Luzern aus der Sicht eines Nachtwächters
Ein lesenswerter Erlebnisbericht vom 6. Februar 2014 aus der Seniorweb Regionalgruppe „Luzerner-Treff“.
Historisches Luzern
Autorin: Johanna Birrer, Luzern
Er steht plötzlich vor uns 36 Seniorweblern, wie aus dem Nichts, der Nachtwächter Ludwig Suter. Als ein Nachtwächter von anno dazumal, im Auftrag „der hochwohlgeborenen Obrigkeit und für die Bürger, um diese vor Füür und vor den Dieben, welche nur die Nacht tun lieben“ zu schützen. Nacht für Nacht ziehe er seine Runden, bei jedem Hudelwetter. Und dennoch sei er bei seinen Zeitgenossen im Verruf, stehe er doch mit den Totengräbern und den Henkern auf gleicher Stufe. Hingegen die Türmer, die immer im Trockenen sässen und nichts anderes täten als zum Fenster hinausgucken, seien angesehene Bürger, nicht so arme Schlucker wie er.
Im Nu tauchen wir also ins schaurig-schwierige Leben eines Nachtwächters im mittelalterlichen Luzern ein.
Er eilt wie der Biswind durch die Gassen, wir – Senioren – im Eilschritt hinterher, zeitbewusst, der Rundgang muss exakt in einer Stunde absolviert werden. Unterwegs erzählt Suter Geschichte um Geschichte, sodass wir die hell erleuchteten Schaufenster und die shoppenden Touristen im Abendverkauf bald nicht mehr sehen und dem Nachtwächter aufs Wort glauben, wenn er von seinen Lieblingstouristen in Luzern, wie etwa Königin Viktoria, Kaiser Wilhelm oder J. W. von Goethe schwärmt.
Wir stehen unter dem Wohnhaus des Luzerner Stadtschreibers und Sagensammlers Renward Cysat (1545-1614), hören, dass nicht unweit von hier in der Furrengasse ein schrecklich Gespenst herumwandle. Es ziehe einen gräulichen Schwanz hinter sich her, der so lang ist wie der Kornmarktplatz. Aber – so der Nachtwächter- nicht jeder sehe Geister. Er selber gehöre nicht dazu. Er stehe eben mit beiden Füssen auf dem Boden und ziehe deshalb einen grossen Geist den Gespenstern vor, wobei wir dann bei Richard Wagner wären. Wagner hat in Luzern die „Meistersinger“ komponiert und dem Nachtwächter eine Arie gewidmet. Das vergisst er ihm nie! Er singt als Dankeschön auch gleich mit sonorer Stimme das alte Nachwächterlied: Hört ihr Leut’ und lasst euch sagen, die Glock’ hat …
Ja, genau, punkt Sieben mussten wir wieder auf dem Kornmarktplatz stehen. Ich wundere mich sehr, wie viele Geschichten wir in der kurzen Zeit zu hören bekommen haben, ich könnte stundenlang davon erzählen.
Aber es war dann auch sehr schön, wieder in unsere Zeit zurückzukehren und im Mövenpick mit dem schön an der Wärme wartenden Roger, bei Speis und Trank, den Abend ausklingen zu lassen. Danke, Dieter, für die Organisation dieses interessanten, unterhaltsamen und urgemütlichen Anlasses.
Roger Ramuz
(Regionalgruppenleiter „Luzerner-Treff„