Chorherrenstift St. Leodegar – ein Archiv offenbart seine Schätze

Spread the love

Beneventanisches Messbuchfragment aus dem 10. Jahrhundert.

Das Chorherrenstift St. Leodegar im Hof hat die Stadt Luzern und ihre Geschichte über Jahrhunderte geprägt. Es verfügt über ein Archiv ersten Ranges, jetzt liegt dieses fertig erschlossen vor. Mit seinem detaillierten Katalog stehen zahlreiche Recherchemöglichkeiten offen: Zur Geschichte des Stifts, der Stadt, zu herrschaftlichen, wirtschaftlichen und vielen weiteren Themen.

Vom Chorherrenstift St. Leodegar kennt man vor allem die weithin sichtbare Hofkirche. Genauso beeindruckend ist das Stiftsarchiv, das in verschiedener Hinsicht herausragt. Alt? Gewiss, denn welche anderen Archive reichen mit einzelnen Stücken schon ins frühe Mittelalter zurück, also vor das Jahr 1000 n. Chr. Umfangreich? Zweifelsohne: Reihte man die erschlossenen Bände, Urkunden und Akten aneinander, ergäben sich an die hundert Laufmeter.

Abgesehen davon birgt das Archiv eine ungeheure Themenvielfalt. Darin offenbart sich der Charakter des Stifts als Institution, die nicht abgeschieden für sich existierte, sondern eng vernetzt mit ihrer Umgebung. So konnte ein Chorherr zugleich auch Patriziersohn, Lehrbeauftragter am Lyzeum oder Pfarrer sein. Diese Lebenswelten brachte er im Stift ein. Eine weitere Lebenswelt war die Grundherrschaft. Diese funktionierte nur dann, wenn sich das Stift regelmässig mit den Bauern austauschte – sei es im Einvernehmen, sei es auf die «harte Tour», z.B. bei Rechtsstreitigkeiten wegen Bodenzinsen oder Zehnten.

Die Tücken der Forschung

Pontifikallektionar von 1557.

Zugegeben: Die Benutzung von manchen Stücken des Stiftsarchivs stellt eine echte Herausforderung dar. So wird die forschungstechnische Auseinandersetzung mit den ältesten Inhalten, unter ihnen Fragmenten der gregorianischen Homiliae in evangelia, Spezialistinnen und Spezialisten vorbehalten bleiben. Respekt können im Weiteren auch die mancherorts anzutreffenden Handschriften oder die lateinische Sprache hervorrufen; handkehrum: Bei welchem anderen Bestand bietet sich die Möglichkeit, Personalrekrutierungsvorgänge des Mittelalters mit solchen des 20. Jahrhunderts zu vergleichen?

Einer der wertvollsten Schätze des Staatsarchivs
Das Stiftsarchiv befindet sich seit rund 30 Jahren als Depot des Chorherrenstifts im Staatsarchiv Luzern. Seither konnte es zwar im Lesesaal verwendet werden, war aber wegen der nur rudimentär vorhandenen Kataloge lange Zeit bloss eingeschränkt nutzbar. Im Rahmen eines sechsjährigen Projektes mit der Luzerner Archivdienstleisterin archivaria wurde dieser Mangel behoben und das «alte» Archiv mitsamt den seither neu dazu gekommenen Unterlagen fachgerecht erschlossen. Damit kann das Staatsarchiv Luzern der Öffentlichkeit einen seiner wertvollsten Schätze für eine vielfältige Nutzung zur Verfügung stellen.

Anhang
Bild 1: Beneventanisches Messbuchfragment aus dem 10. Jahrhundert.
Bild 2: Pontifikallektionar von 1557.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]