Besetzung und Programm:
Liederkreis op. 39 nach Joseph von Eichendorff
Liederkreis aus Heinrich Heines Buch der Lieder
Rezension:
Fast schon routinemässig greift man zur grünen Gesichtsmaske, die von Mitarbeiter*innen des Lucerne Festival beim Eingang kostenlos an die Besucher verteilt werden.
Im allerletzten Konzert, das am 12. März, unmittelbar vor dem Lockdown im KKL aufgeführt wurde, sang Mauro Peter den Evangelisten in Bachs Johannespassion. Nun war er, diesmal als Solist, zurück in seiner Heimatstadt Luzern.
Liederkreis op. 39 nach Joseph von Eichendorff
In seinem Liederjahr 1840 hat der Komponist zusammen mit seiner innig geliebten Clara Gedichte abgeschrieben und gesammelt. Zwölf Eichendorff-Texte bilden den „Liederkreis“op. 39. In Musik gesetzt wurden sie drei sehnsüchtige Monate bevor Robert seine Clara, die Tochter seines alten Klavierlehrers, per Gerichtsentscheid seine „Braut“ nennen durfte. Sehnsucht ist das bestimmende Motiv dieser Eichendorff-Lieder. Sehnsucht nach der geliebten Clara, könnte man meinen. In der eigentlich lockeren Folge von 12 Liedern lässt sich ein innerer roter Faden verfolgen.
Töne eines sanften Riesen
Mauro Peter, ein stattlicher 1.90m Hüne und sein, im körperlichen Vergleich, eher klein wirkender Bühnenpartner Pianist Helmut Deutsch, wurden im „Corona mässig“ besetzten Konzertsaal mit viel Applaus willkommen geheissen.
Die Liederfolge: Waldesgespräch – In der Fremde („Aus der Heimat“) – Mondnacht – Intermezzo – Schöne Fremde – In der Fremde („Ich hör’“) – Wehmut – Frühlingsnacht – Die Stille – Zwielicht – Im Walde – Auf einer Burg.
Der Auftakt klang etwas verhalten, als ob Peter (zuviel) Respekt hätte bei seinem Debut am Lucerne Festival im Konzertsaal des KLL.
Der junge Tenor artikuliert aber sehr gut, sodass die Texte gut verständlich sind. Dass dieser Baum von Mann auch sehr sanfte, gar liebliche Töne von sich geben kann, kam bei den Eichendorf Vertonungen besonders gut zur Geltung, sind diese doch etwas zurückhaltender gehalten als die Heinekompositionen.
Traumwandlerisch sicher, ohne jegliches Textblatt als Hilfe, singt sich Peter durch die Liederfolge, kongenial supportiert von Helmut Deutsch.
Dichterliebe op. 48 Liederkreis aus Heinrich Heines „Buch der Lieder“
Bei diesem Liederzyklus blühte Mauro Peter förmlich auf, wirkte engagierter und vor allem selbstbewusster.
Der Beginn von „Im wunderschönen Monat Mai“ macht es deutlich: Liebe und Schmerz, Hoffnung und Zweifel liegen eng beieinander, auch schon am Anfang von Schumanns Dichterliebe auf die Gedichte von Heinrich Heine. Ob die Harmonien in Moll oder Dur zuhause sind, lässt sich nicht entscheiden. Melancholisch klingen sie, denn Helmut Deutsch tastet sich zögernd, wie traumverloren, voran auf seinem Konzert Flügel.
Schumanns Harmonie schmeichelt Mauro Peters Stimme und umgekehrt
Schumann bindet die ersten beiden Lieder harmonisch eng aneinander; Deutsch und Peter tun es ihm nach. Von ihrem hoffnungsvollen Anfang her schildert das lyrische Ich die zurückliegende Liebes-Beziehung. Dass sie unglücklich ausgehen wird, verraten die ironischen Zwischentöne, die so typisch für ihren Verfasser sind. In Heines Gedichten aus dem Buch der Lieder wird die traurige Geschichte erzählt. Und ist auch Rückblick auf seine eigene nicht erhörte Dichter-Liebe zur Cousine Amalie.
Von Liebesglück und Hoffnung handelt das Lied Nummer 4 bei Schumann. Doch mischen sich auch bange und verzweifelte Töne hinein. Wenn etwa die Angebetete spricht „Ich liebe Dich“, führt das zu bitterlichen Tränen.
Peter modulierte ausdrucksstark, formidable Wechsel von fröhlich bis weinerlich, von betrübt zu übermütig. Trotz jung an Jahren, überzeugt Peter mit stimmlicher Reife, ausgewogenem, schön nuanciertem Ausdruck, im Timbre des Piano ebenso wie im jubilierenden Forte.
Das beeindruckte Auditorium applaudierte den, inzwischen weltweit gefragten lyrischen Tenor und ehemaligen Luzerner Sängerknaben und seinen genialen Begleiter am Piano, noch zu sagenhaften vier Zugaben.
Mauro Peter – Schumann’s Dichterliebe – About the Recording (EPK)
https://www.youtube.com/watch?v=d6v3IyKAPj0
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch und Christian Felber https://www.mauropeter.com/
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