdessen werden die Resultate automatisch ihrer Relevanz nach sortiert im Vergleich mit allen international bekannten Forschungsergebnissen angezeigt. Dadurch kann stets das aktuellste Wissen über eine Erkrankung in deren Behandlung einfließen.
Zusätzlich bekommen die Ärzte im Genom-Browser des HPI entscheidende Zusatzinformationen zu jeder Mutation angezeigt, etwa deren Häufigkeit, verbundene Krankheiten, Hinweise auf pharmakologische Zusammenhänge , mögliche Wirkstoffe sowie klinische Studien, die eine spezifische Behandlung ermöglichen.