Luzerner Theater Blaubarts Frauen, Eine Chordamen-Revue, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

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Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

Produktionsteam und Besetzung:

Komposition und musikalische Leitung: Christov Rolla Text und Inszenierung: Max Christian Graeff Kostüm: Zoé Brandenberg Dramaturgie: Julia Jordà Stoppelhaar Einstudierung Chor: Mark Daver

Christov Rolla (Jacques, ein Offenbach) Max Christian Graeff (Béla, ein Bartok) Marc Unternährer (Tuba) Damenchor des LT

Rezension:

Das Luzerner Chanson-Duo «Canaille Du Jour» mit Theatermusiker und Komponist Christov Rolla und Autor Max Christian Graeff er überarbeitete zusammen mit den Damen des Chors des Luzerner Theater die Geschichte des Frauenmörders Herzog Blaubart und versetzt sie in die Gegenwart – also in Zeiten von Corona.

Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

Schon mal so viel: An der Premiere von «Blaubarts Frauen» letzten Sonntag durfte wieder angestossen werden, nur im kleinem Rahmen zwar, dafür im Theatersaal: Im Foyer kann man sich sein Getränk holen und begibt sich damit direkt in den Theatersaal. Dort gibt es kleine Tischchen neben den Sitzen, welche auch gleich als «Abstandshalter» dienen. Eine clevere Idee, die gut ankam bei den Besuchern und ein ganz klein wenig «Premierenfeeling» verbreitete.

Strass und Rüschen

Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

So konnte man, Prosecco-schlürfend, die Szenerie studieren, in welche «Canaille du Jour» ihre Produktion setzt. Ein leicht chaotisch anmutender Proberaum, rechts und links Tische mit altmodischen Lämpchen, alles am Bühnenrand und vor dem eisernen Vorhang, mit leicht verstaubtem, brockenstubenhaften Touch. Acht Frauen, aus dem Fundus des Theaters ausgegrabene Chordamen, werden in einer Art Gepäckwagen auf die Bühne gekarrt. Sie setzen sich – selbstverständlich mit Masken – an die Tische. Ihnen folgen Béla (Bartok) alias Max Christian Graeff und Jacques (Offenbach), alias Christov Rolla, beide in schwarzen Fräcken, Béla mit dicken Strassringen an den Fingern à la Harald Glööckler, Jacques mit rosa Rüschenhemd.

Zwei Männer gegen acht Frauen

Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die beiden haben vom Luzerner Theater den Auftrag erhalten, «etwas mit acht Frauen zu machen» im Stil der Operette «Barbe-Bleue» von Offenbach. Und es wird «gemacht» mit den Frauen. Während sie auf ihre Auftritte warten, sollen sie schon mal Masken nähen, sich bei Bedarf aufstellen und singen, husch husch, dazwischen werden sie ruhig gestellt mit Magazinen wie «Meine Wahrheit», «Meine Sehnsucht», «Wahre Gefühle». Auch sonst herrscht ein ziemlich frauenverachtender Ton: «Seit wann haben die Frauen eigentlich das Impfrecht» und «gelten eigentlich jene Frauen, welche man haben wollte, auch als gehabt?» sind Fragen, die sich die beiden Machos unter vielen anderen stellen.

Philosophische Exkurse

Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

Es wird viel diskutiert, debattiert und deklamiert (Texte Max Christian Graeff), aktuellste Themen werden kurz angeschnitten, Greta gehört genau so dazu wie Epstein, der Bachelor, Loredana, das Dschungelcamp und Bizet, der gerade die «Carmen» für die Corona-Zeit umschreibt. Mal spielt Béla den blutrünstigen Blaubart, mal versteigt er sich in hochphilosophische Exkurse und verdreht Sprichwörter. Christov Rolla als Offenbach zeichnet für die Musik und spielt sie auch gleich an Klavier und Gitarre, begleitet von Igor (Marc Unternährer) an der Tuba. Einige Melodien Offenbachs wurden beibehalten und umgeschrieben, dazu kommen die Beatles, Eugen Egner, «Volare», Bizets Habanera, Kurt Weill sowie eigene Kompositionen. Während Béla immer wieder ins Philosophieren gerät, versucht Jacques, die Dinge voranzutreiben, denn viel Zeit bleibt nicht mehr bis zur Première.

Grossartiger Frauenchor

Blaubarts Frauen Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die acht Frauen, jede mit einem eigenen Kostüm (Zoé Brandenberg) – vom Retro-Kleidchen über Lederhose bis zum rosa Abendkleid mit Pelzstola – machen lange mit, proben dann aber doch den Aufstand. Der 8-köpfige Frauenchor überzeugt restlos, jede einzelne der Sängerinnen könnte als Solistin bestehen, das sind ganz grosse Momente des Stücks. Daneben kann viel gelacht werden ob den utopisch-skurrilen Aussagen von Béla und Jacques und den verschnittenen, neu interpretierten Musikstücken.

Nachdem das Licht ausgegangen ist, räumen Béla und Christoph die Bühne auf, desinfizieren alles und beschliessen, noch um die Ecke auf ein Kölsch zu gehen. «Ob das was wird?» fragt der eine den anderen. Nun, das Publikum hat sich amüsiert, er war ein vergnüglicher Abend mit einer Fülle von in den Raum gestellten Themen und Fragen, mit denen sich jede und jeder nach der Aufführung selber auseinandersetzen kann.

Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn:

fotodiashows.wordpress.com/2020/10/10/luzerner-theater-blaubarts-frauen-eine-chordamen-revue-besucht-von-gabriela-bucher-liechti/

Text: www.gabrielabucher.ch Fotos: Ingo Hoehn     luzernertheater.ch

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