Alpnach, Hochwasserschutzprojekt Kleine Schliere vorgestellt

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Das Hochwasserschutzprojekt Kleine Schliere in Alpnach besteht aus vier Abschnitten: Dem Entlastungsbauwerk Chlewigen, der Sicherung und Erneuerung des Schlierenkanals, der Renaturierung im Unterlauf der Kleinen Schliere bis zum Alpnachersee sowie den Geländeanpassungen für einen Entlastungskorridor, für den Fall eines Grossereignisses.

Die Kleine Schliere ist ein unberechenbarer Wildbach und seit jeher bekannt für Überschwemmungen und Verheerungen im Talgebiet. Um Alpnach nachhaltig vor weiteren Ereignissen zu schützen, stellte die Einwohnergemeinde gestern ein umfassendes Hochwasserschutzprojekt vor.

 

Die beiden Hochwasser von 2005 und 2013 in Alpnach brachten den Projektverantwortlichen die bittere Gewissheit, dass die bisher geplanten Hochwasserschutzmassnahmen den entfesselten Elementen zu wenig Einhalt hätten gebieten konnten. Nach rund 20 Jahren Planen, Projektieren, nach Modellversuchen, sowie Anpassungen aufgrund von neuen Anforderungen und veränderten Rahmenbedingungen war es kurz vor den Sommerferien 2019 soweit: die Gemeinde Alpnach konnte ein bewilligungsfähiges und subventionsberechtigtes Hochwasserschutzprojekt Kleine Schliere der Öffentlichkeit präsentieren.

 

Vier Massnahmen für nachhaltigen Schutz

Regula Gerig, Vorsteherin des Departements Bau und Infrastruktur von Alpnach, stellte das umfangreiche und komplexe Projekt den rund 100 Interessierten vor. Sie präsentierte die vier Abschnitte, die zusammen einen nachhaltigen Schutz vor Hochwasser gewährleisten: „Das Herzstück ist das Entlastungsbauwerk im Gebiet Chlewigen. Dieses sichert den Einlauf in den Schlierenkanal. Es gewährleistet die dosierte Weiterleitung von Wasser, Geschiebe und Schwemmholz. Damit wird der nachfolgende Schlierenkanal bei Grossereignissen entlastet.

Der zweite Abschnitt betrifft den Kanal der Kleinen Schliere. Ihn haben unsere Urgrossväter während rund 30 Jahren gebaut und um 1930 fertig gestellt. Er wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Trotz regelmässigem Unterhalt ist das Bauwerk in die Jahre gekommen. Nun muss es verstärkt und umfassend in Stand gestellt werden.

Der dritte Abschnitt betrifft den Unterlauf der Kleinen Schliere bis zur Einmündung in den Alpnachersee. Dieser wird ebenfalls erneuert und ökologisch aufgewertet. Wo nötig, wird das Flussbett verbreitert. Das Gefälle der Kleinen Schliere wird kontinuierlich bis zum See ausnivelliert und die Uferzonen werden renaturiert. Vom Seeufer bis unter das Gebiet Chlewigen wird die Längsvernetzung und der Fischaufstieg ermöglicht. Diese ökologischen Massnahmen im Unterlauf der Kleinen Schliere sind eine Grundvoraussetzung für die Bewilligungsfähigkeit des gesamten Projektes Hochwasserschutz Kleine Schliere.

Der vierte Abschnitt umfasst den Entlastungskorridor. Dieser wird benötigt, um für ein Grossereignis wirklich gerüstet zu sein. Darin fliesst bei einem extremen Hochwasser ein Teil des Wassers kontrolliert dem See entgegen. Dazu sind an verschiedenen Stellen bauliche Massnahmen und Terraingestaltungen notwendig. Die Vorteile dieser minimalen Eingriffe sind, dass keine neuen Bachgerinne entstehen. Gebäude werden mit Objektschutz geschützt, Strassenquerungen werden mittels mobiler Dammbalkensysteme gesichert. Begrenzungen entstehen durch Geländemodellierungen oder Mauern. Damit bleibt das Landwirtschaftsland weiterhin maschinell bewirtschaftbar. Die Kosten für Räumung, Wiederherstellung und Rekultivierung nach Ereignissen werden durch die Öffentlichkeit getragen und den Bewirtschaftern werden allfällige Ertragsausfälle abgegolten.“

 

Mehr Sicherheit für Anwohner und Gewerbe

Seit Jahrhunderten sind Übersarungen durch die Kleine Schliere in Alpnach dokumentiert. Nach einer schlimmen Serie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen die Urgrossväter mit dem Bau des Schlierenkanals, der um 1930 fertig gestellt wurde. Nachdem jahrzehntelang keine Vorfälle mehr zu verzeichnen waren, rückte das Dorf immer näher an die Kleine Schliere heran. Die beiden Hochwasser 2005 und 2013 zeigten, dass Massnahmen dringend notwendig sind.
Heute leben rund 3’800 Personen im gefährdeten Gebiet. Ohne die Realisierung der vorgesehenen Schutzmassnahmen stehen sämtliche Gebäude links und rechts des Kanals und in der näheren Umgebung der Kleinen Schliere in Alpnach in grossflächigen Gefahrenzonen. Dies bedeutet für die meisten Eigentümer ein Bauverbot oder Bauen nur mit Auflagen. Damit auch künftige Generationen in Alpnach nachhaltig vor Hochwassern geschützt sind, stimmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 24. November 2019 an der Urne über das Hochwasserschutzprojekt Kleine Schliere ab.

 

<Kasteninformation> So viel kostet der Hochwasserschutz

Die Kosten für das vorliegende Projekt Hochwasserschutz Kleine Schliere betragen insgesamt 35,25 Mio. Franken. Davon trägt die Gemeinde zum einen 1,25 Mio. Franken für nicht anrechenbare Kosten (keine Subventionen). Der Kostenverteiler der subventionsberechtigten 34,00 Mio. Franken auf Gemeinde, Kanton und Bund ist abhängig davon, ob für das Projekt die Kriterien der Schwerfinanzierbarkeit gelten. Das zuständige Baudepartement des Kantons Obwalden wird beim Bund einen Antrag einreichen. Falls dieser angenommen wird, übernimmt der Bund mit 65 Prozent den grössten Anteil der 34,0 Mio. Franken. Der Kanton Obwalden wird sich voraussichtlich mit 21,5 Prozent beteiligen (ohne Schwerfinanzierbarkeit 30 Prozent). Die Gemeinde trägt 13,5 Prozent oder 5,84 Mio. Franken (ohne Schwerfinanzierbarkeit 25 Prozent) der Kosten.

 

<Kasteninformation> Themenweg präsentiert Hochwasserschutzprojekt

Damit sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein umfassendes Bild über das Hochwasserschutzprojekt machen können, stehen ab 3. Juli 2019 entlang der Kleinen Schliere an zwölf Schlüsselstellen Informationstafeln. Diese erläutern die Situation vor Ort und zeigen auf, welche Massnahmen wo notwendig werden. Zusätzlich organisiert die Gemeinde zusammen mit Fachleuten drei Rundgänge zu den verschiedenen Abschnitten. Die Ingenieure erläutern die Situation und die geplanten Massnahmen vor Ort. Sie stehen auch für Fragen zur Verfügung. Die Rundgänge finden am 24. August, 21. September und 19. Oktober 2019 jeweils von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr statt. Auch im Gemeindehaus in Alpnach geben Informationstafeln über Details des Projekts Auskunft. Weitere Informationen vermittelt auch die Gemeindewebseite www.alpnach.ch.

<Kasteninformation> 20 Jahre Projektplanung

Im Jahr 2001 erarbeitete die damalige Wuhrgenossenschaft zusammen mit der Gemeinde Alpnach ein integrales Sanierungskonzept für die Kleine Schliere. Es entsprach dem damaligen Stand der Gefahrensituation und den Anforderungen an Wasserbauprojekte. Vorgesehen waren Schutzwaldpflege, verschiedene Instandstellungen von bestehenden Schutzbauten, neue Bauwerke und eine Entlastung des Kanals mit einem einfachen Überlastkorridor. Dafür sprachen die Wuhrgenossenschaft und die Gemeinde im Jahr 2003 einen Kredit von insgesamt 12,125 Mio. Franken; verschiedene dieser Massnahmen wurden seither schon ausgeführt. Seit den ursprünglichen Projektbeschlüssen veränderten sich die Rahmenbedingungen massiv. Die Hochwasser in den Jahre 2005 und 2013 zeigten, dass die 93 Schwellen im Schlierenkanal verstärkt werden müssen. Modellversuche der ETH Zürich ergaben, dass ein Entlastungsbauwerk im Gebiet Chlewigen viel umfangreicher ausfallen müsse, als geplant. Ebenfalls neue Anforderungen an das Hochwasserschutzprojekt stellten die Einführung des Neuen Finanzausgleichs (NFA) 2008 und das revidierte Gewässerschutzgesetz des Bundes im Jahr 2012. Dieses verlangt eine Renaturierung des Unterlaufs der Kleinen Schliere, die Sanierung des Geschiebehaushalts sowie einen Fischaufstieg bis ins Gebiet Chlewigen.

Heute präsentiert die Gemeinde Alpnach ein Projekt, das alle Rahmenbedingungen für den Hochwasserschutz erfüllt und von Seiten Kanton und Bund bewilligungsfähig und subventionsberechtigt ist. Das vorliegende Projekt wird nach den Sommerferien und der kantonalen Vernehmlassung beim Bundesamt für Umwelt in Bern eingereicht. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Gemeinde Alpnach entscheiden am 24. November 2019 an der Urne über den Kreditantrag. Voraussichtlich im März 2020 wird der Kantonsrat von Obwalden über den Kreditantrag für den Kantonsbeitrag befinden. Im Frühling 2020 wird das Projekt öffentlich aufgelegt. Die Verantwortlichen rechnen mit allen notwendigen Bewilligungen bis Ende 2020. Anschliessend kann das Projekt mit dem Subventionsgesuch dem Bundesamt für Umwelt eingereicht werden. Der Baubeginn zum Hochwasserschutz an der Kleinen Schliere erfolgt im Jahr 2021.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]