Was für Güllen der Besuch der alten Dame war, ist für Sursee der Besuch des alten Herrn, hoffentlich nicht mit den gleichen Folgen. Männiglich glaubte an einen Aprilscherz, als am 1. April 2010 in den lokalen Medien angekündigt wurde, Joe Cocker gebe ein Open Air Konzert in Sursee (einem Luzerner Landstädtchen mit gerade mal 8000 Einwohnern).
Doch es stellte sich dann doch als Tatsache heraus. Stattfinden wird das Spektakel am 28. Juni 2010 auf dem alten Marktplatz, der heute als Parkplatz dient. So wird also
Musikgeschichte geschrieben, auf dem Platz, wo bis 1982 der wöchentliche, kantonale Grossviehmarkt stattfand und mancher Kuhhandel getrieben wurde sowie haufenweise Kuhfladen vertrocknet sind. Jaucheduft 2010, statt süssliche Hanfschwaden wie 1969, jedenfalls, damals wie heute, in ländlicher Umgebung, wenn auch ein paar Nummern kleiner. Meine Blitzumfrage bei Bewohnern des 50 Meter vom Marktplatz entfernten Betagtenwohnheims ergab nicht gerade eine grosse Begeisterung für diesen Anlass, so die Aussage von Alfred Siegrist (geb. 1925), ein Jodelkonzert oder der Trachtenchor hätten ihm besser gefallen. Mein Hinweis, dass er das Konzert eines Weltstars gratis mitverfolgen kann, für das die andern Zuhörer zwischen 90.00 (Stehplatz)bis 150.00 Schweizerfranken (unnumerierter Sitzplatz) bezahlen müssen, konnte seine Meinung auch nicht wirklich ändern. Auch Otto Gasser (geb. 1932), selber sein ganzes Leben begeisterter Amateurmusiker, (Stadtmusik, Orchesterverein usw.), zeigte wenig Interesse an dieser Art von „Geschenk“ und wich einer konkreten Antwort elegant aus, aber seine Miene war für mich genug aussagekräftig. Ob die andern Bewohner überhaupt wissen, was da auf sie zukommt, wage ich stark zu bezweifeln. Und ob Joe Cocker nach dem Konzert gleich im Betagtenheim Unterschlupf findet, denke ich auch nicht, er wird sich wohl noch einige Saisons über die Bühnen dieser Welt zittern, wenn auch nicht mehr die ganz so grossen. Immerhin erwarten die Veranstalter gegen 10 000 Besucher, ergäbe dann doch noch einen sehr beachtlichen Umsatz von ca. 1 300 000 Schweizer Franken.
Text und Foto: www.leonardwuest.ch
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