Nach einem von Klima-Katastrophen geprägten Sommer ist eine griffige Klimapolitik dringlicher denn je. Auch die Schweiz muss möglichst rasch ihren Treibhausgasausstoss auf Null reduzieren. Die notwendigen Massnahmen können sozial tragbar ausgestaltet werden, wie Caritas Schweiz in einem neuen Positionspapier schreibt.Entscheidend ist, dass Haushalte mit geringem Einkommen durch Klimaschutzmassnahmen finanziell nicht noch stärker belastet werden, sondern dass sie im Gegenteil die Möglichkeit erhalten, klimaschonend zu handeln.
Hitzewelle am Mittelmeer, Flutkatastrophe in Deutschland, Unwetter in der Schweiz: Die katastrophalen Folgen des Klimawandels rücken geografisch näher. Auch der neuste Bericht des Weltklimarates zeigt schonungslos auf, wie dringlich Klimaschutz ist. Nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes stellt sich die Frage, wie die Schweiz bis spätestens 2050 treibhausgasneutral werden kann. Der Bundesrat hält in seiner langfristigen Klimastrategie fest, dass der Übergang in Richtung «Netto-Null» sozialverträglich erfolgen muss. Dieses Ziel hat mit der Corona-Krise an Dringlichkeit gewonnen.
Klimapolitik und Sozialpolitik zusammendenken
Die Corona-Krise hat sichtbar gemacht, wie viele Haushalte in der Schweiz in prekären oder bescheidenen finanziellen Verhältnissen leben. Dazu gehören die rund 735’000 Personen, die von Armut betroffen sind. Aber auch jene Haushalte, die knapp genug zum Leben haben, aber kaum über Reserven verfügen. Fällt ein Teil des Einkommens vorübergehend weg, geraten sie rasch in eine Notsituation. Viele Angestellte mit bescheidenen Einkommen, Kleinunternehmerinnen und Selbständige mit geringem Umsatz kämpften im vergangenen Jahr mit Existenzängsten. Diese Situation verunsichert viele Menschen. Und sie hat vermutlich auch dazu geführt, dass gerade der untere Mittelstand das CO2-Gesetz deutlich abgelehnt hat – aus Angst vor Mehrkosten.
Für Caritas ist klar: Klimapolitik und Sozialpolitik müssen zusammen gedacht werden. Wir müssen möglichst rasch den Übergang hin zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise forcieren, die sowohl die natürlichen Ressourcen schont als auch allen Menschen zugutekommt.
Zwei Grundsätze einer sozialverträglichen Klimapolitik
Aus Sicht von Caritas muss eine sozialverträgliche Klimapolitik zwei Grundsätzen genügen: Einerseits dürfen armutsbetroffene und armutsgefährdete Menschen durch Klimaschutzmassnahmen insgesamt finanziell nicht mehrbelastet werden. Und andererseits müssen auch Menschen mit geringem Einkommen die Möglichkeit haben, aktiv klimaschonend zu handeln. Das bedeutet konkret, dass der finanzielle Handlungsspielraum von Haushalten mit tiefen Einkommen mittels gezielter Unterstützung so vergrössert werden muss, dass ihnen ein klimaschonendes Verhalten ermöglicht wird. Klimapolitik muss mit sozialpolitischen Massnahmen einhergehen, die eine genügend hohe Existenzsicherung für alle Menschen in der Schweiz garantieren. Unter der Voraussetzung einer garantierten Existenzsicherung sind auch mutige und vor allem schnelle Schritte in der Klimapolitik sozial tragbar.Download
Ein sozialverträglicher Klimaschutz ist möglich (PDF)