Besetzung und Programm:
Festival Strings Lucerne
Midori Solistin Violine
Daniel Dodds Leitung & Violine
Ludwig van Beethoven
- Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61
- Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
Rezension:
Ganze dreimal musste dieses Konzert abgesagt, bzw. aufgrund der Pandemie verschoben werden, dieses Konzert, das ja für das «Beethoven Jahr 2020», Jubiläum 250. Geburtstag, programmiert war.
Ludwig van Beethoven – Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61
Vier leise Paukenschläge, gefolgt von der Vorstellung des Hauptthemas durch die Holzbläser, leiten den Satz ein, dessen liedhaftes und doch majestätisches Hauptthema eine lyrische Stimmung verbreitet. Die Solovioline setzt erst nach der Vorstellung der beiden Hauptthemen und einer vierminütigen Orchesterpassage ein. Konzertmeister Daniel Dodds,. wie fast immer sitzend, leitet mittels viel Mimik und sparsamer, aber aussagekräftiger Gestik.
Trotz viel Ernst wirkt alles leicht
Besonders markant ist das einleitende, pochende Paukenmotiv (es erklingt insgesamt mehr als 70-mal), aber auch das von den Holzbläsern vorgetragene Hauptthema, das mit seinem lyrischen Gestus den Charakter des gesamten Satzes bestimmt. Kürzer gefasst ist das als Romanze angelegte Larghetto, während Beethoven das Finale als ein Rondo im munteren 6/8-Takt gestaltet und ansatzweise die Ausdruckswelt seiner nur wenig später niedergeschriebenen Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68, der „Pastorale“, vorwegnimmt.
Die japanische Ausnahmegeigerin tänzelt spielerisch leicht durch die Partitur
Midori geht mit viel Ernst zur Sache, aber alles wirkt um vieles leichter als ihre Mimik ausdrückt, quasi dem Himmel näher, tief in die Musiksubstanz aus Artikulation, Tongebung und Phrasierung dringt sie ein und ist damit bedingungslos virtuos. Ihr Können stellt sie ganz in den Dienst von Beethovens wundervollem Bewegungsdrang, heißblütig spielend und präzis kalkulierend. Das Orchester, in der Größe ideal besetzt und ausbalanciert, hält ohne Mühe mit, fängt die japanische Solistin nach deren solistischen Höhenflügen auf und bettet sie gleichsam sanft wieder in den Schoss des Klangkörpers.
Im Rondo, dem Schlusssatz, der mit seinem 6/8-Thema an ein Jagdthema erinnert, rufen die Waldhörner alle wieder zusammen, worauf sich die Solovioline noch ein letztes Mal darüber hinaus schwingt und das Motiv virtuos kadenzierend modelliert.
Jedes Detail dieser Interpretation war perfekt, von den Triolen, Staccato und Vibrato des Solisten über die präzisen Pizzicato der Celli bis zu den Bläsereinwürfen floss alles ineinander zu einem Gesamtkunstwerk.
Das Auditorium war begeistert und steigerte sich über stürmischen Applaus bis zu einer, wenn anfänglich auch etwas zögerlichen, stehenden Ovation.
2. Konzertteil, Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
Nach der Pause richtete Daniel Dodds ein paar Worte ans Auditorium, der Freude Ausdruck gebend, dass es mit dem Konzert, nach drei Absagen/Verschiebungen nun doch endlich geklappt habe und man nun wieder vor einem grösseren Publikum konzertieren dürfe, was er, wie auch seine Mitmusiker sehr vermisst hätten.
Der Prinz küsst das Dornröschen wach
Nun erwartete uns noch die meist etwas stiefmütterlich behandelte Sinfonie Nr. 4 B – Dur op. 60 (1806) von Ludwig van Beethoven. Schwer zu verstehen, wieso dieses Meisterwerk eher ein Mauerblümchendasein fristet, steht sie doch den andern Beethovenschen Sinfonien in nichts nach. Der Prinz (Daniel Dodds) küsste, zusammen mit dem Orchester, das Dornröschen (die Vierte) symbolisch wach. Mit vollem Körpereinsatz, trotzdem weiterhin sitzend, animierte und motivierte er seine Mitmusiker*innen zu Höchstleistungen, forderte da etwas mehr Wucht, kitzelte dort samtene Streicher hervor, animierte mal zu kräftigen Paukenschlägen, forcierte das Tempo, forderte die Bläser gestenreich heraus, liess sanfte Tremolo durch den Raum schweben, führte das Orchester durch ruhigere Passagen um es dann zu einem furiosen, mächtigen Finale aufzupeitschen.
Donnernder, langanhaltender Applaus honorierte diese Gewaltsleistung eines überwältigenden musikalischen Gefühlsausbruchs der Protagonisten, ein Applaus, der in eine langanhaltende Standing Ovation überging und diesem denkwürdigen «Aufstieg des Phönix aus der Asche», respektive «Auf-Erstehung der Strings aus dem Teillockdown» in den, mit ca.1200 Besuchern, fast normalen Konzert Restart im Luzerner KKL, eine ganz besondere Symbolik verlieh.
Kleine Fotodiashow des Kozertes von Fabrice Umiglia, Festival Strings Lucerne:
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: Fabrice Umiglia festivalstringslucerne.org/de/home
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