Antrittsrede von Samuel Zbinden, Sursee (Grüne) zur konst. Sitzung Kantonsratssession 17. Juni 2019

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Samuel Zbinden durfte im Kantonsrat als jüngstes Mitglied eine kurze Antrittsrede halten. Er sprach über die Dringlichkeit der Klimakrise, junge Menschen in der Politik und über den Frauenstreik

«Wo chämte mer he, wenn aui wörded säge, wo chämte mer he
und niemer giengti, zom einisch z’luege, wohe dass me de chäm, we mer de gieng.»

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident (Robert Küng)

Herr Vizepräsident des Regierungsrates

Herren Regierungsräte, Herr Staatsschreiber

Liebe Kantonsratskolleginnen und – Kollegen

Verehrte Angehörige, Gäste, Freundinnen und Freunde, Medienschaffende

Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne

Mit diesem Zitat des Berner Theologen und Schriftstellers Kurt Marti aus dem Jahr 1967 möchte ich meine Antrittsrede als jüngster Kantonsrat dieser Legislatur beginnen. Kurt Marti trifft den Nagel auf den Kopf: Wenn wir nur zweifeln, abwarten und verhindern, kommen wir nie weiter. Richten wir unseren Fokus nur darauf, was alles Schlimmes passieren könnte, wenn wir etwas wagen, wagen wir nie etwas. Wir würden nie sehen, was wir als Menschen, aber auch wir als Kantonsrat des Kantons Luzern verändern können. Und Veränderung, meine Damen und Herren, ist dringend nötig.

Wir befinden uns an einem Scheidepunkt der Geschichte des Kantons Luzern, der Schweiz und der gesamten Menschheit. Laut dem Bericht des Weltklimarates von letztem November haben wir noch elf Jahre Zeit, um den globalen CO2-Ausstoss um fast 50% zu verringern. Noch 30 Jahre bleiben uns, um auf Netto Null Treibhausgasemissionen zu kommen. Schaffen wir das nicht, droht eine Erderwärmung von über 1.5 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit. Damit verbunden drohen uns Hitzewellen und Dürren. Durch den Anstieg des Meeresspiegels werden Millionen und Abermillionen von Menschen ihre Heimat verlieren. Hier in der Schweiz stehen uns Ernteausfälle, Gletscherschmelze und riesige Schäden an Umwelt und Mensch durch Wetterextreme bevor.Seit Monaten gehen zehntausende junge Menschen auf die Strasse und fordern eine stärkere Klimapolitik. Auch hier im Kanton Luzern. Dieser unglaubliche Wille, die Ausdauer und die Bereitschaft, für unsere Welt zu kämpfen, zeigt: Die Jugend ist politisch. Sie ist laut, und sie will gehört werden. Darum ist es so wichtig, dass die Stimme der jungen Generation nicht nur auf der Strasse, sondern auch hier in unserem Parlament ankommt.

Zeigen wir der Klimabewegung, dass die Politik ihre Anliegen ernst nimmt. Wir sind die letzte Generation, die diese drohende Krise für die Menschheit noch aufhalten kann. Darum, wie es Kurt Marti gesagt hat: «Gömmer, zom einisch z’luege, wohe dass me de chämted, we mer de gienged». Ich bin überzeugt, dass wir weit kommen, wenn wir gemeinsam gehen. Denn wir haben die finanziellen Mittel, wir haben die nötigen Technologien und wir wissen, was getan werden muss.

Gleichzeitig stehen im Kanton Luzern auch viele andere Herausforderungen an, die wir gemeinsam angehen müssen. Zum Beispiel Gleichberechtigung: Letzten Freitag kämpften 10’000 Frauen* auf den Strassen Luzerns für gleiche Löhne, gegen Sexismus und Diskriminierung. Wir sind als Rat gefordert, damit Gleichstellung in der Gesellschaft, Arbeitswelt und Politik des Kantons Luzern Tatsache wird. Wir sind gefordert, dass 50% der Bevölkerung endlich angemessen in unseren Räten, in der Verwaltung, aber auch in der Privatwirtschaft vertreten sind.

Es gibt noch ganz viele andere Herausforderungen, über die ich noch sprechen könnte. Bereiche, in denen wir als Rat gefordert sind, um Lösungen zu erarbeite. Bildung, Chancengleichheit, Solidarität, Naturschutz, Integration, und so weiter. Sie sind mir sicher nicht böse, dass ich das angesichts der 90 Traktanden, die uns heute und morgen noch bevorstehen, bleiben lasse. Ich vertraue darauf, dass wir all diese Herausforderungen gemeinsam lösen können. Gehen wir’s an, und schauen wir «wohe mer de chämte»