Die Schweizer Wirtschaft erholt sich vom Frankenschock, wenn auch weniger schnell als erwartet. Dabei verstärken sich Armutsrisiken, wie Caritas im Sozialalmanach 2018 aufzeigt: Die Erwerbslosenquote ist in den letzten fünf Jahren auf knapp 5 Prozent gestiegen. Die Zahl der Aussteuerungen hat einen neuen Höchststand erreicht. Die Existenzsicherung wird durch die Sparprogramme der Kantone im Bereich der Sozialhilfe zunehmend untergraben.
2016 verloren im Schnitt 3318 Männer und Frauen pro Monat ihren Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung. Fast 40‘000 wurden somit ausgesteuert. Dies ist der höchste Wert seit zehn Jahren. Besonders besorgniserregend ist dies angesichts der Tatsache, dass eine nachhaltige Reintegration nach einer Aussteuerung nur in den wenigsten Fällen (20 Prozent) und immer seltener gelingt. Für die Mehrheit der Ausgesteuerten bleibt die Erwerbssituation instabil und prekär und sie sind auf lange Frist auf Sozialleistungen angewiesen. Mehr Armutsbetroffene, mehr Working Poor 570‘000 Armutsbetroffene leben in der Schweiz. Das sind mehr als in den vorangehenden Jahren.
Noch einmal so viele Menschen leben nur knapp über der Armutsgrenze und gelten als armutsgefährdet. Die Zahl der sogenannte Working Poor ist angestiegen: Für 145‘000 Menschen reicht das Einkommen nicht aus, um die Existenz zu sichern. Tiefe Qualifikationen, prekäre Arbeitsverhältnisse und familiäre Verpflichtungen sind die Hauptgründe, warum diese Menschen kein existenzsicherndes Einkommen erzielen können.
Hohe Nichtbezugsquote in der Sozialhilfe
Die Anzahl der Bezügerinnen und Bezüger in der Sozialhilfe ist leicht angestiegen. 2015 waren es 265‘000 Personen, die Sozialhilfe bezogen. Am höchsten sind die Sozialhilfequoten in grösseren Städten, einen starken Anstieg verzeichnen kleinere und mittlere Städte. Bei weitem nicht alle Personen, die anspruchsberechtigt sind, beziehen tatsächlich Sozialhilfe. Ein Viertel verzichtet auf den Gang aufs Sozialamt, wie eine Studie aus dem Kanton Bern zeigt. Dies geschieht aus mangelnder Information über einen Anspruch, aus zu geringem finanziellen Nutzen bei hohem Verfahrensaufwand oder aus Schamgefühl.
Kantone gefährden Existenzsicherung mit Sozialabbau
Gleichzeitig verschärft sich der Leistungsabbau bei der sozialen Sicherheit. 2015 wurden die Richtlinien für die Sozialhilfe – die SKOS-Richtlinien – revidiert. Ziel der Revision war unter anderem die Angleichung der kantonal unterschiedlichen Spielregeln. Gut ein Jahr nach Beendigung des Prozesses steht der errungene Konsens bereits wieder auf Messers Schneide. Der Kanton Bern unterschreitet die festgelegten Richtlinien im jüngst vom Kantonsrat genehmigten Vorschlag zur Sozialhilfegesetzesrevision massiv. Auch in den Kantonen Aargau, Solothurn und Basel-Landschaft wurden Vorstösse zum Abbau der Sozialhilfe eingereicht. Angesichts dieses für Armutsbetroffene folgeschweren Wettbewerbs unter den Kantonen ist der Bund gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Aus Sicht der Caritas ist dringend notwendig, die Armutsbekämpfung auf Bundesebene zu verankern. Anzustreben ist dabei auch ein nationales Rahmengesetz für die Sozialhilfe.
Der zweite Teil des Sozialalmanachs nimmt sich dem Thema „Nationalismus“ an. Für Caritas Schweiz ist das Erstarken nationalistischer Tendenzen insofern von Bedeutung, als Nationalismus die Grundlage der gesellschaftlichen Solidarität und Teilhabe untergräbt und Ausgrenzung und Marginalisierung einzelner Gruppen und Schichten anstrebt.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]