Versicherungen werden in Zukunft vermehrt selbständig über Internetplattformen abgeschlossen

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HSLU Versicherungsstudie 2021

Wer heute eine Versicherung abschliessen will, macht das in der Regel über eine Beraterin oder einen Berater eines Versicherungsunternehmens. Dieser klassische Weg könnte aber bald von der Spitze verdrängt werden, wie die Versicherungsstudie der Hochschule Luzern zeigt. Die Bedeutung des Direktvertriebs über das Internet nimmt auch im Versicherungsmarkt rasant zu. «Versicherungen werden verkauft und nicht gekauft». Dieses lange gültige und oft zitierte Sprichwort wird in einer digitalen Welt zunehmend auf die Probe gestellt. Veränderte Kundenbedürfnisse sorgen dafür, dass Versicherungslösungen seitens Kundinnen und Kunden vermehrt auch aktiv nachgefragt und nicht mehr nur nach einem Beratungs- und Verkaufsgespräch abgeschlossen werden. «Der erste Schritt beim Abschluss einer Versicherung erfolgt immer häufiger selbständig im Internet», sagt Florian Schreiber, Studienautor und Dozent für Versicherungsmanagement und -ökonomie an der Hochschule Luzern. Diese Entwicklung habe laut Schreiber damit zu tun, dass die Online-Affinität der Versicherungsnehmenden in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Die Corona-Pandemie hat den Aufstieg digitaler Kanäle weiter befeuert.

Schaden- und Haftpflichtversicherungen: Nur die Hälfte der Versicherer setzt aktuell auf Direktvertrieb

Aus Sicht der befragten Schadenversicherer sind ihre Generalagenturen für die Kundinnen und Kunden nach wie vor der zentrale Anlaufpunkt zur Klärung ihrer Versicherungsangelegenheiten: Insgesamt bemessen 77 Prozent der befragten Gesellschaften die gegenwärtige Bedeutung der Generalagentur als gross oder sehr gross und unterstreichen damit deren Rolle als wichtigster Vertriebskanal. Am zweithäufigsten werden Schadens- und Haftpflichtversicherungen über Vertriebspartner wie Brokerinnen und Broker oder Maklerinnen und Makler verkauft. 66 Prozent aller befragten Versicherungsorganisationen sehen in diesem Kanal im gegenwärtigen Geschäft eine grosse oder sehr grosse Bedeutung. Der Direktvertrieb über das Internet, Apps, E-Mail oder Telefon kommt erst an dritter Stelle – lediglich 51 Prozent der Versicherer sind der Meinung, dass der direkte Verkauf von Versicherungsleistungen aktuell eine grosse oder sehr grosse Bedeutung hat.

HSLU Versicherungsstudie 2021 Abbildung 1

Heute werden die meisten Versicherungen noch über die Generalagenturen der Versicherer und über Versicherungsmaklerinnen und -makler verkauft. Ein direkter Versicherungsabschluss über die Website oder über eine App kommt noch eher selten vor – nur gerade die Hälfte aller Versicherer sehen im Direktvertrieb in der heutigen Vertriebsstruktur eine grosse oder sehr grosse Bedeutung

Versicherer kommen nicht um Digitalisierung herum

Die Versicherungsanbieter erwarten jedoch, dass der Direktvertrieb in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen wird. «Im digitalen Zeitalter wird es zunehmend zur Gewohnheit, alltägliche Angelegenheiten aus verschiedenen Lebensbereichen online zu erledigen», sagt Florian Schreiber. Für den Versicherungsexperten ist klar: Dieser Trend schwappt mehr und mehr auf die Assekuranz über. Das zeigen auch die Ergebnisse aus der HSLU-Studie. So gehen drei Viertel der Schadenversicherer davon aus, dass der Direktvertrieb via Website, App und Co. in fünf Jahren von grosser oder sehr grosser Bedeutung sein wird. Der Vertrieb über Generalagenturen und über Versicherungsmaklerinnen und -makler wird auch in Zukunft einen hohen Stellenwert behalten. «Der direkte Verkauf von Versicherungen über niederschwellige Kanäle wird sich in nächster Zeit wohl vor allem als Ergänzung zu den herkömmlichen Vertriebskanälen etablieren», so der Versicherungsexperte.

HSLU Versicherungsstudie 2021 Abbildung 2

In Zukunft werden niederschwellige Plattformen wie Website, Apps und Co. zu den herkömmlichen Vertriebskanälen aufschliessen: Versicherer messen in Zukunft dem Direktvertrieb mindestens eine gleich grosse Bedeutung zu wie dem Verkauf über die Generalagenturen oder über Broker und Maklerinnen

Einbindung von Versicherungen in digitale Partnernetzwerke

Laut Florian Schreiber ist in der Versicherungsbranche ein Paradigmenwechsel notwendig. «Versicherer haben sich lange Zeit darauf konzentriert, für ihre Kundinnen und Kunden im Schadensfall da zu sein», so Schreiber. Der Versicherungsexperte ist sich jedoch sicher: Versicherungsgesellschaften täten gut daran, sich zukünftig stärker an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden zu orientieren. «Kaum jemand wacht morgens mit dem Gedanken an seine Versicherung auf», sagt er. Für Versicherer muss es also darum gehen, genau in den Momenten präsent zu sein, in denen Kundinnen und Kunden Unterstützung benötigen oder ein echtes Bedürfnis haben. Florian Schreiber: «Wenn es Versicherern gelingt, näher am alltäglichen Leben der Menschen zu sein, können sie ihre Produkte und Services zielgerichteter anbieten.» Einige von ihnen haben dies auch bereits für sich entdeckt. So gibt es beispielsweise Schweizer Versicherer, die sich an Umzugsunternehmen beteiligen. Wenn jemand einen Umzug plant, kann sie oder er im gleichen Zug auch die neue Hausratsversicherung abschliessen. Florian Schreiber ist sich sicher: «Solche Einbindungen von Versicherungslösungen in Ökosysteme anderer Geschäftsfelder wird die Zukunft der Versicherungsbranche prägen.»

HSLU Versicherungsstudie 2021 Abbildung 3

Während die Bedeutung von digitalen Partnernetzwerken beim Verkauf von Versicherungslösungen stark zunehmen wird, verliert der eigene Vertrieb via Generalagenturen leicht an Bedeutung

IFZ Versicherungsstudie 2021

Die IFZ Versicherungsstudie der Hochschule Luzern bietet einen transparenten und aggregierten Überblick des Schweizer Direktversicherungsmarkts auf individueller Unternehmensebene – auf knapp 300 Seiten finden sich verschiedenste Auswertungen und Einschätzungen aktueller Trends in und um die Schweizer Assekuranz. Neben dem diesjährigen Schwerpunkt «Zukunft des Vertriebs» werden die Versicherer auch einem Benchmarking basierend auf ihren Geschäftsberichten unterzogen sowie deren Corporate-Governance-Strukturen beleuchtet.

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